Weichei für Schaeffler gesucht?
Conti-Großaktionärin und Aufsichtsrätin Maria-Elisabeth Schaeffler findet umfassende Würdigung im dieser Tage erschienenen ManagerMagazin. Wir können uns beruhigt zurücklegen, denn die vor zwei Jahren schon in die nahende Insolvenz geschriebene Chefin der Schaeffler-Gruppe hat sich gut erholt. Wurde ihr im Vorjahr ein Vermögen von gerade noch läppisch klingenden 500 Millionen zusammen mit ihrem Sohn nach- und vorgerechnet, so ist sie nach der neuesten MM-Rangliste in den Milliardärskreis zurückgekehrt. Knapp zwar, doch immerhin. Schwankungen können kaum ausgeschlossen werden, weil allein der Börsenwert des Conti-Konzerns in den letzten drei Monaten zwischen knapp 15 und gerade noch acht Milliarden Euro schwankte, was die Großaktionärin „auf dem Papier“ um 3,5 Milliarden Euro ärmer oder reicher machen kann. „Auf dem Papier eben“, und das zeigt den Wert einer Rangliste.
Von hoffnungsloser Überschuldung bis zur mehrfachen Milliardärin ist doch alles drin. „Auf dem Papier“ allemal.
In derselben Ausgabe wird auch der 70. Geburtstag der Firmen-Matriarchin beschrieben („Wenn die Schaefflerin ruft, eilen die Mächtigen herbei“), es sei beim Brunch in Dirndl und Krachlederner und am Abend in eleganter Garderobe am Fuß der Hahnenkammabfahrt in Kitzbühel gefeiert worden. Zur Erinnerung: Zwei Jahre zuvor war „die Schaefflerin“ noch am gleichen Ort mit Häme überzogen worden, der von ihr im klirrenden Frost getragene Pelzmantel eignete sich für einige Sozis perfekt als Beweis dafür, dass eine raffgierige Person Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert sehen wollte.
Alles Schnee von gestern. Maria-Elisabeth Schaeffler steht wieder unangefochten „ihren Mann“, so kann man sich denn an Schaeffler-Chef Geißinger Hände und Füße wärmen. Per Heli sei er zur Geburtstagsfeier eingeflogen, was zu „Getuschel im Saal“ geführt habe und man will auch „großkotzig“ gehört haben. Dann noch die Höchststrafe für den Firmenlenker, die Matriarchin habe ihn düpiert, an ihrem Tisch sei kein Platz für ihn reserviert gewesen. Und irgendwie hat man den Eindruck, der MM-Journalist wisse es, für Geißinger werde (insgeheim zwar) nach einem Nachfolger gesucht. Dessen operativer Erfolg werde zwar anerkannt, doch „Geißingers Kommandostil“ passe nach Überzeugung der Schaefflerin nicht in eine moderne Aktiengesellschaft. So soll er doch tatsächlich typischerweise „in Führungsrunden“ mit dem Befehl „halt’s Maul“ dazwischenfunken. Das hat übrigens Tradition. Aus AR-Kreisen der Conti, die – wen wundert es – namentlich nicht genannt werden möchten, wurde auch mir früher schon ein solcher Vorgang zugewedelt. Da hatte sich – angeblich, angeblich – inmitten einer emotional aufgeheizten AR-Sitzung Frau Schaeffler an ihren Sohn gewandt und ihm mit „sei still“ bestimmt, aber damenhaft Einhalt geboten.
So wie die Schönheit im Auge des Betrachters liegen mag, werden auch Tatsachen von Beobachtern interpretiert. Wie wär’s hiermit: Jeden Tag flattert der Schaeffler-Gruppe nach wie vor eine Rechnung zwischen 1,5 und zwei Millionen Euro für Zinsen ins Haus. Und mit dem Sonnenaufgang am nächsten Tag wird der Briefträger gleich mit einer neuen Rechnung vorstellig. Er macht keinen Tag frei, kommt an jedem Samstag, Sonntag und Feiertag, Ostern, Pfingsten, Weihnachten und Silvester. Die in Kitzbühel mitfeiernden Commerzbank-Verantwortlichen Blessing (CEO) und Müller (AR-Vorsitzender) haben ihr Institut zwar so tief in den Morast geritten, dass es vom Staat aufgefangen werden musste, und sie müssen auch jetzt noch jeden Tag ein kleines Gebet nach oben schicken, Gott der Herr möge doch bitte schön angesichts ihrer Milliarden-Ausleihungen an Schaeffler die Ertragskraft der Gruppe unangetastet lassen, das ist dann schon alles. Sie müssen nicht per Heli einschweben, sie haben Zeit, können sich den Allerwertesten in Kitzbühel breitsitzen, das Leben ist schön. Und damit es schön bleibt, muss Geißinger für Erfolge sorgen. Der Mann weiß: Erst die Arbeit und dann das Vergnügen. Aber düpiert muss er sich dann doch fühlen? Wenigstens das? Man mag sich gar nicht vorstellen, dass die gesamte Führungsmannschaft gemeinsam an einem Tisch Platz genommen und ihre Gäste sich selbst überlassen hätte? So düpiert man doch wenigstens formvollendet, oder? Der werfe dann bitte den ersten Stein, der selbst an seinem Geburtstag vorzugsweise an Chef oder Chefin oder die engsten Mitarbeiter denken kann.
Last, but not least: Einfach mal die Klappe halten. Welch freundliche Bitte. Von wegen Kommandostil. Geißinger heißt weder Ronald noch ist er Minister. Und so gesittet geht es in DAX-Gesellschaften ja nun nicht gerade zu. Da beschreibt schon mal der CEO einen Aufsichtsrat geradlinig als „Arschloch“, ein angelsächsisch angehauchter Vorstand ein anderes Member of the Board schlicht und ergreifend, aber jedenfalls stilvoll, als „pompous ass“. Insgeheim jedenfalls. So insgeheim wie die Schaefflers angeblich einen Geißinger-Nachfolger suchen.
Ich kenne die Mitglieder der Schaeffler-Familie mitsamt Firmenchef Geißinger auch nur von Bildern und Veröffentlichungen unterschiedlichster Art. Aber irgendwie ist mir ein „großkotziger“ CEO, der Schwadroneuren deutlich zu verstehen gibt, die schlauen Erkenntnisse für sich zu behalten, gar nicht so unsympathisch. Vielleicht kann aber ein Darling of the Press, der nichts weiß und nichts kann, dafür aber für alles Verständnis hat, ebenso dafür sorgen, dass es „bei Schaeffler wieder Geld regnet“ – wie es die Süddeutsche vor Monaten beschrieb.
Ach ja, noch einmal die Rangliste: Allein im Oktober 2011 ist der Wert der von Schaeffler gehaltenen Conti-Aktien um fast 1,5 Milliarden Euro nach oben gegangen, bleibt aber dennoch noch sehr weit hinter dem Höchststand des Jahres. Nicht schlecht für zwölf Tage Aussitzen. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de
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