Pirelli übernimmt ehemalige Amtel-Fabrik in Russland von Sibur
Nachdem sich Pirelli, sein russischer Joint-Venture-Partner Russian Technologies State Corp. und die Sibur Holding bereits im vergangenen November grundsätzlich einig wurden über den Transfer von Produktionsanlagen, haben die Beteiligten Unternehmen jetzt erste konkrete Ergebnisse präsentiert. Demnach soll das Reifenwerk im russischen Kirov bis November dieses Jahres an Pirelli und seinen russischen Partner übergehen. Das Werk wird derzeit durch den Reifenhersteller Sibur-Russian Tyres – Tochter der Sibur Holding – mit einer Jahreskapazität von sieben Millionen Pkw-Reifen betrieben wird und gehörte ursprünglich zum jetzt insolventen russischen Reifenhersteller Amtel. Weitere Produktionskapazitäten sollen bis 2014 folgen und den Partnern eine Jahresproduktion von rund 14 Millionen Reifen ermöglichen. Welche Fabrik bzw. Fabriken dies sein könnten, ist aktuell nicht bekannt.
Durch die Übernahme der Kirov-Fabrik wird Pirelli folglich noch in diesem Jahr zweitgrößter ausländischer Reifenhersteller in Russland nach Nokian Tyres, aber vor Michelin. Die Continental wird noch im Laufe dieses Jahres mit Bauarbeiten zu einem eigenen Pkw-Reifenwerk in Russland beginnen und ist über ein Joint Venture – ebenfalls mit Sibur-Russian Tyres – an einem Reifenwerk in Sibiren beteiligt (Omskshina). Und Yokohama will noch im Laufe dieses Jahres seine erste eigene Pkw-Reifenfabrik in Russland in Betrieb nehmen.
Die Übernahme des als modern geltenden Reifenwerkes in Kirov wird die Partner zusammen 222 Millionen Euro kosten, wovon Pirelli entsprechend seiner Anteile am Joint Venture die Hälfte tragen wird. In diesem Jahr wird eine erste Zahlung in Höhe von 55 Millionen Euro fällig, die zweite Zahlung über 167 Millionen Euro soll dann im nächsten Jahr folgen. Um das Kirov-Pkw-Reifenwerk auf Pirelli-Standard zu bringen, wollen die Italiener zusammen mit ihren Partnern von Russian Technologies State Corp. zwischen 2012 und 2014 weitere rund 200 Millionen Euro in den Standort investieren. Diese Investitionen dienen gleichzeitig der Kapazitätserweiterung.
Wie es in einer Mitteilung von Pirelli weiter heißt, soll maximal jeder zweite in Kirov produzierte Reifen ein Pirelli-Reifen sein, wobei man sich insbesondere auf bespikebare Winterreifen für den russischen Ersatzmarkt konzentrieren wolle. Man rechnet damit, dass das Kirov-Joint-Venture kurzfristig einen Marktanteil in Russland von rund 20 Prozent erreichen könnte. Nach der Start-up-Phase soll das Werk ab 2013 zweistellige Margen bringen, schätzt man in der Pirelli-Zentrale in Mailand. Während man im kommenden Jahr mit einem Umsatz in Höhe von 300 Millionen Euro rechnet, soll dies in 2014 bereits eine halbe Milliarde Euro sein. In diesem Zeitraum hat Pirelli durch eine Put-und-Call-Option im Übrigen die Möglichkeit, den Anteil am Joint Venture von aktuell 50 auf 75 Prozent zu steigern. Für das kommende Jahr prognostizieren Marktbeobachter Gesamtumsätze auf dem russischen Reifenmarkt in Höhe von über 1,8 Milliarden Euro (2011: 1,5 Milliarden Euro).
Neben dem Pkw-Reifen-Joint-Venture, für das Pirelli und Russian Technologies State Corp. jetzt also ein operatives Geschäft aufbauen, wolle man weiterhin entsprechend den Plänen aus dem „Memorandum of Understanding“ vom vergangenen November an der Gründung eines zweiten Joint Ventures festhalten. Dafür, so heißt es in der Mitteilung weiter, werde der „Prozess fortgesetzt“, weitere Sibur-Fabriken für ein entsprechendes operatives Geschäft „zu identifizieren“.
Zu den Plänen der beiden Joint-Venture-Partner, im russischen Togliatti eine Produktionsstätte für Reifen und Stahlcord aufzubauen, ändert sich offenbar nichts. Pirelli und Russian Technologies State Corp. planen dort seit 2008 bereits eine Fabrik, die aber aufgrund der Marktsituation bisher noch nicht gebaut werden konnte. Nachdem man dort zunächst die Produktion von Pkw- und Lkw-Reifen sowie von Stahlcord geplant hatte, haben die aktuellen Verhandlungen mit der Sibur Holding diese Pläne überholt. Im vergangenen November berichteten Pirelli und sein russischer Partner indes von Plänen zum Bau einer Fabrik in Togliatti, in der neben Stahlcord ausschließlich große EM-Reifen gefertigt werden sollen, sogenannte „Giant Tyres“. ab
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