Fortschreitender Vertrauensverlust für Goodyear
Die in Rede stehenden 100 Millionen Dollar zusätzlicher Verluste über einen Zeitraum von 1998 bis 2002 wären ein eher kleines Thema, müsste Goodyear nicht dringend Refinanzierungsschritte einleiten und beschleunigen. Das verlorene Vertrauen wiegt daher umso schwerer. Der „Beigeschmack erbärmlichen Controllings“ schrecke die Finanzmärkte ab, meint Saul Rubin von UBS Warburg und Jacqueline Weiss von Merrill Lynch spricht von einem „Nackenschlag für die ohnehin angeknackste Glaubwürdigkeit bei den Investoren.“ Die indirekt angesprochene Software-Schmiede SAP hat jede Kritik an ihrer Software zurückgewiesen. Auch von Aktionären droht Ungemach. Judy Heacock kaufte im Oktober 2001 Goodyear-Aktien für 30 US-Dollar und fühlt sich heute betrogen durch falsche Angaben des Managements, die ihres Erachtens nur den Sinn gehabt hätten, den Wert der Aktie im falschen Licht erscheinen zu lassen. Sie hat Klage eingereicht und ihre Anwälte wollen eine Sammelklage durchsetzen. Goodyear-intern wird viel spekuliert, warum der gesamte Vorgang, der ja erklärtermaßen nur Verrechnungen zwischen Konzerngesellschaften betreffen soll, so in aller Offenheit ausgetragen wird. Entweder, so die eine Meinung, sei man schon gar nicht mehr in der Lage und untereinander im Management zu uneinig und zu zerstritten, hier und dort ein paar Millionen Dollar „wegdrücken“ zu können oder aber, so die zweite und gefährlichere Variante, gebe es einen „point of no return.“ Damit ist gemeint, dass Goodyear im laufenden Jahr eine genau festgelegte, bisher aber noch nicht bekannt gegebene Verlusthöhe nicht überschreiten darf, damit die Kreditgeber weiter stillhalten (sog. Default-Fall). Für diese Theorie spricht, dass mit den jetzt vorgenommenen bzw. eingeleiteten Maßnahmen das erste Halbjahr 2003 verbessert erscheint, obwohl sich am zusätzlichen Gesamtverlust von rund 100 Millionen US-Dollar unter dem Strich nichts ändert.
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