Zweiradbranche geht „positiv gestimmt ins neue Jahr“
Von einer wiedererwachten Leidenschaft für Motorräder und Roller spricht der Industrieverband Motorrad e.V. (IVM) mit Blick auf das abgelaufene Jahr. Festgemacht wird diese Sicht der Dinge in erster Linie an den 2011 seit Langem erstmals wieder gestiegenen Neuzulassungszahlen motorisierter Zweiräder. Angesichts dessen geht die Branche denn auch „positiv gestimmt ins neue Jahr“, hofft man doch offenbar, 2012 von diesem neuen „Schwung“ ebenfalls profitieren zu können.
Anders als noch im Herbst vergangenen Jahres befürchtet, hat das Plus bei den Neuzulassungen motorisierter Zweiräder bis Ende 2011 gehalten. Den jüngsten IVM-Marktzahlen ist zu entnehmen, dass im zurückliegenden Jahr alles in allem rund 127.100 motorisierte Zweiräder neu auf bundesdeutsche Straßen gekommen sind. Das entspricht einem Zuwachs um 3,7 Prozent gegenüber den gut 122.500 Einheiten 2010. Das mit 15,1 Prozent größte Plus auf etwa 10.800 Fahrzeuge wurde bei den Kraftrollern registriert. Bei den Leichtkraftrollern waren es demgegenüber immerhin noch 1,7 Prozent auf nunmehr leicht mehr als 21.200 Maschinen. Bei den Leichtkrafträdern kam es allerdings zu einem Rückgang der Neuzulassungen: Die laut IVM 11.800 Einheiten kommen einem Minus von 1,7 Prozent gleich. Für die Krafträder, die das unverändert größte Marktsegment bilden, werden leicht mehr als 83.200 neue Maschinen gemeldet – ein Plus von 3,7 Prozent gegenüber 2010.
„Das Jahr 2011 blieb bis zum Schluss ein Jahr der Motorrad- und Rollerleidenschaft. Nicht nur in der virtuellen Welt, wo sich inzwischen weit über 20.000 Fans auf Viva la Mopped/facebook über ihr Hobby austauschen, auch in der realen Welt kannte die Zweiradbegeisterung kaum Grenzen, was unter anderem bei den Roadshows in Köln und Hamburg eindeutig zu sehen war“, freut man sich beim IVM. Und 2012 soll mit weiteren Aktionen und als Jahr, in dem wieder die im Zweijahresrhythmus stattfindende internationale Roller- und Motorradmesse „Intermot“ (3. bis zum 7. Oktober in Köln) angesetzt ist, noch stärker im Zeichen des Motorrades stehen als 2011. Jedenfalls steht der Interessenvertretung und seinen Mitgliedern zu Beginn des laufenden Jahres weniger der Sinn nach einem Innehalten, sondern vielmehr nach einem Durchstarten.
„Wir haben uns zum Ziel gesetzt, nicht darüber zu lamentieren, was nicht geht, sondern wieder aufkeimende Wachstumsimpulse zu verstärken und für die gemeinsame Gestaltung eines konsolidierten Motorrad- und Rollermarktes zu nutzen“, bemühen sich IVM-Präsident Hermann Bohrer und IVM-Geschäftsführer Reiner Brendicke, der Branche für 2012 Mut zuzusprechen bzw. sie im Vorfeld des nun bald bevorstehenden Saisonstarts mit ihrer positiven Grundstimmung anzustecken. „Wenn wir es schaffen, aus ‚business as usual’ ‚unusual business’ zu machen, wird Deutschland nicht nur in der Gesamtwirtschaftskonjunktur, sondern auch in unserer Branche klare Aufschwungzeichen setzen können“, haben die auf der IVM-Website wiedergegebenen Äußerungen beider fast etwas von einer Art Beschwörungsformel, mit der ein positiver Saisonverlauf 2012 herbeigeredet werden soll.
Doch realistischerweise muss man sagen, dass über das Wohl und Wehe des Motorrad(reifen)geschäftes im laufenden Jahr einmal mehr außer den gesamtwirtschaftlichen Randbedingungen in erster Linie vor allem die Witterung der entscheidende Faktor sein dürfte. Bei einem lange anhaltenden und kalten Winter, nach dem es bis dato aller Wahrscheinlichkeit nach aber wohl eher nicht aussieht, ist die Lust, sich im Frühjahr eine neue Maschine zuzulegen oder jede Menge Kilometer abzureißen, nämlich verständlicherweise mehr oder weniger gedämpft. Insofern scheinen die Vorzeichen für die Saison 2012 tatsächlich eher positiver Natur zu sein, aber alle Prognosen zu einem so frühen Zeitpunkt im Jahr sind trotzdem in etwa so seriös wie der Blick in eine Glaskugel.
Schon heute kann man jedoch mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass der Motorradreifenabsatz Handel an Verbraucher im vergangenen Jahr irgendwo zwischen gut 1,1/knapp 1,2 Millionen und 1,3 Millionen Einheiten gelegen haben wird. Zwar lagen die offiziellen Zahlen des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) diesbezüglich bei Redaktionsschluss der Februar-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG noch nicht vor, doch allzu große Schwankungen hat es in den Jahren zuvor schließlich auch nicht gegeben. Nachdem die Zahlen der European Rubber Manufacturers’ Conference (ERMC) mit Blick auf den Motorradreifenabsatz Industrie an Handel aber einen gut sechsprozentigen Zuwachs auf rund 1,4 Millionen Einheiten ausweisen, wird man tendenziell jedoch davon ausgehen können, dass auch der Handel im zurückliegenden Jahr vermutlich ein wenig mehr an Motorradreifen in Richtung Endverbraucher vermarktet hat – zumindest dann, wenn ein etwaiger Lagerbestandsaufbau vernachlässigt wird.
Genaueres werden aber – wie bereits erwähnt – erst die für die nächsten Tage angekündigten BRV-Marktzahlen zeigen. Für 2010 wurde jedenfalls zuletzt ein Absatzvolumen in Höhe von 1,3 Millionen Motorradreifen von der Branchenvertretung berichtet, die deshalb von einem 15-prozentigen Plus im Vergleich zu 2009 gesprochen hatte. Im Dialog mit diversen im Motorradreifengeschäft aktiven Unternehmen hatte sich allerdings ein etwa zweiprozentiges Plus auf rund etwa 1,15 Millionen Stück als realistischeres Szenario herauskristallisiert (vgl. NEUE REIFENZEITUNG 4/2011) – immerhin also ein Zuwachs, nachdem ein Jahr zuvor noch ein Minus registriert worden war. Selbst wenn vor dem Hintergrund all dessen über den ganz großen Daumen gepeilt mit einem Wert für das 2011er Absatzvolumen in der Region zwischen dem langjährigen Mittel von 1,25 Millionen Einheiten als Untergrenze und 1,35 Millionen als Schätzwert nach oben hin zu rechnen ist, so bleibt der Blick auf Details dieses Marktsegmentes immer doch auch spannend. Und da wird das neue Jahr sicher ebenfalls keine Ausnahme bilden. christian.marx@reifenpresse.de
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