Entscheidung: China-Reifen zerrütten den US-Markt – Was wird in Europa?
Trotz einiger namhafter Gegner vonseiten der Reifenindustrie und des Reifenhandels hat die International Trade Commission (ITC) der Vereinigten Staaten nun befunden, die chinesischen Pkw-Reifenimporte verursachten eine „Marktzerrüttung“, in anderen Worten: die Zerstörung der heimischen Reifenindustrie mit der Schließung von Fabriken und dem Verlust zahlloser Arbeitsplätze. Der Ausschuss stimmte mit 4:2 zugunsten des Antrags der Gewerkschaft USW, die mit ihrer am 20. April eingereichten Petition die Deckelung der Importe chinesischer Reifen forderte. Ob die ITC den Forderungen der Gewerkschaft folgen wird und Präsident Barrack Obama eine entsprechende Einfuhrbeschränkung chinesischer Reifen empfehlen wird, soll innerhalb der kommenden zehn Tage beschlossen werden. Eine Entscheidung durch den Präsidenten sei vor September unwahrscheinlich. In den USA sind die Stimmen derjenigen, die denn Sinn einer Einfuhrbeschränkung für Reifen aus China in Zweifel ziehen, in den vergangenen Wochen immer lauter geworden.
So haben sich die Importeure – allesamt kleine- oder mittelständische amerikanische Unternehmen – zu einer Vereinigung namens „American Coalition for Free Trade in Tires“ (Amerikanische Koalition für den freien Handel mit Reifen) zusammengeschlossen. Diese Koalition betont, dass auch bei ihnen die Jobs tausender Amerikaner in Gefahr seien. Auch der US-Herstellerverband TIA hatte sich noch gestern zu Wort gemeldet und betont, dass eine Importquote nicht die Lösung des Problems sei, sondern nur Nachteile für die amerikanischen Konsumenten bringen würde, denen an günstigen Importreifen gelegen ist.
Eins ist klar: Die US-Hersteller mussten sich in den vergangenen Jahren auf die Herstellung hochwertiger Reifen konzentrieren, um die Produktionskosten daheim überhaupt noch rechtfertigen zu können. Ein ähnliches Phänomen zeigt sich schließlich auch in Europa, wo Standorte mehr und mehr zu „Kompetenzzentren“ ausgebaut werden (müssen), während die Produktion günstiger Massenware nach Osteuropa oder gleich nach Asien verlagert wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Hersteller in den Vereinigten Staaten nach einem Präsidentenbeschluss zur Einführung von Importbeschränkungen wieder mit der Herstellung günstiger und margenschwacher Massenware – etwa Eigenmarken – beginnen werden, wird von niemanden als besonders hoch eingeschätzt.
Für den Fall, dass Barrack Obama einer entsprechenden Entscheidung seiner Handelskommission folgen sollte und die Importe chinesischer Reifen von aktuell 46 Millionen Reifen (2008) im Wert von 1,7 Milliarden Dollar auf dann 21 Millionen Einheiten pro Jahr beschränken, muss man sich in Europa die Frage stellen: Wo werden die chinesischen Hersteller stattdessen ihre Reifen anbieten. Die einfache Antwort kann nur lauten: In Europa. Es stünde dann zu befürchten, dass sich – wie nach der Auferlegung von Strafzöllen durch die USA gegen EM-Reifen aus China vor anderthalb Jahren – die Warenströme in Richtung Europa verschieben und hier die Preise auf dem Markt – jetzt bei Pkw-Reifen – noch weiter unter Druck geraten.
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