Conti/Schaeffler: Abtrennung der Rubber Group unter von Grünbergs Begleitung
Was in der Öffentlichkeit bis vor Kurzem eher noch wie ein Machtkampf bis aufs letzte Messer wahrgenommen wurde, soll sich dank der außerordentlichen Continental-Aufsichtratssitzung vom vergangenen Wochenende in allseitiges Wohlgefallen aufgelöst haben. Doch ob deren Ergebnisse, die beide Seiten – also die Continental AG und ihr Großaktionär Schaeffler – unisono lapidar als „Konkretisierung der Zusammenarbeit“ bezeichnen, tatsächlich sämtlichen potenziellen Zündstoff rund um die „Formung eines zweiten globalen Champions im Automobilzulieferergeschäft“ innerhalb Deutschlands beseitigt hat, wird wohl erst die Zukunft zeigen. Festzuhalten bleibt zunächst einmal, dass sich die Schaeffler-Gruppe mit ihrer Forderung, Dr. Hubertus von Grünberg möge seinen Posten als Aufsichtsratsvorsitzender räumen, de facto durchgesetzt hat. Freilich wird dies in den gleichlautenden Pressemeldungen beider Unternehmen viel freundlicher ausgedrückt. Der Aufsichtsrat habe zustimmend den Vorschlag des Vorstandes zur Kenntnis genommen, den Prozess für eine organisatorisch und rechtlich selbstständige Rubber Group einzuleiten, der unter enger Begleitung von Grünbergs erfolgen soll, der vor diesem Hintergrund „den Vorsitz im Aufsichtsrat kurzfristig zur Verfügung stellen möchte“. Insofern steht also nun doch eine Abtrennung der Reifensparte (auch als sogenanntes „Carve-out“ bezeichnet) auf dem Tapet. „Ich bin sehr froh, dass wir jetzt nach intensiven Gesprächen eine Lösung gefunden haben, die im Interesse aller Beteiligten ist. Für die Erarbeitung eines unternehmerischen Konzeptes für eine selbstständige Rubber Group stehe ich gerne mit meinem Rat zur Verfügung“, sagt der Noch-Aufsichtsratsvorsitzende Hubertus von Grünberg.
Außerdem hat sich der Aufsichtsrat nach Unternehmensaussagen darauf verständigt, der Schaeffler-Gruppe – wie in der gemeinsamen Investorenvereinbarung vorgesehen – vier Mandate anzubieten. Diese hat Maria-Elisabeth Schaeffler, Georg Schaeffler, Dr. Jürgen M. Geißinger und Schaeffler-Berater Rolf Koerfer als Kandidaten benannt. Sobald die Aufsichtsräte vom Amtsgericht bestellt sind, soll der Aufsichtsrat zügig einen neuen Vorsitzenden wählen, wobei man sich auf die Kandidatur von Rolf Koerfer als Nachfolger von Dr. Hubertus von Grünberg verständigt hat, der dem Aufsichtsrat der Continental AG weiterhin angehören wird. Zur Hauptversammlung am 23. April stehen turnusgemäß dann sämtliche Vertreter der Anteilseigner neu zur Wahl. Neben den vier Vertretern des Großaktionärs Schaeffler will der Nominierungsausschuss des Aufsichtsrats sechs Kandidaten benennen. Dem künftig vierköpfigen Nominierungsausschuss der Continental werden nach ihrer Bestellung durch das Amtsgericht auch zwei Vertreter der Schaeffler-Gruppe angehören. „Mit dieser Struktur werden im Aufsichtsrat gleichermaßen Kontinuität und die Interessenvertretung aller Aktionäre sichergestellt“, heißt es zu Begründung dafür. „Wir haben ein großes Ziel vor Augen. Wir wollen einen zweiten deutschen Champion von Weltformat schaffen. Um dieses Ziel zu erreichen, müssen wir alle an einem Strang ziehen. Und das können wir jetzt“, ist der Conti-Vorstandsvorsitzende Dr. Karl-Thomas Neumann offenbar ebenfalls überzeugt, nach Ausgliederung der Rubber Group besser aufgestellt zu sein.
Auch Maria-Elisabeth Schaeffler freut sich, dass „das, was gut zusammenpasst, jetzt zusammenwachsen“ könne. Ihrer Meinung nach werden Schaeffler und Continental gemeinsam die wirtschaftlichen Herausforderungen erfolgreich meistern und eine große Zukunft haben. Auch wenn dabei die Rede davon ist, dass nun ein neuer „Champion“ entstehen könne, muss dies umgekehrt aber nicht bedeuten, dass eine ausgegliederte Rubber Group bzw. die „alte Conti“ damit automatisch zum „Loser“ des Deals wird – selbst wenn seitens der Protagonisten der ganzen Geschichte die ansonsten bei allen Gelegenheiten dieser Art üblicherweise inflationär gebrauchte Phrase von einer „Win-Win-Situation“ für alle Beteiligten diesmal nicht verwendet wird. Dass es alles in allem nun mehr oder weniger doch so kommt, wie es die NEUE REIFENZEITUNG bereits vorhergesehen hatte (siehe den Beitrag „Continental ist voll unter Schaefflers Kontrolle“), muss der Entwicklung einer auf sich selbst gestellten Gummi- bzw. Reifensparte nicht automatisch abträglich sein. Und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff sowie Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder, die beide in der Angelegenheit vermittelt haben, dürfte zudem erfreuen, dass auch zukünftig Hannover Sitz des Reifenherstellers Continental sein wird. „Ich freue mich, dass es gelungen ist, beide Seiten zusammen zu bringen. Gut 200.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter weltweit haben damit mehr Sicherheit“, meint Schröder.
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