Arbeiten Hand in Hand: Obo Tyres erwartet Synergien in der Magna Tyres Group
Während Nachtschwärmer am Neujahrsmorgen wohl eher mit ihren Katern zu kämpfen hatten und andere sich mit den (wieder einmal kaum zu haltenden) guten Vorsätzen fürs neue Jahr beschäftigten, begann für Obo Tyres am 1. Januar etwas viel Bedeutenderes. Der erste Tag des neuen Jahres war für den niederländischen Runderneuerer nämlich der erste Tag unter dem Dach der Magna Tyres Group. Die geplante Übernahme von Obo Tyres war kurz vor Weihnachten bekannt gegeben worden und soll es Magna Tyres – ebenfalls mit Sitz in den Niederlanden – als einem Spezialisten gerade für neue Schwerreifen aus dem OTR-Segment, aber neuerdings auch für Lkw-Reifen, erlauben, ein komplettes Lifecycle-Angebot machen zu können. Obo Tyres wiederum kann durch den Zugang zu neuen Märkten, eine verbesserte Karkassenversorgung und einen deutlichen Anstoß in Bezug auf die Produktentwicklung von der Übernahme profitieren.
Dieser Beitrag ist mit der März-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG in unserer Runderneuerungsbeilage Retreading Special erschienen, die Abonnenten hier auch als E-Paper lesen können. Sie sind noch kein NRZ-Abonnent? Das könne Sie hier ändern.
Rund einen Monat nach der Übernahme von Obo Tyres durch die Magna Tyres Group sprach die NEUE REIFENZEITUNG mit General Manager Peter Schrijver über die anstehenden Veränderungen für den Runderneuerer. Diese seien gleichzeitig kaum zu sehen, aber dennoch weitreichend. Oberflächlich betrachtet gehe es eben ‚nur‘ um die Heiß- und die Kaltrunderneuerung von Obo Tyres, darunter aber sehe man zahlreiche neue Möglichkeiten der Weiterentwicklung. Eine weitere bemerkenswerte Veränderung bei der Gelegenheit: die Anwesenheit von Peter Schrijver am Obo-Tyres-Sitz im niederländischen Hardenberg.
In Reifenkreisen war der Name Peter Schrijver nahezu drei Jahrzehnte fest mit dem Namen Vredestein verbunden. Schrijver habe mit Vredestein während der vergangenen 29 Jahre schon einiges erlebt: die Zeit in Staatsbesitz, die Übernahme durch private Investoren, dann die Partnerschaft mit Amtel aus Russland und später die Übernahme durch Apollo Tyres aus Indien. Während der letzten elf Jahre war Peter Schrijver als Product Manager für Landwirtschafts- und Industriereifen bei Apollo Vredestein tätig und wäre dies vermutlich immer noch, wären nicht etlich Nicht-Fabrik-Positionen von Enschede nach Amsterdam umgezogen. Anstatt in die niederländische Hauptstatt umzuziehen, entschied Schrijver sich wegen seiner Familie, im Nordosten des Landes zu bleiben – und verlies daraufhin den Neureifenhersteller. Im vergangenen Oktober dann wechselte er als Commercial Manager zum Runderneuerer Obo Tyres. Doch noch innerhalb der ersten vier Wochen benötigte er bereits neue Visitenkarten.
„Im vergangenen Oktober hat Operations Manager Frederik Zandman das Unternehmen verlassen“, erläutert Peter Schrijver. „Durch meine Erfahrungen im Landwirtschaftsreifensegment passte ich für diesen Job ziemlich gut. Anstatt außerhalb des Unternehmens zu suchen, habe ich dann diese Funktion zusätzlich zu meiner bisherigen Funktion übernommen.“ Seither ist er General Manager.
Der erste Kontakt zwischen Peter Schrijver und dem damaligen Inhaber von Obo Tyres Herman Hutten (ist nach dem Verkauf an Magna Tyres Group weiterhin als Berater tätig) kam zustande, als von einer Übernahme noch nicht die Rede war. „Obo vertreibt Landwirtschaftsreifen von Magna und ist in den Benelux-Ländern etwa exklusiver Partner für den Vertrieb der Marke MTP. Auch wenn Magna bereits seit einiger Zeit Interesse an einer Übernahme eines entsprechenden Runderneuerers hatte, war von einer Übernahme damals noch nicht die Rede.“ Magna Tyres Group habe die Übernahmegespräche von sich aus im vergangenen November angestoßen; das Unternehmen habe sich als Anbieter eines kompletten Lifecycle-Pakets im OTR-/Industrie- und Landwirtschaftsreifensegment etablieren wollen: neue, runderneuerte und gebrauchte Reifen. „Magna Tyres ist jetzt ein One-Stop-Shop.“
Integration und Synergien haben Vorrang
Freilich ist es noch viel zu früh von einer Integration von Obo Tyres in die Magna Tyres Group zu sprechen. Auch ist der neue Inhaber natürlich noch nicht soweit sagen zu können, wie genau das Sortiment an Runderneuerten mit dem des eigenen Neureifenangebots harmonisiert werden soll. Man wird einfach noch etwas abwarten müssen, bis sich hier schärfere Kontouren zeigen. Bereits heute steht aber schon konkret die Integration der beiden Verkaufsteams auf der Agenda. „Das Runderneuerungsgeschäft ist schon anders. Wir müssen also dem Magna-Sales-Team das Werkzeug und das Know-how an die Hand geben, das es braucht, um zukünftig eben auch ein Produktsortiment erfolgreich zu verkaufen, das jetzt auch Runderneuerte beinhaltet“, so Schrijver.
Zusätzlich zur Integration der Verkaufsteams stehe kurzfristig auch eine engere Abstimmung im Marketing und in der Kommunikation an. Weitere potenzielle Synergien sehen die Verantwortlichen unterdessen in Bezug auf die Logistik. Viele Obo-Tyres-Kunden kaufen auch bei Magna Tyres. Das in Summe größere Absatzvolumen beider Unternehmen werde zu einer Verringerung der Logistikkosten führen, ist man sich sicher. Gleichzeitig könnten diese Dienstleister dazu genutzt werden, den Rückfluss der Karkassen zu steuern.
„Wir Runderneuerer benötigen die Karkassen und müssen die runderneuerten Reifen ausliefern“, so der neue General Manager. „Magnas Vertriebsnetzwerk wird uns dabei helfen, mehr Karkassen zurückzuerhalten.“ Schrijver berichtet in diesem Zusammenhang von jüngsten Schwierigkeiten mit der Karkassenversorgung in bestimmten Größen. Der Grund dafür? Es gebe auf dem Markt zu viele Karkassen, die den Ansprüchen an eine Runderneuerung nicht genügen. „Importe aus Asien locken Verbraucher mit überaus billigen Einstandspreisen anstatt mit Kosten pro Kilometer. Aber solche Reifen können wir nicht runderneuern. Für uns ist es frustrierend. Wir könnten alle sehr davon profitieren, würden sie auch an die Runderneuerer denken, denn ein runderneuerungsfähiger Neureifen ist für Endverbraucher attraktiver.“ Unabhängig von solchen Wünschen hofft Schrijver darauf, dass steigende Rohstoffkosten – dies dämpft in der Regel die Wettbewerbsfähigkeit von Neureifen aus dem untersten Preissegment – jetzt dazu führen werden, den Anteil nicht runderneuerungsfähiger Karkassen auf dem europäischen Markt im Laufe dieses Jahres zu verringern.
Gleichzeitig erwartet Peter Schrijver natürlich auch, in der Obo-Tyres-Runderneuerung zukünftig zunehmend Magna-Reifen verarbeiten zu können, weiß aber, dass Geduld angebracht ist: „Wir hatten bereits Magna-Karkassen in unserer Produktion und sie sind sehr gut; es hat absolut keine Probleme mit ihnen gegeben. Davon wollen wir natürlich viel mehr haben. Es kann aber sicherlich eine ganze Zeit dauern, bis wir davon eine große Anzahl verfügbar haben.“ Schrijver erwartet außerdem eine Ausdehnung des Vertriebsgebietes von Obo Tyres auf neue Regionen: „Während Obo Tyres sich hauptsächlich auf die Niederlande, Deutschland und Nordwesteuropa konzentriert hat, ist Magna Tyres auch darüber hinaus aktiv. Magna hat etwa eine Vertriebsniederlassung in Polen. Das ist ein großer Landwirtschafts- und OTR-Markt und für uns vielleicht der Zugang zu Osteuropa.“ Außerdem beschäftigt Magna Tyres Vertriebspersonal in Frankreich und unterhält geschäftliche Kontakte in Südeuropa. Schrijver zufolge erhalte Obo Tyres durch die Akquisition auch einen besseren Zugriff auf den britischen Markt. „Großbritannien wird ein Teil Europas bleiben, selbst wenn es die Europäische Union verlässt. Folglich bleibt der Markt für uns von großem Interesse. In der Vergangenheit haben wir dort nicht viele Reifen verkauft; nur einige populäre Größen und auch Gebrauchtreifen. Folglich sehen wir dort Wachstumspotenzial, denn Magna ist ein überaus expansives Unternehmen.“
Neuer Inhaber, gleiches Unternehmen
Das deutlich größere Magna-Tyres-Netzwerk bietet also auch Obo Tyres Möglichkeiten für weiteres Wachstum. Dennoch werde sich dadurch nicht alles ändern. Das Tagesgeschäft, so Schrijver, werde weiterlaufen wie bisher. So werden Kunden auch weiterhin mit einer eigenständigen Gesellschaft namens Obo Tyres zu tun haben, auch sollen die Büros, die Fabrik und die Mitarbeiter in Hardenberg bleiben. Das bestehende Sortiment inklusive etwa der Schulterrunderneuerung für Landwirtschaftsreifen oder der Reparatur von Reifen werde weiterhin von Obo Tyres angeboten. Und neue Produkte werden dabei die Weiterentwicklung des Portfolios sicherstellen. Dazu zählen etwa auch Gummiketten.
„Wir haben eine neue Anlage entwickelt, mit der wir Gummiketten herstellen können das Equipment dazu ist jetzt vollständig“, so Peter Schrijver. Anlässlich des Besuchs der NEUE REIFENZEITUNG bei Obo Tyres im niederländischen Hardenberg befand sich eine erste Produktion gerade zum Testen bei einigen ausgewählten Kunden im Markt; die komplette Einführung war dann für Februar geplant. „Die Saison für ein solches Produkt beginnt im späten Frühjahr, da es hauptsächlich auf Erntemaschinen zum Einsatz kommt; darauf sind wir jetzt vorbereitet.“
Das Angebot an Neureifen, das Obo Tyres bisher machte, werde sich durch die Übernahme auch zunächst nicht ändern, auch wenn die Marke Techking, die der Runderneuerer seit Anfang 2015 exklusiv auf den Märkten Deutschland, Frankreich, Schweiz und Österreich vertreibt, mit Magna-Reifen um Marktanteile konkurriert. Es gebe derzeit außerdem keinen Plan, dies zu ändern.
Schrijver weist dabei darauf hin, dass die Magna Tyres Group einen eigenen Großhandel für OTR-, Industrie- und Lkw-Reifen betreibt: Universal Tyre Trading. „Die sitzen in Waalwijk in den Niederlanden genau wie auch Magna und vertreiben etliche Premiumreifenmarken. Es scheint durchaus denkbar, dass Techking in das Portfolio von Universal Tyre Trading kommt. Techking steht im Wettbewerb mit Magna. Aber wir haben mit dem Techking-Produkt eine Kundenbeziehung aufgebaut. Wir müssen einen guten Weg finden, um die beiden Marken miteinander zu vermarkten.“
Mehr Output, höhere Qualität
Auch wenn vieles in Hardenberg bei Obo Tyres bleiben wird wie immer, gelte dieses „wie immer“ auch in einem größeren Maßstab. Schrijver geht davon aus, dass der Output der Runderneuerung schnell von den derzeit 20.000 Reifen im Jahr ansteigen wird, wobei die Heißrunderneuerung den größen Anteil am Wachstum ausmachen werde. „Wir führen derzeit Gespräche mit verschiedenen Seiten. Die Zukunft sieht dabei rosig aus, wir sind sehr optimistisch.“ Die Investition in weiteres Runderneuerungsequipment werde bald schon stattfinden; Platz für die neuen Anlagen sei bereits geschaffen: „Wir werden die Art, wie unser Produktionsprozess angeordnet ist, neu aufstellen und wir erhalten zusätzliche Quadratmeter durch die Verlagerung unseres bestehenden Lagers zu Magna. Verkaufen können wir auch aus dem Waalwijk-Lager.“ Der General Manager sieht darin auch „eine ernsthafte Option“, das Schichtmodell in der Fabrik auszudehnen, um den Output in der Runderneuerung zu erhöhen. Entsprechende Veränderungen würden noch im Laufe dieses Jahres umgesetzt.
Dabei gehe es zukünftig nicht nur um die Vergrößerung des Outputs und der Mitarbeiterzahlen. Schrijver will mit Obo Tyres ein breiteres und qualitativ besseres Produktangebot machen. Dementsprechend wird das Unternehmen von beidem profitieren können: von seiner neuen Muttergesellschaft und von der Erfahrung seines neuen General Managers.
„Meiner Meinung nach tun sich jede Menge Möglichkeiten auf“, betont Schrijver. „Und dabei geht es nicht nur um neue Produkte wie unsere Gummiketten. Möglichkeiten gibt es auch in Bezug auf Mischungen.“ Der Chief Executive Officer Michael de Ruijter, der die Magna Tyres Group 2006 gegründet hat, verfügt über einen entsprechenden familiären Hintergrund; De Ruijter International (DRI Rubber) sitzt ebenfalls am Standort in Waalwijk. Peter Schrijver zufolge habe Obo Tyres jetzt mehr Möglichkeiten, „Mischungen gemeinsam mit dem Team von DRI Rubber zu entwickeln“. Ihm zufolge werde Obo Tyres jetzt sogar „durch den größeren Erfahrungsschatz der Magna Tyres Group sehr innovativ in Bezug auf Compounding“. Entsprechende Änderungen würden indes nur für Runderneuerungsmischungen stattfinden, wenn sie die Produktqualität verbessern helfen.
Nach verschiedenen Stationen innerhalb der Reifenbranche inklusive der Produktentwicklung treiben Peter Schrijver freilich Ideen um, die er bei Obo Tyres noch umsetzen will. „Ich weiß, was Endverbraucher wollen. Das ist etwas, was ich in den vergangenen 29 Jahren gelernt habe, die ich jetzt schon im Markt bin.“ Während er noch keine weiteren Details dazu nennen möchte, sagt er zumindest so viel: es gebe „gute Möglichkeiten, etwas Neues zu tun“.
„Dinge werden hier angepackt“
Während seiner Monate bei Obo Tyres hat Peter Schrijver dort bereits etliche wichtige Entwicklungen angestoßen – und es sollen noch mehr werden. „Die vergangenen Monate waren für mich wie eine Achterbahnfahrt, und zwar in einem absolut positiven, aufregenden Sinne. Ich bin zu Obo Tyres von einem riesigen Unternehmen gekommen. Und obwohl wir hier viel kleiner sind, haben wir ein klasse Team von Allroundern. Ein hochmotiviertes Team, das alles mitmacht. Dinge werden hier angepackt, und zwar schnell.“ stephen.goodchild@tyrepress.com/ab
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!