Continental stärkt Runderneuerung und Flottengeschäft gegenseitig
Die strategische Neuausrichtung, die die Continental vor einem Dreivierteljahr im Runderneuerungs- und Flottengeschäft vorgenommen hat, gilt den Verantwortlichen in Hannover als wichtiger Schritt, die Integration der Runderneuerung in das Neureifengeschäft voranzubringen. Mit der personellen Um- und Neubesetzung, nachdem Eckhard Wilanek zum Ende September 2009 in Ruhestand ging, habe man keine Abtrennung der Runderneuerung vornehmen wollen, erläutert Christian Sass. „Im Gegenteil: Wir wollen hier ganz gezielt einen Fokus setzen“, so der neue Direktor fürs „Retread Business“ der Continental im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG.
Seit einigen Jahren kümmern sich die großen Neureifenhersteller immer intensiver um ihr Runderneuerungsgeschäft und versuchen, dies als Teil ihres Neureifengeschäftes über verschiedene Absatzkonzepte zu etablieren und legen mit eben dieser Einbindung auch den Grundstein für den Erfolg dieser Konzepte. Je intensiver sich ein Hersteller um die Integration eines Runderneuerungsangebotes kümmert, um so näher kommen dessen Produkte auch dem Anspruch der anvisierten Kunden im Flottengeschäft. Prozesse werden neu strukturiert, Produkte – neu wie runderneuert – werden optimiert und die Zusammenarbeit mit verlässlichen Partnern wird intensiviert.
Heute, am Ende des ‚Krisenjahres 2009’, ziehen die Verantwortlichen in Hannover ein positives Zwischenfazit der geleisteten Arbeit. Trotz widriger Begleitumstände im vergangenen Jahr sei es der Continental gelungen, mit ihrem Angebot der ContiRe-Heißrunderneuerung am Markt zu punkten und deutlich Marktanteile hinzuzugewinnen, erläutert Christian Sass. Der 41-jährige Manager leitet seit vergangenem Herbst den Bereich Runderneuerung in der Sparte Nutzfahrzeugreifen, nachdem Eckhard Wilanek, der in Personalunion Direktor für den Geschäftsbereich „Fleet & Retread Business“ war, in Ruhestand ging. Für das Flottengeschäft ist nun Dr. Michael Korpiun zuständig.
Die Continental nimmt für sich in Anspruch, seither einen Marktanteil von „um die fünf Prozent“ auf dem deutschen Heißrunderneuerungsmarkt zu bedienen – Tendenz, wie gesagt, steigend. Dabei muss immer wieder erwähnt werden, dass die begleitenden Umstände am Gesamtmarkt im vergangenen Jahr nicht gerade die Besten waren. Während bei Neureifen ein Rückgang von 16 bis 20 Prozent zu verzeichnen war, zeigte sich der Markt für Runderneuerungen zwar „etwas krisenfester“, meint Sass. Der Markt lag aber dennoch mit bis zu acht bis zehn Prozent im Minus.
In diesen Verschiebungen kommen wie immer verschiedene Trends und Entwicklungen zum Ausdruck. Eine der wesentlichen Ursachen, die Continentals Bedeutung auf dem Runderneuerungsmarkt in Europa immer weiter vorantreibt, sei etwa das „ContiLifeCycle“-Konzept. Der Ansatz dieses Konzeptes, dieses Kalkulationsmodells, ist es, den Flottenbetreiber weg von einer einseitigen Betrachtung seiner Reifeneinstandskosten hin in Richtung einer Gesamtbetrachtung seiner Reifenkosten zu bringen. Und da im Mittelpunkt des ContiLifeCycle-Konzeptes der Neureifen, das Karkassenmanagement und eben der heißrunderneuerte ContiRe-Reifen stehen, „bieten wir ein günstigeres Gesamtangebot für den Spediteur“, erläutert Sass anhand des Kalkulationsmodells. „Wir wollen uns als führender Lösungsanbieter etablieren“, ergänzt er, und ContiLifeCycle sei das Mittel dazu.
Seien Kunden erst einmal davon überzeugt, dass die Mitnutzung von runderneuerten Reifen als Ergänzung zu Neureifen nicht nur ein sinnvoller Beitrag zum Umweltschutz und zur Ökobilanz eines Unternehmens ist, sondern dass sich dadurch auch die Kilometerkosten reduzieren lassen, und das mit Premiumprodukten, ist der wichtigste Schritt bei der Akquise eines Neukunden geschafft.
Seit Einführung dieses Konzeptes vor rund vier Jahren habe sich der Anteil der ContiRe-Reifen, die im Rahmen von entsprechenden Flottenverträgen (auch unter dem Dach des völlig neu konzipierten Leistungsangebots „Conti360° Fleet Services“) vermarktet werden, an den insgesamt abgesetzten Lkw-Neureifen deutlich nach oben entwickelt und soll in den kommenden fünf Jahren europaweit sogar verdreifacht werden, so der Plan. Parallel zu dieser Entwicklung würde sich auch das Geschäft mit den ContiRe-Heißrunderneuerten entwickeln, die von Reifen Ihle (Günzburg) und Bandvulc in Großbritannien für den deutschen Reifenhersteller gefertigt werden.
Insgesamt habe sich in den vergangenen Jahren der „Glaube an die Runderneuerung in Europa und in Deutschland“ verändert, konstatiert der Continental-Manager. Während die Produkte der Runderneuerer früher gerne vom Nimbus der Minderwertigkeit umgeben waren, habe die ECE-Regelung 109 sowie das verstärkte Engagement der Neureifenindustrie am Geschäft mit runderneuerten Reifen deutlich die Professionalität sowie das Ansehen der Branche und ihrer Produkte gesteigert, auch wenn überkommene Vorbehalte zum Teil fortbestehen. „Der Kreis der Nutzer runderneuerter Reifen wird immer größer und größer“, stellt Christian Sass folglich fest und sagt: „Wir wollen die positive Grundüberzeugung im Markt weiter schärfen.“ Dazu beitragen sollen eben auch die Lösungen, die die Continental ihren Kunden anbietet und die weit über das eigentliche Produkt Reifen hinausgehen.
Ein weiterer wesentlicher Grund, der die Entwicklung von Continentals Marktstellung bei runderneuerten Reifen in der jüngsten Vergangenheit vorangetrieben hat, ist die offenbare Schwäche der chinesischen Reifenmarken auf dem europäischen Markt. Nun sieht sich die Continental nicht im direkten Wettbewerb mit Fernostmarken, nicht bei Runderneuerten und schon gar nicht bei Neureifen. Dennoch mag der eine oder andere Preiskäufer eher von einem günstigen chinesischen Neureifen auf ein vergleichsweise günstiges Runderneuerungsangebot in Verbindung mit dem ContiLifeCycle-Konzept wechseln als zu Neureifen einer Premiummarke.
Der Anteil der Fernostmarken am Gesamtmarkt ist während des ‚Krisenjahres 2009’ deutlich rückläufig gewesen und brach vermutlich um wenigstens ein Drittel ein. Dies lag einerseits natürlich daran, dass immer weniger Händler hierzulande in Krisenzeiten die Lust verspürten, containerweise Reifen aus China zu ordern und diese vorzufinanzieren. Andererseits liege dies aber wohl auch an der sich immer mehr verbreitenden Einsicht, dass ein Flottenbetreiber mit einem niedrigen Einstiegspreis für Reifen nur selten etwas gewinnen kann. Getreu der Erkenntnis ‚Man kann sich auch zu Tode sparen’ und eingedenk der mitunter zweifelhaften Qualität, haben importierte Lkw-Reifen aus Fernost jüngst deutlich an Bedeutung auf den europäischen Märkten verloren. Es breite sich eben schrittweise ein neues Qualitätsdenken am Markt aus, wovon auch runderneuerte Reifen aus dem Hause Continental profitieren.
Ein anderer Grund, den Christian Sass für die wachsende Bedeutung der Continental-Runderneuerung am Gesamtmarkt erkennt, ist auch der Aufbau eines eigenen Angebotes im Bereich Kaltlaufstreifen. Mit der ContiTread-Produktpalette, die derweil weltweit von Marangoni gefertigt und vermarktet wird, sei es Sass zufolge gelungen, ein „hochwertiges Komplementärangebot“ zur Heißrunderneuerung zu schaffen.
Um Kunden Alternativen zu bieten, muss das Produktportfolio auf dem neuesten Stand sein. So soll ab dem dritten Quartal auch die ContiRe-Version des neuen, 2008 eingeführten Continental-Lkw-Reifens HDR 2 Schritt für Schritt verfügbar sein, der ausschließlich auch auf der HDR-2-Karkasse gefertigt werden soll; ein neues Produkt auf einer Karkasse der ersten Generation werde man nicht anbieten. Wie Christian Sass weiter ankündigt, wolle man darüber hinaus das Angebot an ContiRe-Runderneuerungen noch weiter ausbauen und sich dabei auch auf Reifen in 19.5 und 17.5 Zoll konzentrieren. arno.borchers@reifenpresse.de
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