ICW: Newcomer mit ganz viel Erfahrung
Sie sind allesamt erfahren im Umrüstmarkt von Aluminiumfelgen, die neun Mitarbeiter des Teams der ICW GmbH (das Kürzel steht für International Complete Wheels) im sauerländischen Attendorn. Geschäftsführer sind Christoph Hoffmann (49) und Jörg Schütz (54), schließlich gesellt sich auch Rüdiger Höffken (63) hinzu, der als Designberater fungiert und „einen Teilzeitjob“ ausübt, auch weil er seinen Lebensmittelpunkt ein wenig hin in Richtung einer Nordseeinsel verschoben hat. „Rüdiger ist auch unser Räderpolitiker“, scherzt Schütz und nimmt doch damit schon vorweg, was sich im späteren Gesprächsverlauf herauskristallisiert: Im kreativen Bereich des Aluminiumrades will Höffken immer noch Akzente setzen, wie er das in mehr als zwanzig Jahren mit der Firma RH Alurad, die vor zwei Jahren hatte Insolvenz anmelden müssen, bewiesen hat. Er „male“ seine Ideen, andere im Unternehmen setzen sie um.
Man kennt das ICW-Dreigestirn ebenso von der „alten RH“ wie die übrigen Mitarbeiter des noch so jungen Aluradanbieters mit Blick auf das erste am 15. März 2010 herausgeschickte Räderangebot. Aber so jung ist ICW genau genommen eigentlich nicht, denn das Unternehmen ist hervorgegangen aus der vor Jahren zur RH-Gruppe gehörenden Firma Fintec und in den 90er-Jahren in International Complete Wheels umbenannt worden: Gesellschafter Christoph Hoffmann hatte bereits damals die Geschäfte geführt. Der vollständige Name International Complete Wheels mag auf einen damals anvisierten Schwerpunkt Komplettradaktivitäten hindeuten, heute spielt das im Geschäftsmodell der ICW eine untergeordnete Rolle.
Man nehme Wünsche diesbezüglich entgegen und sei entsprechend ausgerüstet. Die derzeit vier Mitarbeiter im Montagebereich (zwei fest, zwei fürs Wintergeschäft zeitlich befristet eingestellt) können solche Räder fertigstellen und aussenden, aber das Komplettradgeschäft, für das man die Reifen zu Marktpreisen bei einem Internetanbieter bezieht, wird nicht als Kerngeschäft begriffen und daher auch nicht forciert. Vielmehr will ICW seine Marktposition im Bereich exklusiver, „emotionaler“ Aluräder und auch in Marktnischen suchen. Auch hier ist Höffkens Handschrift nicht zu leugnen: Der ganze Auftritt, vom Hochglanzkatalog bis zur bestens ausgestatteten Werkstatt im Bereich des Lagers, strahlt eine hochwertige Anmutung aus.
14 Radfamilien mit mehr als 50 Größen/Ausführungen hat ICW in seiner jungen Geschichte bereits aus dem Boden gestampft. Am Attendorner Sitz des Unternehmens – ein zweites Lager ist einige Kilometer entfernt gelegen – finden sich unter den fürs Wintergeschäft bevorrateten ca. 45.000 Einheiten aber nicht nur die aus den „gemalten“ Ideen Höffkens hervorgegangenen modernen Designs, sondern auch noch einige Altlasten: RH-Designs früherer Tage, die von der RH Alurad Suisse gekauft worden waren, um zum Start nicht mit leeren Händen dazustehen, mittlerweile aber nur noch sehr zäh abfließen. „Räder sind Mode“, ist eine altbekannte Höffken-Aussage, und Mode ist vergänglich, manchmal recht schnell. Für den Unternehmensstart waren diese „Oldies“ dennoch ein Glücksfall, inzwischen aber müssen die Neukreationen für Liquidität und Stabilisierung des Anbieters sorgen.
2009 war das Aufbau-, 2010 ist das ICW-Einführungsjahr, erklärt Schütz, der im Unternehmen nicht nur der „Finanzer“ ist, sondern der „Mann für alles“. Schließlich hat er selbst in der Produktion (in Ladenburg und bei RH Alurad in Polen) lange Zeit Erfahrung sammeln können, in diesem Herbst hat er seinen Erfahrungsschatz um zahlreiche Termine bei möglichen Vermarktern ergänzen können, denen er das Programm vorgestellt hat. Im Rahmen der Aufgabenteilung gibt es mit Christoph Hoffmann im Bereich Vertrieb durchaus Überschneidungen, aufgrund seiner Vorgeschichte liegt die Verantwortung für EDV, TÜV und automobile Technik bei Hoffmann. „Wir sind als Unternehmen zu klein, um das alles strikt zu trennen“, ergänzt Schütz bescheiden. Nach dem eigentlichen Feierabend und sogar im Tagesverlauf nehme man auch schon mal die Krawatte ab und helfe im Lager aus, um ja alle Bestellungen pünktlich zu erfüllen.
So um die 50.000 bis 70.000 Einheiten sehen die ICW-Macher für das Jahr 2011 als eine weder übersteigert euphorische noch pessimistische, sondern realistische Zielsetzung, auf das noch aufzubauende Exportgeschäft soll davon etwa ein knappes Drittel entfallen. Aktuell werden diese Räder bei vier chinesischen Produzenten hergestellt – unter den gestrengen Augen eines TÜV-Verantwortlichen, der auch schon für einen Räderanbieter hierzulande gearbeitet hat. Man habe unter den besten Produzenten in China eine Auswahl getroffen, sagt Schütz, der sich gleichwohl in Kürze aufmachen will, um noch andere potenzielle fernöstliche Hersteller – bevorzugt wie in China mit Erstausrüstungsansprüchen – zu inspizieren.
Die Sorge, die einige Anbieter von China-Ware umtreibt – nämlich die Strafzölle wegen Dumpings –, teilen die ICW-Verantwortlichen nur partiell. Denn mit Billiganbietern wolle man nicht in einen Topf geworfen werden, sehe sich vielmehr übers ganze Sortiment als „mittelpreisig positioniert“. Der Frage, ob man nicht angesichts der Ansprüche und dort, wo die angestrebten Alleinstellungsmerkmale erreicht werden, auch mal im oberen Preissegment wildern wolle, wird nicht widersprochen.
Vielmehr ist an diesem Punkt der „Designberater“ Höffken in seinem Element: Erstens beginne man erst bei 16 Zoll und entziehe sich dem Preisgeschacher kleindimensionierter Räder, zweitens höre man nicht bei 9×20 Zoll auf, sondern wolle auch 10×20, 11×20 oder 12×20 Zoll anbieten, um auch den unterschiedlichen Ansprüchen für Vorder- und Hinterachse gerecht zu werden. Das Programm, das im Übrigen bis 23 Zoll reicht und alle im Markt nachgefragten Oberflächen beinhaltet, wird dominiert von „Klassikern“ wie Kreuz-, Fünf- oder Zwillingsspeiche. Innerhalb dieser Radlinien gibt es genügend Möglichkeiten, sich zu vom Wettbewerb zu differenzieren: Neben den Größen können dies besondere Einpresstiefen oder Anwendungen sein, bei denen die Wettbewerber passen müssen. Danach fahndet Höffken akribisch und hat noch Ideen in Hülle und Fülle. Alle Räder seien auf eine besonders hohe Festigkeit vom TÜV Wuxi getestet, hierzulande setzt man überwiegend auf eine Zusammenarbeit mit dem TÜV Pfalz.
Vor dem Attendorner Gebäude flattert auch eine Fahne mit dem Aufdruck „Starwheel“, im Besprechungsraum findet sich darüber hinaus eine Nabenkappe mit entsprechender Beschriftung. Eine zweite Marke ist dies freilich nicht oder zumindest noch nicht, vielmehr eine eigene ICW-Designlinie, mit der man auch mal etwas „Verrücktes“ ausprobieren oder einen eher kurzfristigen modischen Akzent setzen will: Im aktuellen Programm werden diese Rädertypen unter „SW1“ und „SW2“ geführt und entsprechen durchaus dem ICW-Anspruch, sich eher auf „Klein-Klein“ als auf Palettengeschäfte zu fokussieren. Schütz: „Nicht nur der Markt an sich hat sich in den letzten Jahren gravierend gewandelt, auch die Verbraucher sind anspruchsvoller geworden. Wer mit hochwertiger Limousine auf einen Parkplatz fährt, der will nicht das gleiche Raddesign auf einem Golf sehen, das er auf seinem Fahrzeug montiert hat.“
ICW möchte individuelle Lösungen für spezielle Autos entwickeln, man denke „satzweise, nicht in Chargen“, perfektioniere permanent das Adaptersystem zur Radanbindung (herstellen lässt ICW „Universalräder“ mit dem Lochkreis 5/112), um möglichst alle denkbaren Lochkreise abdecken zu können, nicht zu vergessen Distanzscheiben. In der sogenannten „Technikwerkstatt“, die bereits heute außergewöhnlich gut ausgestattet ist, sollen in Zukunft in noch größerem Umfang als bisher schon – in enger Kooperation mit dem TÜV – neue Anbaumöglichkeiten für moderne Fahrzeuge umgesetzt werden, damit neben dem sportlichen Autofahrer auch Spezialtuner – eine gezielt ausgesuchte Zielgruppe – ihre „Extreme“ finden können. Der noch in die Lagerhalle integrierte Bereich soll aber nicht nur einfach abgetrennt werden, sondern ein hohes Maß an Professionalität und Hochwertigkeit der automobilen Veredelung ausstrahlen.
Die ICW-Verantwortlichen erklären nicht nur, was sie machen, sondern auch was sie nicht machen: Höffkens Marke RH Alurad stand nicht nur für eher großdimensionierte Räder, sondern auch für Mehrteiler. Üppige Rädergrößen auch bei ICW, mehrteilige Räder aber sind Fehlanzeige. Es sei immer schwieriger geworden, entsprechend benötigte Teile dazuzukaufen oder einen Gießer nur für die Sterne zu finden, die Logistik in geordneten Bahnen zu halten und – last, but not least – es ist schlichtweg ein Angebot geworden, für das kaum noch Verbraucher bereit sind, den entstandenen Aufwand zu bezahlen.
Am Tage des Besuches bei ICW Mitte Oktober standen Telefon und Fax im Dauerbetrieb: die Reaktion auf das erste Direktmailing zum Wintergeschäft der saison 2010/2011. Ob als pures Aluminium- oder Komplettrad – man könne und wolle es sich nicht leisten, irgendein vernünftiges Geschäft auszulassen, verschweigt Jörg Schütz zwar einerseits nicht, dass man sich als Newcomer zur Decke strecken muss, andererseits dokumentiert er stellvertretend für das Team den Enthusiasmus, den man braucht, um ICW im Markt zu etablieren. „Man kennt uns noch zu wenig, es gibt noch zu wenig Nachfrage vom Konsumenten.“ Die zu erzeugen wird ein langer, wohl auch steiniger Weg sein angesichts eines von Anbietern übersäten Alurädermarktes, zeigt das Duo Hoffmann/Schütz Bodenhaftung. Auf der Essen Motor Show soll mit einem eigenen Stand ein Anfang gemacht werden, um ICW nicht nur im Bewusstsein von Vermarktern zu verankern, sondern auch Nachfragedruck aus dem Markt zu erzeugen. detlef.vogt@reifenpresse.de
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