Uniwheels: Von der inhabergeführten GmbH zur börsennotierten Aktiengesellschaft
Die Geschichte der Uniwheels beginnt für deren ehemaligen Vorstandsvorsitzenden bzw. CEO (bis Januar 2016) und jetzigen Aufsichtsratsvorsitzenden Ralf Schmid mit dem Jahr 1996, als er für den Aftermarkt die Aluminiumrädermarke Alutec aus der Taufe hob. Zwei Jahre später kam die langjährig im Ersatzgeschäft bekannte Rädermarke Rial hinzu, deren damaliger Verkaufsleiter aber ein Faible auch fürs Erstausrüstungsgeschäft hatte. „Ja, wir wollten frühzeitig ins Automotive-Geschäft“, blickt Schmid zurück. So richtig laut hat man es damals wohl noch nicht kund getan, weil man wusste: Dieser Einstieg würde schwer sein.
Und dann kam die große Chance: Die in der Erstausrüstung bestens verankerte ATS-Gruppe musste im Jahre 2007 Insolvenz anmelden. In einem Bieterverfahren zum Zuge kam nach einigen Monaten die Uniwheels, die 2005 entstanden war aus der Bündelung sämtlicher Räderaktivitäten Schmids einschließlich einer Produktion – in direkter Nachbarschaft zu einem polnischen ATS-Werk in Stalowa Wola. Als Uniwheels bei ATS den Zuschlag erhielt, geschah das zwar längst unter dem Dach einer Holding, die damals mit Ralf Schmid (gut 92 Prozent) und seinem Cousin Michael Schmid aber lediglich zwei Gesellschafter hatte, also durchaus als „inhabergeführt“ bezeichnet werden konnte.
Jetzt – mit dem nötigen zeitlichen Abstand – könne ihm ein wenig mulmig werden bei dem Gedanken, dass man sich als kleinerer Marktteilnehmer anschickte, die etwa dreimal größere ATS schlucken zu wollen. Im Vorfeld der großen Weltwirtschaftskrise erschien der strategische Erwerb des OEM-Geschäfts von ATS aus der Sicht von Uniwheels zwar als durchaus logisch und sinnvoll, aber wie auch in der damaligen Causa Continental/Schaeffler, zu der Schmid einige Parallelen sieht, kamen im Nachgang der Akquise doch durchaus erst einmal ein paar größere Probleme ins Haus. Nach den sehr negativen Erfahrungen in der Wirtschaftskrise – insbesondere mit diversen großen deutschen Bankhäusern – erschien der Gang an den Kapitalmarkt mittels eines IPO (Initial Public Offering) als logische Konsequenz, um in Zukunft unabhängig agieren zu können.
Uniwheels ist bezogen auf den Umsatz die klare Nummer 3 im europäischen Aluminiumrädergeschäft hinter Ronal und Borbet, aber fast ebenso deutlich vor der trotz ihrer hinsichtlich Volumina sogar stärkeren CMS. Aus dem eher fragilen Geschäftsmodell aus der Zeit direkt nach der Übernahme von ATS ist ein stabiles und belastbares geworden. Als Aktiengesellschaft mit Börsennotierung ist die Uniwheels AG (Bad Dürkheim) sogar wesentlich transparenter als Ronal und Borbet. Nach jedem Quartal müssen die geschäftlichen Kennzahlen dezidiert veröffentlicht werden; und im Unternehmen sorgen die Statuten sowie unter anderem auch Funktionen wie Compliance- und Risk-Manager für jederzeitige klare Kontrolle und Transparenz, die sicherstellen, dass alle Kapitalmarktvorschriften für börsennotierte Gesellschaften eingehalten werden. Zudem kontrolliert der Aufsichtsrat in seinen laufenden Sitzungen den operativen Vorstand, der die täglichen Geschäfte führt. „Ich war bis zum Januar als Vorstandsvorsitzender der erste Angestellte des Unternehmens. Jetzt als Aufsichtsratsvorsitzender ohne operative Tagesverantwortung widme ich mich der strategischen Ausrichtung und Weiterentwicklung der Uniwheels AG.“ Nicht zu vergessen hat Uniwheels ja mit Dr. Karsten Obenaus als Zuständigem für Finanzen und die Accessory-Division sowie Dr. Thomas Buchholz für Automotive (womit im Wesentlichen das Erstausrüstungsgeschäft gemeint ist) zwei Vorstandsmitglieder – von denen Letztgenannter mit Schmids Aufrücken in den Aufsichtsrat zugleich den Vorstandsvorsitz übernommen hatte –, die ihre Zuständigkeitsbereiche gemäß Aktienrecht eigenverantwortlich führen. Gleichwohl: Ralf Schmid ist über die Uniwheels Holding (Malta) Ltd., die 61,3 Prozent der Aktien hält, nach wie vor Mehrheitsaktionär, Cousin Michael Schmid ist der zweitgrößte Gesellschafter an der Familienholding.
Beim Initial Public Offering (IPO) im Frühjahr 2015 an der Warschauer Börse ist es gelungen, wie geplant 38,7 Prozent der Uniwheels-Aktien im freien Handel zu platzieren. 69 Investoren aus Polen, Skandinavien, Österreich und Deutschland sind damals eingestiegen, wobei die Nachfrage höher war als das Angebot, das um mehr als das Zweifache überzeichnet war. Seitdem ist – soweit das der Uniwheels-Vorstand beurteilen kann – wenig Bewegung in der Aktionärsstruktur. Offensichtlich dominiert das Interesse an einer ordentlichen Dividende. Dass sich mit dem norwegischen Staatsfonds auch noch der größte Staatsfonds der Welt engagierte – was mit einer Pflichtmitteilung bei Überschreiten der 3-Prozent-Schwelle publik wurde –, wird als ein Vertrauensbeweis gewertet, auf den Schmid auch ein wenig stolz ist. Da lediglich drei Investoren jeweils über Anteile jenseits dieser 3-Prozent-Schwelle verfügen, ist der Uniwheels-Vorstand nicht besorgt, dass eventuell Branchenfremde oder direkte Wettbewerber versuchen könnten, Einfluss auf die Uniwheels-Geschäftspolitik zu nehmen.
Und so wie ein unternehmensrechtlicher Wandel stattgefunden hat, verändert sich auch die Uniwheels-Ausrichtung. Der Bemerkung, dass der von ihm geführte Aluminiumräderanbieter den beiden europäischen Marktgrößen Ronal und Borbet immer ähnlicher werde, widerspricht Ralf Schmid nicht. So hat sich der hauseigene Anteil Erstausrüstung zu Ersatzgeschäft (mit dem Markenquartett ATS, Rial, Alutec und Anzio) schon zugunsten des Geschäftes mit den Automobilherstellern verschoben, die 85-Prozent-Schwelle erreicht und bewegt sich damit in die Richtung der beiden langjährig etablierten Marktführer. Schmid: „Die Erstausrüstung boomt, auch weil die Substitution des Stahlrades durch das Leichtmetallrad ungebrochen ist. Die Zulieferer der europäischen Automobilindustrie mit Aluminiumrädern bewegen sich allesamt an der Grenze zur Überbuchung, die Fertigungskapazitäten für die Bedarfe in den Autofabriken sind überall voll ausgebucht.“
Und die Verschiebungen im Ersatzmarkt weg vom (teureren) „schönen“ Rad im Frühjahrsgeschäft hin zum (preisgünstigeren) einfacheren Design im Wintergeschäft und ein insgesamt in Europa stagnierender Umrüstmarkt begünstigen diesen Trend obendrein: „Der Blick auf unseren Mix zeigt, dass unsere OE-Räder heute durchschnittlich größerdimensioniert sind als die Aftermarkträder.“ Was natürlich auch damit zusammenhängt, dass die Automobilhersteller ihre Optionslisten in nie geahnte Umfänge aufgewertet haben und der Kunde schon beim Neuwagenkauf das von ihm favorisierte Design oder bereits ab Werk die zwei Zoll mehr ordern kann, die früher die Domäne des Tuningmarktes waren. Und es hat auch damit zu tun, dass der marktweit und so auch bei Uniwheels gewachsene Anteil „Winterräder“ den Durchschnitt bei den Dimensionen drückt.
Ob die aktuell laufenden Investitionen in den Produktionsstandort Stalowa Wola, für die ein Großteil der durch den Börsengang eingeflossenen Mittel genutzt wird, als Bau eines weiteren Werkes oder als Aufbau einer vierten Produktionslinie gesehen wird, ist Ansichtssache. Mit einer Kapazität von bis zu acht Millionen Einheiten jährlich entsteht die größte zusammenhängende Fertigungsstätte für Aluminiumgussräder – jedenfalls außerhalb Chinas. Und die zusätzlichen etwa zwei Millionen Räder umfassenden Kapazitäten werden komplett von den Automobilherstellern absorbiert werden. Wobei es durchaus sein kann, dass sich die ausgebrachten Volumina letzten Endes unterhalb der errechneten 8-Millionen-Schwelle bewegen werden, weil sich Uniwheels in der Vergangenheit bereits um eher anspruchsvolle Projekte der Autobauer bemüht hat und an dieser Premiumproduktstrategie auch festhalten will. Wer eher 19 statt 16 Zoll, Flow- und Lightforming statt Standardguss, vollpoliert statt silber lackiert fertigt, der hat ein höherwertigeres Mix, nimmt dafür aber auch geringere Stückzahlen in Kauf.
Mit dem neuen Werk verschiebt sich auch die Gewichtung der Fabriken Werdohl zu Stalowa Wola von etwa 20 zu 80 auf 10 zu 90. Für etwaige weitere Expansionen dürfte das polnische Werk eher nicht infrage kommen, die derzeitigen Bauarbeiten sind wohl die letzte Ausbaustufe. Eine Akquisition oder ein völlig neues Greenfield-Projekt an einem ganz anderen Ort will Ralf Schmid nicht ausschließen, auch für diese Optionen hat ja der Börsengang gesorgt, schließlich ist Uniwheels heute quasi schuldenfrei bzw. wird selbst nach Abschluss des Invests in Stalowa Wola Mitte 2016 nur einen minimalen Schuldenstand haben. „Bei einem völlig neuen Standort ist klar, dass er in Abhängigkeit von der örtlichen Nachfrage der Automobilhersteller errichtet wird“, berichtet Ralf Schmid von stetig wachsenden Mengenanforderungen der Uniwheels-OE-Kunden – das sind im Prinzip sämtliche größeren Automobilhersteller –, die im Allgemeinen für den Zulieferer in der Konsequenz laufend Investitionen in höhere Kapazitäten nach sich ziehen.
Der kleinere Standort Fußgönheim entwickelt sich eher zu einer Hightech-Entwicklungsabteilung mit Kleinserien- oder Prototypenbau. Fürs Ersatzgeschäft stehen die Strukturen in Bad Dürkheim sehr weitgehend, da gibt es höchstens Feinjustierungen. Während die Hauptmarken ATS, Rial und Alutec hier beheimatet sind, wird Anzio über Polen vermarktet. Das Distributionszentrum in der pfälzischen Kurstadt gilt als eines der modernsten in der Branche, ist im Übrigen auch Drehscheibe für den Export von Handelsrädern und bietet ein Lagervolumen von bis zu einer Million Rädern, das täglich durchschnittlich von zehn Lkw aus Polen gespeist wird. Ralf Schmid, der im Übrigen seinen Lebensmittelpunkt in Malta und der Schweiz hat, sieht die Uniwheels-Transformation von einem inhabergeführten Familienunternehmen zu einer hochrentablen börsennotierten Aktiengesellschaft, der alle Optionen des Kapitalmarktes offen stehen, als gelungen, aber nicht als einen Abschluss. Denn, so der Uniwheels-Aufsichtsratsvorsitzende zur Firmenstrategie: „Wir sind in unserer Geschäftspolitik zwar konservativ und wollen eher organisch wachsen. Weitere Ambitionen, den erfolgreichen Wachstumskurs fortzusetzen, haben wir aber schon noch.“ detlef.vogt@reifenpresse.de
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