Kostenlose ADAC-Reifenwechselaktion stößt dem Handel auf
Ende Oktober hat der ADAC in München eine kostenlose Reifenwechselaktion durchgeführt und damit nach einem Bericht des Münchner Merkur zu chaotische Verkehrsverhältnisse herbeigeführt, da der Automobilklub die Resonanz auf das Gratisangebot offenbar unterschätzt hatte. So berichtet das Blatt etwa von verstopften Straßen rund um das Servicezentrum des ADAC Südbayern in der Ridlerstraße, wo die Arbeiten an den Fahrzeugen durchgeführt wurden, sodass die Aktion sogar einen Polizeieinsatz nach sich gezogen habe und deren Fortsetzung an einem Folgetag abgeblasen worden sei. Aber nicht nur unter diesem Gesichtspunkt hat die ADAC-Aktion für Unmut gesorgt, auch dem Reifenfachhandel stößt sie sauer auf.
„Unabhängig davon, dass die Aktion wohl ganz offensichtlich äußerst dilettantisch vorbereitet und durchgeführt wurde und Zweifel angebracht sind, ob Fachkräfte überhaupt zum Einsatz kamen, betätigt sich eine angebliche Verbraucherschutzorganisation wie der ADAC in einem angestammten Geschäftsfeld des Reifenfachhandels“, kritisiert der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V. (BRV). Das Verhalten des Automobilklubs werfe die Frage auf, ob dieser „zum Wettbewerber unserer Branche werden“ und dem Reifenfachhandel – wie es ein BRV-Mitglied formuliert haben soll – „die Arbeit wegnehmen“ wolle. Mit der Aktion schaffe der ADAC weder für sich noch für seine Mitglieder Werte, ist man beim BRV überzeugt. Vielmehr werde damit Wertschöpfung vernichtet, die der Reifenfachhandel – wenn er dem berechtigten Kundenanspruch nach optimaler Service- und Beratungsqualität gerecht werden wolle – dringend benötige.
Deswegen behält sich der Branchenverband im Falle der möglichen Wiederholung einer solchen Aktion rechtliche Schritte vor. Der BRV-Justiziar Dr. Ulrich Wiemann hält die ADAC-Aktion nämlich nicht nur für handelspolitisch, sondern auch aus rechtlicher Sicht für „außerordentlich bedenklich“. Zwar seien „kostenlose Angebote und Aktionen wettbewerbsrechtlich zunächst einmal zulässig“, aber der ADAC habe sich mit seiner Aktion „in den Kernbereich von Tätigkeiten des Reifenfachhandels“ begeben und müsse sich deshalb „an die dort geltenden Regeln“ halten. „Sicher wird man beim ADAC die Absicht einer gezielten Behinderung der Reifenfachhandelsbetriebe energisch bestreiten, das ändert aber nichts daran, dass eine Behinderung nach § 4 Ziffer 10 UWG wettbewerbsrechtlich unzulässig ist“, so Wiemann, der allerdings ein Argument aus dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen/GWB für noch überzeugender hält.
„Kartellrechtlich grundsätzlich unzulässig ist jeder Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung, ebenso grundsätzlich gilt das Verbot unbilliger Behinderung, §§ 19, 20 GWB. Diese Regeln gelten allerdings ebenfalls bis zunächst nur zwischen Marktbeteiligten, gleich auf welcher Stufe. Sie werden aber auch angewandt werden müssen auf denjenigen, der, wie hier der ADAC, massiv in den Kernbereich eines Marktsegments eindringt und durch diese Aktion zugleich in Kauf nimmt, dass das Leistungsangebot in dieser Branche diskreditiert wird“, ist der BRV-Justiziar überzeugt. „Der ADAC würde vielleicht entgegnen, dass es bei einer Imagewerbung nicht verboten sein kann, Produkte oder Dienstleistungen anderer Unternehmen zu verschleudern oder zu verschenken, gleich, wie viel sie wert sind. Dem wird man aber nur im Ansatz folgen können, denn die Grenze liegt sicherlich dort, wo eine regelrechte, gezielte Störung des (fremden) Marktes vorgenommen wird“, ergänzt er.
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