„Pneu Expert ein zartes Pflänzlein“
Großhändler Herbert Krupp gehört sicherlich zu denjenigen in der Branche, denen es nicht an Gespür für Trends und gute Geschäfte fehlt. Nachdem sich der Unternehmer aus Schifferstadt seit dem großen Motorrad-Boom in den 1970er Jahren kontinuierlich zum Marktführer beim Handel mit Reifen für dieses Segment entwickelt hat, setzt er mit seinem Unternehmen Reifen Krupp GmbH & Co. KG seit kurzem auf Pkw-Reifen. Der neueste Geschäftszweig, den Herbert Krupp für sich entdeckt, scheint sich ähnlich gut zu entwickeln: Internetvermarktung über das Pneu Expert-Konzept.
Das neue Vermarktungskonzept Pneu Expert habe Herbert Krupp und seine Mitarbeiter lange Zeit beschäftigt, eh es im Oktober des vergangenen Jahres ins Leben gerufen wurde. Dabei ist das Prinzip von Pneu Expert extrem einfach: Über eine zentrale Internetplattform, die Reifen Krupp betreibt, kann sich der Endverbraucher seine neuen Reifen aussuchen. Dabei kauft der Endkunde die Reifen allerdings nicht bei Krupp, sondern direkt beim Pneu Expert-Händler seiner Wahl. Dieser wiederum kann seine Serviceleistungen anbieten und damit einen Rohertrag erzielen; darüber hinaus erhält der Händler die zu montierenden Reifen direkt von Krupp zu Vorzugskonditionen geliefert, verdient also auch am Produkt. Reifen Krupp bietet pauschal sechs Prozent Nachlass auf Reifen und zehn Prozent auf Kompletträder. Der große Unterschied des Pneu Expert-Konzeptes zu zahlreichen anderen Online-Handelsaktivitäten der Branche ist aber, dass der Kunde keine Vorkasse oder Nachnahme in irgendeiner Form leisten muss; Herbert Krupp habe darin immer ein großes Manko des Online-Reifenhandels gesehen, dass Kunden oftmals erst bezahlen müssen, bevor sie ihre neuen Reifen zu Gesicht bekommen. Endverbraucher, die über Pneu Expert gekauft haben, zahlen erst nach abgeschlossener Montage, und zwar direkt beim Reifenfachhandelsbetrieb vor Ort.
Selbstverständlich biete Pneu Expert auch das übliche Onlinehandelskonzept mit dem Versand (per Nachnahme, Vorkasse, etc.) direkt zum Endverbraucher nach Hause an. Dieser muss sich dann eigenständig um einen Montagepartner kümmern.
Derzeit sei Pneu Expert noch „ein zartes Pflänzlein“, so Herbert Krupp in einem Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Diesem Pflänzlein stehe allerdings ein starkes Wachstum bevor. Allein innerhalb der ersten drei Monate, seit dem das neue Vermarktungskonzept am Markt ist, habe sich eine stattliche Gruppe von 200 Pneu Expert-Partnern bundesweit gebildet, zu denen der Endverbraucher gehen kann, um seine Reifen zu kaufen und montieren zu lassen, die er sich vorher auf der zentralen Internetplattform ausgesucht hat.
Derzeit weise das Pneu Expert-Netz an Reifenfachhandelspartnern zwar noch weiße Flecken auf, dies werde sich aber in naher Zukunft ändern, so Geschäftsführer Herbert Krupp. Mittelfristiges Ziel seien 400 bis 500 teilnehmende Händler bundesweit, die an diesem neuen, auf dem Internet basierenden Vermarktungskonzept mitwirken. Eine eigenständige Pneu Expert-Beschilderung bei den teilnehmenden Händlern sei derzeit nicht vorgesehen, so Krupp. Dafür sei Pneu Expert aber unter den Links bei Google stets auf der ersten Seite der Suchergebnisse nach dem Stichwort „Reifen“ gelistet. Der Unternehmer aus Schifferstadt bei Mannheim ist sich sicher, dass eine Anzeige unter Google von zentraler Bedeutung für das neue Vermarktungskonzept ist. Ab dem Jahr 2005 werden neben Pkw-Reifen und Kompletträdern auch Aluminiumfelgen über Pneu Expert vertrieben, Motorradreifen hingegen bleiben außen vor.
Nicht nur Reifen Krupp will durch dieses neue Vermarktungskonzept einen zusätzlichen Vertriebsweg erschließen und Umsätze schaffen. Auch für die teilnehmenden Reifenfachhandelspartner sei Pneu Expert eine gute Möglichkeit, um Neukundenakquise zu betreiben. Der Händler ist bei einem Verkauf über Pneu Expert nicht nur Verkäufer und Dienstleister, sondern bleibt darüber hinaus auch Ansprechpartner für den Endkunden und kann so eine dauerhafte Geschäftsbeziehung aufbauen. Insbesondere, so Herbert Krupp, sei aber darauf hinzuweisen, dass für die teilnehmenden Reifenhändler keine zusätzlichen Ausgaben wie etwa Werbekosten oder Betriebsveränderungen nötig seien, um erfolgreich an dem Konzept Pneu Expert teilnehmen zu können. Bei Pneu Expert handelt es sich also um ein reines „Kunden-Zuführungssystem“, das von einem „echten Reifengroßhändler mit großem Reifenlager und Warenbeständen“ getragen wird.
Aber nicht nur durch das neue Vermarktungskonzept Pneu Expert bewegt sich bei Reifen Krupp etwas. Auch das Pkw-Reifengeschäft ist in den vergangenen Jahren stark in Bewegung geraten. Im Jahr 2004 hat Großhändler Krupp rund eine halbe Million Pkw-Reifen verkauft, nachdem das Unternehmen bundesweit in dieses Geschäft erst vor gut vier Jahren einstieg. „Dies war vorher gar nicht möglich“, so Herbert Krupp, da die entsprechenden Lagerkapazitäten fehlten. Alleine von 2003 auf 2004 macht Reifen Krupp nach eigener Aussage einen Umsatzsprung von 22 Prozent, innerhalb der vergangenen drei Jahre habe sich der Umsatz insgesamt gar verdoppelt. Laut Krupp lag diese überaus positive Entwicklung hauptsächlich am Großhandelsgeschäft mit Pkw-Reifen, wobei sich der langsame Rückgang des deutschen Motorradreifenersatzgeschäftes (1,3 Millionen verkaufter Einheiten in 2003) kaum bei Reifen Krupp niedergeschlagen haben soll, so der Geschäftsführer.
Dass sich Reifen Krupp in Zukunft stärker auf das Geschäft mit Pkw-Reifen konzentrieren möchte, bedeute keineswegs ein Abrutschen der Motorradreifen in die Bedeutungslosigkeit. Im Gegenteil. Der Großhändler aus Schifferstadt möchte sich vielmehr ein weiteres wichtiges Standbein aufbauen, mit dem sich auch Saisonspitzen entzerren lassen. In der vergangenen Saison hat Reifen Krupp rund 300.000 Motorradreifen verkauft, was bei einem Marktvolumen von etwa 1,3 Millionen Einheiten einen bedeutenden Anteil von über 23 Prozent ausmacht. Da dieses Geschäft aber beinahe ausnahmslos in den Monaten März, April und Mai über die Bühne geht, in diesen drei Monaten also fast drei Viertel des Jahresumsatzes erzielt werden, scheint eine Entzerrung dieser Geschäftszyklen einer betriebswirtschaftlichen Notwendigkeit gleichzukommen. Herbert Krupp: „Ich muss ja auch mein Personal beschäftigen.“ Derzeit arbeiten in den expandierenden Unternehmen 55 fest angestellte Mitarbeiter, die in den besagten Spitzenzeiten durch zahlreiche Leasingarbeiter aufgestockt werden.
Im Augenblick stehen in Schifferstadt Lagerkapazitäten für 180.000 Motorradreifen sowie 250.000 Pkw-Reifen zur Verfügung. Eine neue Halle für das Pkw-Großhandelsgeschäft sei allerdings bereits in Planung, erklärt der 63-Jährige im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Die Halle werde die Kapazitäten für Pkw-Reifen in jedem Fall verdoppeln. Bedenken, dass eine solche Verdopplung vielleicht ein zu großer Entwicklungssprung sein könnte, hat Herbert Krupp nicht. Denn gleichzeitig mit diesem Ausbau der Lagerkapazitäten will das Unternehmen auch neue Märkte ins Visier nehmen. Bisher betreibt Reifen Krupp den Großhandel ausnahmslos in Deutschland. Dies werde sich nach dem Willen von Herbert Krupp, dem Sohn des Unternehmensgründers, in naher Zukunft ändern: „Wir stellen uns auf für einen europäischen Wettbewerb.“
Was genau dies bedeutet, will er allerdings noch nicht erläutern. Nur so viel, dass sich das Unternehmen auch davon Synergieeffekte verspricht, wie bereits durch den professionellen Einstieg ins Großhandelsgeschäft mit Pkw-Reifen. Durch diesen Einstieg habe man nicht nur die betriebswirtschaftlich problematischen Saisonspitzen des Motorradreifengeschäfts glätten können. Vielmehr habe Reifen Krupp dadurch auf seine guten Kontakte aus dem Motorradgeschäft aufbauen.
Reifen Krupp betreibt sein Großhandelsgeschäft mit Pkw-Reifen ähnlich dem mit Motorradreifen. „Wir haben gelernt das Kleingeschäft zu händeln“, sagt der Geschäftsführer, „wir sind so wie beim Motorrad aufgestellt.“ Das bedeutet, dass ein Großteil der Bestellungen lediglich einzelne Sätze Reifen umfassen, selten nur mehr als zwei oder vier Stück. 90 Prozent der Bestellungen seien satzweise, so Herbert Krupp. Daran zeige sich auch die abnehmende Bereitschaft im Einzelhandel, sich entsprechend mit Reifen zu bevorraten, diese nehme „rapide ab“. Darüber hinaus seien im Großgeschäft die Margen geringer: „Das macht uns keinen Spaß.“ Ein weiteres Geheimnis seines Erfolgs sieht der Unternehmer aus Schifferstadt in seinem umfangreichen Angebot. Es sei heute unerlässlich, mit einem „kompletten Produktportfolio“ aufzuwarten. „Man muss die komplette Range bieten“, weiß Krupp, meint damit allerdings nur die komplette Range Pkw- und Motorradreifen. Weiter glaubt er, dass sich „künftig die Spreu vom Weizen trennen wird“ im Großhandelsgeschäft, je nachdem, wer sich wie auf die geänderten Anforderungen einstellt. In jedem Fall will Reifen Krupp auch in Zukunft sein Profil nicht verlieren, obwohl das Unternehmen nicht mehr nur mit Motorradreifen in Verbindung gebracht wird. Lkw-, Ackerschlepper oder Industriereifen werden aber auch künftig nicht dazugehören.
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