Kommentar: Wenn zwei das Gleiche tun, …
… ist es noch lange nicht dasselbe. Diese Redewendung kommt einem unmittelbar in den Sinn, wenn man liest, wie der Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) bzw. dessen geschäftsführender Vorsitzender Peter Hülzer sich in der Ausgabe Juli/August des Verbandsmagazins Trends & Facts hinsichtlich der von der Messe Essen und der Messe Frankfurt/Automechanika eingegangenen Partnerschaft rund um die „Reifen“ äußert. Denn seine Worte werfen unwillkürlich die eine oder andere Frage auf.
„Auf diesem Wege sollen mit dem Reifenhandel konkurrierende Distributionskanäle wie Vertragswerkstätten und freie Kfz-Werkstätten bezüglich des Reifenersatzgeschäftes angesprochen und der Wettbewerb angeheizt werden“, wird da die von beiden Messegesellschaften angedachte strategische Allianz kritisiert. Hätte es noch eines Grundes bedurft, dem „Standort Essen den Rücken zu kehren, dann die geplante Partnerschaft zwischen der Essener Messe und der Frankfurter Automechanika“, so Hülzer.
Zunächst einmal ist nicht ganz nachvollziehbar, warum hier irgendwie versucht wird, das physikalische Prinzip vor Ursache und Wirkung umzukehren: Denn die Essener hätten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht die Nähe zur Automechanika gesucht, wäre die Zusammenarbeit für eine „Reifen“ nach 2016 seitens des BRV nicht aufgekündigt worden.
Und andererseits: Weshalb meint der BRV überhaupt, sich gewissermaßen nachträglich dafür rechtfertigen zu müssen, seine lange Jahre erfolgreiche Zusammenarbeit mit den Essenern rund um die Reifenmesse, die ja auch noch bis einschließlich der 2016er-Verstaltung fortdauern soll, beenden und ab 2018 dann gemeinsam mit der Koelnmesse die neue „The Tire Cologne“ in Konkurrenz zur „Reifen“ aufziehen zu wollen? Schließlich steht jeder Person, jedem Unternehmen und jedem Verband in Deutschland sowie vielen anderen demokratischen Staaten auf der Welt die Entscheidung völlig frei, mit wem zu welchen Bedingungen und aus welchen Gründen auch immer man zusammenarbeiten möchte oder eben nicht (mehr).
Neben der Frage nach dem prinzipiellen Warum schließt sich außerdem die nach der grundsätzlichen Berechtigung der BRV-Kritik an der angenommenen verstärkten Ansprache in Konkurrenz zum Reifenhandel stehender Vertriebskanäle – hier insbesondere Autohäuser/Kfz-Werkstätten – durch die Essen-Frankfurt-Allianz an. Ungeachtet dessen, ob und gegebenenfalls was wirklich an alldem dran ist: Hat sich denn die Koelnmesse nicht genauso auf die Fahnen geschrieben, sich mit der „Tire Cologne“ an „Kfz-Servicedienstleister“ richten bzw. „Kfz-Services und [den] Onlinehandel“ als zusätzliche Zielgruppen ansprechen zu wollen?
Wird hier etwa mit zweierlei Maß gemessen? Sieht so der „faire Umgang mit dem Altpartner“ in Essen aus, von dem im BRV-Mitgliedermagazin gleichzeitig gesprochen wird? Oder ist damit gemeint, dass Hülzer die strategische Allianz zwischen Essen und Frankfurt als „zu durchsichtiges Manöver“ wertet beim „letzten Versuch beider Messestandorte (…), sich doch noch eine Scheibe vom Pneukuchen zu sichern“. Im Hinblick auf die „Reifen“ läutet er damit doch gewissermaßen schon einmal das Totenglöckchen bzw. hat er vorzeitig bereits eine Art Nachruf auf diese Messe verfasst.
Dass hinter der verkündeten Zusammenarbeit der Essener und Frankfurter ein PR-Gag stecken könnte, hält er augenscheinlich ebenfalls für nicht völlig ausgeschlossen. Ganz auszuschließen ist so etwas in der Tat nicht, zumal Presseabteilungen mitunter tatsächlich recht kreativ sind. Schließlich ist es ja gerade deren Aufgabe, bezüglich eines bestimmten Themas für ordentlich Aufmerksamkeit zu sorgen und eine zu transportierende Botschaft möglichst breit zu streuen.
Das ist bei der Koelnmesse GmbH nicht viel anders, hat sie im August doch eine Mitteilung mit „Stimmen aus der Branche“ verschickt, die ausnahmslos der ab 2018 neuen „Tire Cologne“ ihre Unterstützung zusichern. Was denn auch sonst? Wenn dabei drei von insgesamt acht zu Worte kommenden „Branchenstimmen“ nur exakt dasselbe wiederholen, was sie schon im Januar sagten, dann kann man das vielleicht noch konsequent nennen. Wenn aber die restlichen Fünf ohne Ausnahme dem Vorstand des BRV angehören, der dessen Wechsel als ideeller Messeträger von Essen nach Köln beschlossen hat, dann wird die Sache – um Hülzers Worte zu verwenden – ein klein wenig „zu durchsichtig“.
All dies zeigt vor allem eines: wie brisant das Thema Reifenmesse(n) 2018 heute schon ist und dass die Karten knapp vier Jahre vor der/den Messe(n) möglicherweise doch nicht ganz so klar verteilt zu sein scheinen. Der Theaterdonner kann zudem als eindeutiges Indiz dafür gewertet werden, dass der „Kampf“ um die Aussteller für die Reifenmesse(n) 2018 schon in vollem Gange ist. Vor diesem Hintergrund kann man an beide Seiten nur appellieren, trotz aller wirtschaftlichen Interessen sportlich fair dabei zu bleiben, und hoffen, dass nicht schon die „Reifen 2016“ unter der an Intensität vermutlich eher noch zunehmenden Konkurrenz zu leiden hat. christian.marx@reifenpresse.de
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