Ökologische Verwertung von Elastomeren aus Altreifen wird in Chemnitz erforscht
Was passiert eigentlich mit alten Autoreifen? Mit dieser Frage befassen sich aktuell Wissenschaftler am Institut für Strukturleichtbau der Technischen Universität Chemnitz. Hier „werden neue Werkstoffe mit hoher Qualität und Leistungsfähigkeit entwickelt“, heißt es in einer Mitteilung. Feinste Gummi-Mehle würden dazu mit thermoplastischen Kunststoffen gemischt. Diese sogenannten „Thermoplast-Elastomer-Compounds“ seien schmelzbar und könnten etwa im Spritzgießverfahren zu komplexen Bauteilen verarbeitet werden. Den Produkten sei später nicht mehr anzusehen, dass sie früher einmal Reifen waren.
Für diese Art der Wiederverwertung sei eine ganz neue Verarbeitungstechnologie entwickelt worden: die einstufige Direkt-Extrusion. „Wir kombinieren die Compoundierung und die Profilextrusion, also das Mischen der Ausgangsstoffe und das Formgeben. Aber eben ohne den Umweg über Granulat. Wir sparen uns einen Prozessschritt und damit vor allem Energie und schützen so das Material vor thermischen Schäden“, so Forscher Stefan Hoyer. Auf diese Weise könnten endlos gefertigte, hochwertige Matten für Verschleiß- und Schallschutz hergestellt werden. „Aktuell sind wir noch in der Phase der Markteinführung, kooperieren aber bereits mit einer Firma aus der Region.“
Eine andere Technologie, die das Team um Stefan Hoyer entwickelt hat, ist hingegen bereits international im Einsatz: „Wir haben die Wiederverwertung von technischen Elastomeren optimiert“, berichtet Hoyer stolz. Technische Elastomere sind Gummimaterialien, die für technische Anwendungen zum Einsatz kommen, etwa Dichtungsringe. Bei deren Herstellung fällt oft viel Ausschuss an, der meist teuer entsorgt werden muss. „Unsere Technologie kann diese Reststoffe so aufbereiten, dass sie einfach wieder in den Herstellungsprozess zurückgeführt werden können. Das sortenreine Rezyklat wird wieder unter die Ausgangsstoffe gemischt und der Prozess läuft weiter.“ Als Rezyklat bezeichnen die Forschenden Feinmehl aus den Produktionsresten, die im sogenannten „Reaktruder„ vermahlen werden. Die verwendete Technologie des Warmmahlens existierte zwar bereits, doch Hoyer habe sie im Rahmer seiner Promotion weiterentwickelt und optimiert. „Dazu mussten die Prozessstabilität verbessert, die Reinigung vereinfacht, die Baugröße kompakter gestaltet und der Verschleiß reduziert werden“, heißt es. Dank dieses Verfahrens können jetzt sogar Kleinchargen wirtschaftlich sortenrein recycelt werden. „Ganz nebenbei haben wir auch den Energieverbrauch um etwa 60 Prozent reduziert“, ergänzt Hoyer.
Die Technologie zielt insbesondere auf kleine und mittlere Unternehmen (KMU), die ihre Reststoffe selbstständig verwerten wollen. Ihnen steht nun ein effizientes Werkzeug zum Recycling von Elastomeren zur Verfügung, mit dem die Ausgangsrohstoffe nachhaltig genutzt und wiederverwertet werden können. Einsparungen in Sachen Energiebedarf, Entsorgungskosten, Ressourcen und CO2-Ausstoß sind weitere positive Effekte der Forschungsergebnisse. „Aber wir haben noch viel vor“, so Hoyer. „Wir wollen im zweiten Projektteil des Bundesexzellenzclusters MERGE mitwirken, sofern er von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) genehmigt wird. In den Werkstoffwissenschaften wollen wir weiter Grundlagenforschung betreiben, unsere Thermoplast-Elastomer-Compounds in ihren Rezepturen ändern und auch mit Duroplasten oder anderen Elastomeren arbeiten. Neue Werkstoffe zu entwickeln, zu charakterisieren und effiziente Verarbeitungstechnologien zu entwickeln, das sind unsere Ziele.“ cs
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