Kommentar: Lethargie Ahoi
Wer sich in einem Verein engagiert, der hat vielleicht auch schon einmal die eine oder andere Mitgliederversammlung besucht. Da gibt es dann Formalien wie einen Bericht darüber, wie das vergangene Jahr so gelaufen ist oder was man sich für das laufende Jahr für Ziele steckt. Auch Wahlen, der Bericht der Rechnungsprüfer, die Entlastung des Vorstandes sowie die Budgetplanung gehören in diese Kategorie. Mal ehrlich: Nur wenn in der Gemeinschaft etwas wirklich Grundlegendes schiefläuft, gibt es hier größere Reibereien – ansonsten ist es das meist ein stumpfes Abhaken der entsprechenden Tagungsordnungspunkte.
Insoweit hat sich die jüngste Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseurhandwerk e.V. (BRV) nicht von der eines beliebigen anderen Vereins unterschieden, wie beispielsweise der des Tischtennisclubs Drochtersen, für den ich seit Jahren regelmäßig in der Freizeit zum Schläger greife. Doch dann hören die Gemeinsamkeiten auch schon auf, und das nicht deshalb, weil es in dem einen Fall eher um Geschäftliches geht und im anderen Fall halt „nur“ ums Hobby bzw. ein wenig sportliche Betätigung.
Spätestens dann, wenn es im Dorfverein beispielsweise um solche Dinge wie die Mannschaftsaufstellung für die nächste Saison geht, kommt in der Regel richtig Leben in die Bude. Jedenfalls wird dann unter allen anwesenden Vereinsmitgliedern meist heftigst darüber diskutiert, wer im Sinne eines möglichst großen Erfolges in welchem Team aufgestellt wird. Da nimmt dann keiner ein Blatt vor dem Mund, und auch bei anderen Themen, welche die Zukunft des Zusammenschlusses betreffen, ist es nicht viel anders.
So etwas hätte ich spätestens nach der Vorstellung der Ergebnisse der Studie „Reifenfachhandel 2020“ bei der BRV-Mitgliederversammlung an Bord des zum schwimmenden Tagungsort umgebauten Motorschiffes „Sonnenkönigin“ eigentlich auch erwartet. Schließlich hatte BRV-Chef Peter Hülzer zuvor schon eindringlich und mit recht deutlichen Worten umrissen, dass der Reifenfachhandel gehörig aufpassen muss, gegenüber Vertriebskanälen wie Autohaus/Kfz-Werkstatt oder Onlinehandel nicht noch mehr Boden im deutschen Reifenersatzgeschäft zu verlieren.
Doch selbst nach den detaillierten Ausführungen dazu, dass und in Bezug auf was der Handel – frei herausgesagt – seinen „Hintern hochbekommen“ muss, herrschte nur eines vor: betretenes Schweigen und nichts weiter, keinerlei Rückfragen, Anmerkungen oder Kommentare. Gleiches übrigens auch beim Thema Reifendruckkontrolle und wie vor allem sensorbasierte Systeme nicht nur aufgrund eines erhöhten Zeitaufwandes für Umwälzungen beim Reifenservice sorgen werden. Für die Verantwortlichen beim BRV, die mit viel Mühe ein interessantes Tagungsprogramm zusammengestellt haben, muss die dürftige Resonanz doch recht enttäuschend sein.
Vielleicht waren die nach Konstanz gereisten Reifenhändler auch nicht die richtigen Adressaten, haben sie mit ihrem Kommen doch unter Beweis gestellt, zumindest ein gewisses Interesse an Informationen zu haben, die ihrem Geschäft dienlich sind. Und der Rest? Ist die – nennen wir sie mal „träge Masse“ – bereits völlig in Lethargie verfallen, oder laufen dort die Geschäfte so blendend, dass es keiner weitere Stimuli bedarf? Letzteres ist angesichts des doch recht verhaltenen Starts ins deutsche Reifenersatzgeschäft 2013 allerdings nur sehr schwer vorstellbar. christian.marx@reifenpresse.de
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