Pneuhage und First Stop: Was passiert als nächstes?

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Als die NEUE REIFENZEITUNG Ende Juni über die Gründung eines Joint Ventures zwischen Pneuhage und Bridgestone berichtete, war die Aufregung im Markt entsprechend groß. Die neue Pneuhage Partners Group soll dabei nicht nur Reifen Ehrhardt mit seinen 27 Filialen führen, sondern eben auch die 47 First-Stop-Regiebetriebe sowie die 135 Partner in Deutschland mit ihren 155 Outlets. Das Spektrum der Reaktionen aus dem Markt auf die Gründung fiel entsprechend breit aus und reichte von „beeindruckend“ über „innovativ“ bis hin zu „riskant“. Einig waren sich indes alle, mit denen die Redaktion dieser Zeitschrift in den vergangenen Wochen sprechen konnte: Für beide Unternehmen kann die neue Partnerschaft große Chancen beinhalten. Während Bridgestone darauf vertrauen kann, First Stop nun in einer erwiesenermaßen erfolgreichen Reifenhandelsorganisation untergebracht zu haben und beim neuen Partner außerdem einen besseren Zugang zu dessen etablierten Absatzkanälen bekommen sollte, so baut Pneuhage/Interpneu sein komplexes Netzwerk binnen Kürze auf nahezu 850 Standorte aus, was große Vorteile für den Großhandel, das Flottengeschäft und die weitere Anziehungskraft der Unternehmensgruppe aus Karlsruhe haben dürfte.

button_nrz-schriftzug_12px-jpg Dieser Beitrag ist in der August-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Abonnenten hier auch als E-Paper lesen können. Sie sind noch kein Abonnent? Das können Sie hier ändern.

Um es gleich vorwegzunehmen: Nachdem die Nachricht der Joint-Venture-Gründung die Runde im Markt machte, war das Interesse an zusätzlichen Informationen zu den Plänen und Beweggründen der beteiligten Unternehmen freilich entsprechend groß. Solange aber die Genehmigungsphase lief, durfte man offiziell noch nicht über die zukünftige Partnerschaft miteinander und gegenüber Dritten sprechen. Auch waren alle Mitarbeiter der beteiligten Unternehmen entsprechend zur Verschwiegenheit vergattert worden. Nun, nachdem die EU-Kommission am 2. August das Joint Venture (kurz vor Redaktionsschluss dieser Ausgabe) genehmigt hatte, beginnen die Verhandlungen im Detail; konkret ist derzeit noch nicht viel.

Dennoch ist es der NEUE REIFENZEITUNG gelungen, ein vergleichsweise gutes Stimmungsbild aus den beiden Unternehmen – insbesondere von First Stop – zu erhalten, so dass man zusammenfassen kann: Gerade bei Bridgestone/First Stop blicken viele mit großer Zuversicht in die Zukunft, wissen sie doch um die Stärke des neuen Joint-Venture-Partners, der die defizitäre Reifenhandelsorganisation auf Kurs bringen und auch für den Hersteller neues Absatz- und Marktabdeckungspotenzial bieten soll.

Gleichzeitig sprechen viele aber auch von einem „unguten Gefühl“, wissen sie doch nicht, welche Zukunft die First-Stop-Zentrale in Bad Homburg, der dort angeschlossene Außendienst und die beiden Runderneuerungsstätten unter dem Dach des neuen Joint Ventures Pneuhage Partners Group (PPG) haben werden. Peter Schütterle von Pneuhage/Interpneu ist im Markt indes nicht als „knallharter Sanierer“ bekannt, sprich: Er kauft nicht, um zu schließen, sondern er gibt (neuen) Mitarbeitern und Organisationsteilen die Chance, sich entsprechend zu bewähren. Diese unternehmerische Geduld wird von ihm auch für die zukünftige Ausrichtung von First Stop erwartet.

Die Pneuhage Reifendienste, also die Pneuhage-eigenen Betriebe, sind offiziell nicht Teil des neuen Joint Ventures zwischen dem Karlsruher Handelsunternehmen und dem Bridgestone-Konzern

Die Pneuhage Reifendienste, also die Pneuhage-eigenen Betriebe, sind offiziell nicht Teil des neuen Joint Ventures zwischen dem Karlsruher Handelsunternehmen und dem Bridgestone-Konzern

Peter Schütterle hat die First-Stop-Organisation nicht gekauft, das hat er im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG betont, auch wenn es viele im Markt entsprechend verstanden haben. Die Pneuhage Partners Group wurde Anfang des Jahres durch die Pneuhage-Gruppe gegründet, „um damit größere Wachstumsprojekte wie den Zukauf von Ehrhardt Reifen + Autoservice abwickeln zu können“, so Schütterle weiter. Nun gibt sein Unternehmen – namentlich die Gesellschaft Pneuhage Management – 25 Prozent der Anteile an der PPG inklusive Reifen Ehrhardt an Bridgestone ab, während es die verbleibenden 75 Prozent auch weiterhin hält. Bridgestone hingegen als neuer Miteigentümer der PPG bringt sämtliche Regiebetriebe (wie bei Ehrhardt auch inklusive der möglicherweise zum Betriebsvermögen gehörenden Immobilien), die beiden Runderneuerungsstätten, das Partnernetzwerk sowie die Zentrale samt der Mitarbeiter in das Joint Venture ein und erhält dafür 25 Prozent der Anteile. Diese Anteile beziehen sich dabei ausschließlich auf die Pneuhage Partners Group; weitere zur Unternehmensgruppe gehörende Gesellschaften seien davon nicht betroffen.

Dennoch: Bridgestone ist auch weiterhin an den strategischen Richtungsentscheidungen von First Stop beteiligt, so Yves Kerstens, Chief Operating Officer von Bridgestone EMEA, im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, die „operativen Entscheidungen im Tagesgeschäft“ fallen zukünftig aber ausschließlich in Karlsruhe. Das bedeutet: First Stop ist in Zukunft eine ganz zentral durch Pneuhage/Interpneu geführte und beeinflusste Organisation. Bridgestone, so die Wahrnehmung im Markt, wirft damit endlich das Ruder herum und startet den Neuanfang mit First Stop unter dem Pneuhage-Dach. Ob dies die viel zitierte Zukunft bedeutet, müssen die Verantwortlichen jetzt beweisen – vorausgesetzt freilich, die EU gibt grünes Licht für die Partnerschaft, womit alle Beteiligten rechnen. Beobachter im Markt und Betroffene nehmen dies jedenfalls als großes Versprechen an die Zukunft von First Stop an.

Ein solches Versprechen ist etwas, worauf viele in Bad Homburg schon lange gewartet haben, fristet First Stop doch im Markt, aber auch im Konzern selbst ein eher kümmerliches Dasein. Spricht man mit Beobachtern aus dem näheren Umfeld der Handelsorganisation, fragen sich alle, wieso es dem weltgrößten Reifen- und Gummiartikelhersteller in der Vergangenheit nicht gelungen ist, in der Region Central Europe, also dem DACH-Markt, eine Präsenz aufzubauen, die sich mit denen der drei großen Mitbewerber Goodyear Dunlop, Continental und Michelin messen lassen kann. Das Ziel war ursprünglich klar formuliert: 500 Verkaufspunkte sollten her, davon die Hälfte als eigene Betriebe, also als sogenannten Regie- bzw. Equity-Betriebe. Dass Bridgestone dann nie über die 80 Regiebetriebe hinausgekommen ist und diese, so einer gegenüber dieser Zeitschrift, oftmals eher „aus der Not heraus zusammengekauft“ wurden, spricht Bände. Dass erst vor gut zwei Jahren 21 der Regiebetriebe geschlossen bzw. verkauft werden mussten und lediglich 47 Standorte übrig blieben, wirft ein Schlaglicht auf den Zustand der First-Stop-eigenen Betriebe; Schließung bzw. Verkauf von einem Drittel der defizitären Kette galt vielen als „lebenserhaltende Maßnahme“. Die ‚Intensivstation’ hingegen soll ‚der Patient First-Stop-Regiebetriebe’ allerdings auch danach nicht verlassen haben, um im Bild zu bleiben. Das kontinuierlich wachsende First-Stop-Partnernetzwerk hingegen kann sich heute mit 135 Partnern und 155 Outlets durchaus sehen lassen, wird dem Vernehmen nach auch gut gemanagt und kann sich außerdem auf mehreren Ebenen als durchaus wettbewerbsfähig im Markt betrachten, gerade etwa beim Autoservice. Dass viele Händler aber die Betreuung durch die Konzernmutter seit Längerem als „eine Katastrophe“ bezeichnen, die sich zuletzt immerhin leicht verbesserte, spricht ebenfalls Bände.

Scheitern im deutschen Retailgeschäft

Was Bridgestone in den vergangenen zehn Jahren gefehlt habe, so ein anderer, sei „eine konsequente Wachstumsstrategie“ und der Wille, diese umzusetzen. Während die drei oben genannten Mitbewerber den Markt in dieser Zeit durchaus erfolgreich zu besetzen wussten und insbesondere die vermeintlich ‚guten’ Händler in irgendeiner Form fest an sich gebunden haben, gesteht Bridgestone mit der jetzt getroffenen Entscheidung zur PPG-Gründung das eigene Scheitern im deutschen Retailgeschäft wohl endgültig ein.

Dennoch, bei näherer Betrachtung scheint die jetzt gefundene Konstruktion zusammen mit einer der größten Reifenhandelsorganisationen Deutschlands weit, weit mehr als ein Notbehelf zu sein. Im Gegenteil: Bridgestone wird – so die Erwartung vieler Beobachter – einen noch besseren Zugang zu Pneuhage/Interpneu bekommen und dort Kanäle für sich und seine Marken besetzen wollen und auch besetzen können. Einer, der intensiven Einblick in die beteiligten Unternehmen hat, formulierte es der NEUE REIFENZEITUNG gegenüber entsprechend süffisant: „Bridgestone hat bei Pneuhage durchaus Potenzial“. Auch wenn wir das Vertragswerk nicht kennen, so darf man doch annehmen, dass darin durchaus konkrete Zahlen stehen, Zahlen, die Bridgestone akzeptable Absatzsteigerungen bei Pneuhage/Interpneu ermöglichen. Bei Pneuhage selbst weist man eine entsprechende Verquickung zurück und betont die unternehmerische Neutralität. Man sehe zwar, dass es „ungewöhnlich scheinen“ mag, „dass ein ‚neutraler’ Händler ein solches Joint Venture mit einem Reifenhersteller eingeht und sich dennoch seine Neutralität bewahrt. Trotzdem ist es so. Die Verteilung der Anteile an der Pneuhage Partners Group bekräftigt dies“, so Schütterle gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG. Weiter: „Die Beteiligung der Bridgestone an der Pneuhage Partners Group schließt eine Beeinflussung der Pneuhage Management aus.“

Trotz allem scheint es schwer vorzustellen, dass das Pneuhage-Interpneu-PPG-Reich mit seinen dann nahezu 850 Verkaufspunkten aufseiten des Herstellers keine Begehrlichkeiten weckt, die man in einer „Partnerschaft“ wohl auch zu bedienen weiß.

Wenn sich Bridgestones Rolle bei Pneuhage/Interpneu verbessert, sollte sich die Rolle des einen oder anderen Reifenherstellers entsprechend verschlechtern, so eine weitere Erwartung; es gibt derzeit vermutlich nicht wenige Vertriebsdirektoren im Land, die ob der neuen Partnerschaft zwischen dem Reifenhändler aus Karlsruhe und dem Konzern aus Japan ihre eigenen Felle davonschwimmen sehen. Aber auch bisherige Großhandelskunden von Bridgestone werden die neue Partnerschaft sicher mit Argusaugen beobachten. Und wer weiß, wer in Zukunft die Eigenmarke Platin fertigt…?

Auch wenn Pneuhage/Interpneu durch das neue Joint Venture Bridgestone keinen „Erstzugriffsrecht“ auf seine 90 Reifendienste, seinen Großhandel und das dort angeschlossene Partnersystem Reifen1+ gewährt haben dürfte, so sind sich alle Beobachter einig, dass die Zusammenarbeit im Rahmen einer Partnerschaft wie der, die jetzt gegründet wurde, nicht an den Grenzen formeller Zuständigkeiten und Unternehmenszwecke von GmbHs endet. Noch mal: Wir kennen das Vertragswerk nicht. Fragt man aber Beobachter nach ‚dem Witz bei dem Geschäft’ für Bridgestone, so vermuten alle eine Joint-Venture-Partnerschaft, die über die formale Kooperation (weit) hinausgeht.

Aber auch der deutschen First-Stop-Organisation stehen wohl einige Veränderungen ist Haus, und zwar für die Partner- wie auch für die Regiebetriebe. Zum einen wird First Stop – so die Erwartung – einen exklusiveren Zugriff auf das Interpneu-Reifen- und Räderlager erhalten. Dazu gehört die überaus attraktive und im Markt weit verbreitete Marke Platin, die es als Reifen wie auch als Leichtmetallrad gibt. Wer in der Vergangenheit versucht hat, die Markenpolitik von Bridgestone in Bezug auf die First-Stop-Organisation zu verfolgen, muss zugeben: Hinter der Marke Platin steht ein Konzept und ein Produkt von hoher Qualität, während auch First-Stop-Händler mitunter gerade nicht genau sagen konnten, ob die Drittmarke des Konzerns nach Bridgestone und Firestone nun gerade First Stop, Starfire oder Dayton heißt. Dass man bei First Stop aber nicht nur vom „Interpneu-Großlager“ träumt, sondern auch von entsprechend attraktiven Konditionen, versteht sich.

Ebenfalls ein immer wieder als „großes Manko“ bei First Stop verstandener Umstand: Im B2C-Reifenhandel hatte die Organisation trotz vielfacher Forderungen aus der Händlerschaft kaum je etwas zu bieten, während man im B2B-Geschäft mit dem Partnereinkauf noch durchaus gut aufgestellt ist. Pneuhage hingegen gilt im Markt schon als durchaus ernst zu nehmender Player unter den Onlinereifenhändlern, zumindest verglichen mit anderen, die die Kombination aus stationärem und Internethandel bewerkstelligen wollen.

Auch die Leasingabrechnungen durch Pneuhage sehen Beobachter durchaus als etwas, womit die First-Stop-Organisation in Zukunft besser als bisher gestellt wäre, auch wenn das Großverbrauchergeschäft unter dem Dach von Bridgestone/First Stop „schon nicht schlecht“ gewesen sei.

Zu guter Letzt sollte sich auch die Betreuung durch die Konzernmutter in Zukunft verbessern, meint einer aus der First-Stop-Händlerschaft im Gespräch mit dieser Zeitschrift, schiebt aber nach, dass entsprechende Eindrücke natürlich schon subjektiv seien. Dennoch: Viele in der Organisation haben sich darüber gewundert, dass Produktpräsentationen bzw. -schulungen im Grunde genommen bis zur jüngsten Einführung des Bridgestone Drive Guard so gut wie niemals stattfanden, jedenfalls nicht so, dass man meinen konnte, First Stop unter dem Dach des Bridgestone-Konzerns habe irgendeine besondere Stellung.

Wo Licht ist, da ist auch Schatten. Während so mancher im Gespräch mit dieser Zeitschrift die jetzt gewählte Konstruktion als zukunftsorientiert beschrieb und gerade für die First-Stop-Organisation große Chance sieht, so werden gleichzeitig auch Veränderungen erwartet, die nicht jedem gefallen dürften. Auf Nachfrage in Karlsruhe (siehe dazu das ausführliche Interview mit Peter Schütterle hier) und in Brüssel bei Yves Kerstens, dem verantwortlichen Chief Operating Officer von Bridgestone EMEA, wollte und durfte zwar niemand etwas Konkretes zur Zukunft der First-Stop-Zentrale sagen; man will sicherlich auch nicht vorzeitig und vorsätzlich Unsicherheiten schüren. In der Zentrale in Bad Homburg sind aktuell rund 20 Mitarbeiter beschäftigt, weitere gut zwei Dutzend Mitarbeiter kümmern sich im Außendienst um die Regie- und die Partnerbetriebe. Dass in Bad Homburg derzeit „keine Jubelstimmung“ herrscht, kann man durchaus glauben, ist doch die Gefahr von Redundanzen mit der Pneuhage-/Interpneu-Zentrale in Karlsruhe nach mit Sicherheit stattfindender Restrukturierung nur zu offensichtlich. Die GmbH soll zwar unter dem PPG-Dach bestehen bleiben, aber wo deren Sitz in Zukunft ist und welche Aufgaben sie zu erfüllen hat – wer weiß das heute schon…? Während die Mitarbeiter in der Zentrale die kommenden Veränderungen mit Sicherheit skeptisch betrachten, ist man im First-Stop-Außendienst noch vergleichsweise entspannt, muss doch auch in Zukunft jemand die Betriebe und Partner unter dem Dach der PPG betreuen.

Was für die Zentrale gilt, gilt auch für die beiden First-Stop-Runderneuerungen in Möhnesee-Wippringsen bei Dortmund und in Friedberg bei Frankfurt, in denen jeweils nach dem Bandag-Verfahren gefertigt wird, genau wie im Übrigen auch bei Reifen Ehrhardt. Pneuhage seinerseits betreibt darüber hinaus noch zwei große Runderneuerungsbetriebe in Nossen bei Dresden und am Stammsitz in Karlsruhe, wo wiederum nach dem Recamic-Verfahren produziert wird. Auch hier kann und will noch keiner der Beteiligten konkret werden. Peter Schütterle betont im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG: „Unser Ziel ist, bei First Stop und Reifen Ehrhardt gemeinsam mit Bandag Wachstum in den jeweiligen Märkten zu generieren.“ Dennoch: Beobachter schätzen den langfristigen Bestand von fünf Runderneuerungsstätten unter dem Dach der Pneuhage-Unternehmensgruppe samt Joint Venture aber als eher gering ein.

Mit der Gründung des neuen Joint Ventures erhält Pneuhage/Interpneu auf einen Schlag ein zweites Handelssystem an die Hand. Hatte man bisher ‚lediglich’ den lockeren Verbund der Reifen1+-Partner – mittlerweile nehmen an dem Partnersystem schon 530 Händler teil – im Angebot, so kann die Pneuhage Partners Group in Zukunft interessierten Händlern auch das First-Stop-System für eine Partnerschaft anbieten. Zwei etablierte Systeme mit unterschiedlichen Integrationsstufen stellen heute vor dem Hintergrund eines sich immer schneller vollziehenden Strukturwandels im Reifenhandel einen großen Wettbewerbsvorteil dar. Man schaue sich beispielsweise den Erfolg der Goodyear Dunlop Handelssysteme im Vergleich dazu an; die Kölner haben für nahezu jeden anlehnungsbedürftigen Reifenhändler ein spezielles Angebot. „Zwei Systeme, das ist doch perfekt“, meint dazu einer aus einer Wettbewerbsorganisation und rät zur Forcierung. Wie dann First Stop, Reifen 1+ sowie die Pneuhage- und Bridgestone-eigenen Betriebe samt Reifen Ehrhardt ordnungspolitisch zu integrieren sind, bleibt dabei eine hochspannende Aufgabe.

Yves Kerstens, COO von Bridgestone EMEA, betont gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG, die neue Partnerschaft mit Pneuhage sei „eine Win-win-Situation“, bei der die beteiligten Parteien „ihre Stärken bündeln“ und gleichzeitig „ihre starken Markenidentitäten beibehalten“; während man sich auch zukünftig in strategische Entscheidung der First Stop einbringen werden, wolle man hingegen das Tagesgeschäft komplett dem Partner überlassen

Yves Kerstens, COO von Bridgestone EMEA, betont gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG, die neue Partnerschaft mit Pneuhage sei „eine Win-win-Situation“, bei der die beteiligten Parteien „ihre Stärken bündeln“ und gleichzeitig „ihre starken Markenidentitäten beibehalten“; während man sich auch zukünftig in strategische Entscheidung der First Stop einbringen werden, wolle man hingegen das Tagesgeschäft komplett dem Partner überlassen

Wertschätzung unseres Geschäftsmodells

Peter Schütterle und die Pneuhage-Unternehmensgruppe, deren Unabhängigkeit vom Joint Venture den Aussagen zufolge nicht berührt sei, begründen mit der Pneuhage Partners Group ein komplett neues Geschäftsmodell. In der Regel ist es üblich im Markt, dass Reifenhändler, selbst große Filialisten, unter das Dach der Industrie schlüpfen und dort ihre Zukunft suchen. Dass dies im vorliegenden Fall genau andersherum ist, zeigt, welches große Ansehen der Unternehmer aus Karlsruhe mit seiner Unternehmensgruppe im Markt genießt. Neue Ideen und Geschäftsmodelle, die dort ersonnen werden, darf man auch bei beiläufiger Betrachtung als Erfolg versprechend hinnehmen; die Erfahrung ist hier Beleg genug.

Im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG sagt Peter Schütterle in Richtung Bridgestone: „Das Vertrauen ehrt uns sehr und würdigt die Leistungen unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. […] Darin sehe ich eine klare Wertschätzung unseres Geschäftsmodells.“ Ja, und darin kommt sicher auch die Anerkennung zum Ausdruck, dass es neben der Pneuhage-/Interpneu-Gruppe keinen vergleichbaren Partner in Deutschland gibt, der entsprechend attraktiv für einen Hersteller ist, der – wie Bridgestone in Deutschland – offiziell im Retailgeschäft als ambitioniert gilt, dort aber im vergangenen Jahrzehnt des sich fortsetzenden Strukturwandels im Markt mangels nachdrücklich verfolgter Strategie viel Zeit verloren hat. Außerdem werde man die First-Stop-Betriebe über die Pneuhage Partners Group „künftig als unabhängiger Reifenhändler führen, also genauso wie wir Reifen Ehrhardt oder die Pneuhage Reifendienste führen“, ergänzt Schütterle.

Dennoch, die Frage, die sich viele im Markt stellen: Woher kommen die finanziellen Mittel erst für die Übernahme von Reifen Ehrhardt und für die Gründung des neuen Joint Ventures? Greift Bridgestone, trotz der zitierten Unabhängigkeit und Neutralität der Pneuhage-Unternehmensgruppe, nach den Karlsruhern und hat sich gar eine wie auch immer geartete „Option“ für die Zukunft zusichern lassen? Im Moment nichts weiter als nicht zu begründende Spekulationen. Aber selbst interne Beobachter sagen direkt heraus zum Thema (Re-)Finanzierung: „Ich habe das auch noch nicht ganz verstanden“; oder: „Das ist allein fast unmöglich.“

Bridgestone-EMEA-COO Yves Kerstens reicht die entsprechende Frage im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG weiter an Peter Schütterle; man könne schließlich „die Pneuhage-Aktivitäten nicht kommentieren“. Der Pneuhage-/Interpneu-Inhaber und -Geschäftsführer sagt dazu auf Nachfrage: „Die Finanzierung der Gründung der Pneuhage Partners Group und damit auch die Finanzierung zum Erwerb von Ehrhardt Reifen + Autoservice hat die Pneuhage-Gruppe selbst aufgestellt. Für das Joint Venture erfolgt nun – die Genehmigung durch die EU vorausgesetzt – eine Abgabe von 25 Prozent der Anteile an der Pneuhage Partners Group an Bridgestone. Dafür bringt Bridgestone die First Stop entsprechend mit ein.“

So oder so, man wird sehen, inwiefern sich die Rolle Bridgestones in der Pneuhage-Gruppe verändern wird, ob das Unternehmen und vor allem deren allseits respektierter Chef seine „Neutralität“, oder gar „seine Unschuld verloren“ hat und ob es nun einen weiterer „Subventionsverein“ von Industrie Gnaden gibt, um hier nur einige der Vorhaltungen von Beobachtern des Karlsruher Reifenhändlers zu zitieren. Ob das die Zukunft von Pneuhage/Interpneu ist, wird sich zeigen. arno.borchers@reifenpresse.de

 

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