US-Gewerkschaft will China-Importe deckeln
Wirtschaftskrisen beflügeln nie den Freihandel, sondern stets den Protektionismus. Der Gegner, gegen den sich die US-amerikanische Gewerkschaft United Steelworkers (USW) nun zur Wehr setzen will, scheint indes kaum noch zu bezwingen: die chinesischen Reifenhersteller. Diese jedenfalls haben auf dem US-Reifenmarkt seit 2004 eine beeindruckende Bilanz vorzuweisen. Innerhalb von fünf Jahren (bis Ende 2008) ist der Import von Pkw-Reifen aus China nach Stückzahlen um 215 Prozent, nach Wert sogar um 295 Prozent gestiegen. Importe aus anderen Ländern sind in dem selben Zeitraum sogar zurückgegangen. Gleichzeitig ging die lokalen Produktion in den fünf Jahren um 25 Prozent zurück, was mit der Schließung von immerhin sechs Reifenfabriken in den USA einherging.
Dies hat der Gewerkschaft zufolge dazu geführt, dass lokal prozierende Hersteller einen Rückgang ihres Marktanteils von 63 auf unter 50 Prozent hinnehmen mussten, während chinesische Hersteller ihren Marktanteil von unter fünf auf über 17 Prozent ausbauen konnten. Gegen die Flut von chinesischen Pkw-Reifen, die die USA überschwämmt und innerhalb von fünf Jahren die Arbeitsplätze von über 7.000 Menschen in der lokalen Reifenindustrie fortgespült haben soll, haben die United Steelworkers nun Klage nach dem so genannten „Trade Act“ bei US International Trade Commission (ITC) eingereicht. Haben die Gewerkschafter Erfolg, wird US-Präsident Barrack Obama die Importe künftig deutlich deckeln. „Amerikanische Arbeiter kämpfen verzweifelt darum, die schlimmste Wirtschaftskrise in 80 Jahren zu überstehen. Unsere Reifenindustrie kollabiert dabei unter der Last von 46 Millionen chinesischer Pkw-Reifen, die jährlich [2008] auf unseren schrumpfenden Markt kommen“, analysiert Leo W. Gerard, President der USW, die aktuelle Situation.
Mit der Forderung von Handelsbeschränkungen gegen chinesische Reifenhersteller „machen wir aggressiv Gebrauch von den Hilfsmitteln nach dem US-Handelsrecht und helfen Arbeitern und ihren Arbeitgebern dabei, eine Importschwämme zu bekämpfen, die aus einem Land kommt, das nicht nach den Regeln spielt“, so Gerard weiter. Der USW-Funktionär führt dabei nicht weiter aus, worin konkret der Regelbruch chinesischer Hersteller bestehen soll. Dass die US-Reifenindustrie jedenfalls unter den China-Importen leidet, die in der Regel günstiger angeboten werden als Pkw-Reifen aus lokaler Produktion, ist für die United Steelworkers klar. Im vergangenen Jahr wurden 46 Millionen Pkw-Reifen aus China in die USA verschifft und dort vermarktet. Diese Reifen hatten einen Wert von immerhin 1,7 Milliarden US-Dollar.
Dass China dabei der größte Importeur ist, muss nicht betont werden. Wohl aber, dass laut Gewerkschaft die Schließung von sechs Pkw-Reifenfabriken in den USA während der vergangenen fünf Jahre in mehr oder weniger direktem Zusammenhang stehe mit den wachsenden Importen aus China. Die Schließungen der Fabriken in Mayfield/Kentucky (Continental, 2004), Charlotte/North Carolina (Continental, 2006), Oklahoma City (Bridgestone/Firestone, 2006), Tyler/Texas (Goodyear, 2008), Albany/Georgia (Cooper, angekündigt 2009) und in Opelika/Alabama (Michelin, angekündigt 2009) haben bzw. werden über 7.000 Menschen den Arbeitsplatz kosten. Fünf dieser sechs Fabriken waren übrigens durch die Gewerkschaft repräsentiert.
Damit nicht auch noch die 15.000 verbleibenden Arbeiter in den 13 US-amerikanischen und von der Gewerkschaft repräsentierten Reifenfabriken um ihre Jobs bangen müssen, ergreifen die United Steelworkers nun die Initiative. Das Kapitel 421 des US-amerikanischen „Trade Act“ wurde verabschiedet, um „es Unternehmen, Gruppen von Arbeitern und anderen Parteien zu ermöglichen, eine Entlastung zu verlangen, wenn die rapide Zunahme von Importen bestimmter Produkte eine ‚Marktzerrüttung’ der heimischen Industrie verursacht oder zu verursachen droht“, schreibt die USW in einer Veröffentlichung dazu. Das Kapitel wurde 2000 im Rahmen des „US-China Relations Act“ verabschiedet, der chinesischen Unternehmen normalen Zugang zum amerikanischen Markt ermöglicht.
Gegen den „ungeheuerlichent Trend“, den die China-Importe während der vergangenen fünf Jahre genommen haben, schlägt die USW-Gewerkschaft die Deckelung der Importe auf 21 Millionen Pkw-Reifen pro Jahr inklusive einer fünfprozentigen, jährlichen Steigerungsrate vor. Die Deckelung bedeutet ein Rückgang der Importe von rund 55 Prozent auf das Niveau von 2005.
Die International Trade Commission muss nun binnen 60 Tagen einen Entschluss zur Petition der United Steelworkers fassen und die Frage beantworten, ob die Reifenhersteller in den USA durch Pkw-Reifenimporte aus China verletzt werden. Darüber hinaus muss die ITC eine Maßnahme vorschlagen, die dann von US-Präsident Barrack Obama bis September entweder angenommen oder verworfen werden.
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