Autoabsatz in den Schwellenländern versechsfacht sich bis 2018

„Ungeachtet der beispiellosen Absatzkrise und allgemein düsteren Prognosen steht die Automobilindustrie vor ihrer größten Wachstumsphase bislang“, so die internationale Strategieberatung Booz & Company. Begründet wird diese Sicht der Dinge mit einem ansteigenden Pro-Kopf-Einkommen in den Schwellenländern und bedeutend günstigeren sowie präziser auf Mobilitätsprobleme zugeschnittenen Fahrzeugtypen, die eine Versechsfachung des dortigen Automobilverkaufs bis zum Jahre 2018 nach sich ziehe. Mit einer Wachstumsrate von 14,7 Prozent entwickelt sich Indiens Automarkt bis 2013 demzufolge am rasantesten. Darüber hinaus wird prognostiziert, dass die Zahl der Fahrzeuge, die sich im Verkehr befinden, weltweit von 672 Millionen (2008) über 1,1 Milliarde (2013) bis auf 1,5 Milliarden (2018) steigen wird. Insofern rechnet man mit dem Verkauf von 370 Millionen zusätzlichen Neuwagen bis 2013, und bis 2018 sollen es sogar 715 Millionen zusätzliche Neuwagen sein.

„Europäische Automobilhersteller wie Daimler, Renault und Volkswagen reagieren bereits mit neuen Fahrzeugmodellen, die speziell für diese Märkte konzipiert sind, auf diese Nachfrage“, weiß Booz & Company zu berichten. Denn innerhalb der nächsten zehn Jahre würden Millionen Familien ihr erstes Automobil in den sogenannten „Rapidly Emerging Markets“ (REEs) erwerben, worunter die Studienautoren sowohl die klassischen BRIC-Staaten (Brasilien, Russland, Indien und China) als auch aufstrebende Schwellenländer wie etwa Malaysia, Mexiko oder Indonesien subsumieren. Schon im vergangenen Jahr habe China die USA als führenden Automobilmarkt abgelöst, wird zu bedenken gegeben. Laut der Strategieberatung kommen in der Volksrepublik derzeit 18 Autos auf 1.000 Haushalte, bis 2013 wird hier eine um 8,3 Prozent wachsende Absatzquote vorgesagt.

„Die Schwellenländer erleben einen enormen Kaufkraftanstieg, der weiter zunehmen wird“, erklärt Ron Haddock, Automotive-Experte und Partner bei Booz & Company. „Die BRIC-Staaten gelangen zunehmend in den Bereich der individuellen Mobilitätsschwelle von 10.000 US-Dollar. Dieses birgt für Automobilhersteller ein immenses Marktpotenzial“, glaubt er. Doch auch die im Vergleich zu den REEs langsam wachsenden Volkswirtschaften sollen sich voraussichtlich bis 2020 zu Automobilabsatzmärkten entwickeln. In aktuell noch eher verkehrsarmen Städten würden günstige Autos, die auf die dortige Infrastruktur zugeschnitten sind, für große Nachfrage sorgen, so die Vision. „Obgleich die Verkaufszahlen in den USA, Japan und Europa auch noch in den nächsten Jahren rückläufig sein werden, ist eine Erholung, besonders aufgrund von Staatshilfen, nur eine Frage der Zeit“, sieht man allerdings auch bei den etablierten Märkten einen Silberstreif am Horizont. Geschätzt wird, dass sich angesichts dessen das durchschnittliche Marktwachstum bei ein bis zwei Prozent einpendeln wird – wahrscheinlich am nachhaltigsten in den USA, wie es heißt.

Neben den neuen Konsumenten soll vor allem mehr Wettbewerb für sinkende Preise und damit für steigenden Absatz sorgen. Automobilhersteller aus Asien wie Maruti Suzuki India Ltd., Tata und Hyundai produzierten schon jetzt kostengünstige Kleinwagen, wie den Tata Nano, speziell für die Märkte in Afrika, Asien und Südamerika. „Viele Hersteller haben erkannt, dass sich die Konsumentennachfrage derzeit massiv verändert. Die Zukunft gehört solchen Playern, die schon heute kostengünstigere Produkte entwickeln, lokale Mobilitätsprobleme reflektieren und gleichzeitig Alternativen zu benzinbetriebenen Motoren anbieten“, sagt Haddock unter Verweis darauf, dass schon heute Länder wie China beispielsweise in intermodale Transportsysteme investieren. Diese ermöglichten es Reisenden, zwischen unterschiedlichen Transportmöglichkeiten zu wählen, sodass Pendler etwa mit dem Zug in die Stadt fahren, um dann von dort aus ein öffentliches Elektroauto zu ihrem Arbeitsplatz zu nehmen, das anschließend von Dritten weiterbenutzt werden kann.

Strategien, die in der Rezession lediglich auf Schadensbegrenzung abzielen, könnten Automobilunternehmen zum Verhängnis werden, so die bei der Strategieberatung vorherrschende Meinung. Entsprechend habe eine Reihe von europäischen Unternehmen ihre Produktion bereits auf die neuen Märkte ausgerichtet, wobei in diesem Zusammenhang ein „Elektroauto für urbane Konsumenten“ (mit Hybridantrieb für das Umland und Dieselantrieb für ländliche, bevölkerungsarme Gebiete) erwähnt wird, an dem bei Daimler gearbeitet werde. Und auch die Renault-Tochter Dacia habe mit ihrem Logan, der speziell für schwer befahrbare Straßen konstruiert sei, sehr erfolgreich auf die Nachfrage in den Schwellenländern reagiert. „Nicht alle Automobilhersteller werden die aktuelle Wirtschaftskrise gleich gut überstehen. Obgleich die Verkaufszahlen aufgrund der Rezession derzeit rapide fallen, können Konzerne, die heute konsequent auf Innovationen setzen, morgen mit vielen Millionen neuen Kunden rechnen“, erklärt Haddock.

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