BBS ein Jahr danach: Zum Geburtstag kommen Fakten auf den Tisch
„Politiker bekommen hundert Tage, Käufer eines Unternehmens ein Jahr. Dann wird Bilanz gezogen“, so Wald Westerlinck, Geschäftsführer von BBS International. „Am Start erkennt man nur selten den Sieger und die Schlussfolgerungen sind zu diesem Zeitpunkt naturgemäß verfrüht, aber gezogen werden sie dennoch gerne“, ergänzt Finanzleiter Markus Tränkle. Entsprechend meldet sich auch die neue BBS International pünktlich zum 1. Jahrestag zum Rapport. Der belgische Industrieinvestor Punch International hatte das Unternehmen zum 6. August 2007 erworben. „Ab da tickte die Stoppuhr“, erinnert sich Tränkle. „Das rasante Tempo, das die Belgier vorlegten, hatten sie offenbar von der Rennstrecke, der eigentlichen Heimat von BBS.“
Das Eigenkapital wurde noch 2007 von 25.000 Euro auf fünf Millionen Euro erhöht. BBS tätigte in den vergangenen zwölf Monaten Investitionen in Sachanlagen von über elf Millionen Euro, davon etwa 2,7 Millionen für Herbolzheim und 8,3 Millionen für Schiltach. Von den Leasinggesellschaften zurückgekauft wurden dabei Einrichtungen für 7,4 Millionen Euro, die Neuanschaffungen beliefen sich auf 3,6 Millionen Euro. Zu den Anlagegütern gehören unter anderem zwei Bearbeitungszentren, eine Lackieranlage, vier Gießmaschinen, ein Drückzentrum, eine Wärmebehandlungsanlage, ein Schmelz- und ein Späneofen, zwei Drehzentren, ein 5-Achsen-Vertikal-Bearbeitungszentrum und eine Laserbeschriftungszelle.
Ferner wurde die Unternehmensplanungssoftware für rund eine Million Euro auf SAP umgestellt. Hinzu kamen noch Marketinginvestitionen von über 1,2 Millionen Euro für Messeauftritte, neue Internetseiten, einen aktualisierten Katalog sowie frisch aufgesetzte Sponsorenverträge im Motorsport. Jüngst hat BBS auch noch zwei Werke von Hayes-Lemmerz, einem der größten Räderhersteller der Welt, gekauft. Für eines davon – Hoboken – wurde kurz darauf die Schließung verkündet. Es liegt ausgerechnet in Belgien, direkt vor der Haustür der BBS-Muttergesellschaft. Für das von Hayes-Lemmerz übernommene US-Werk hatte schon der Alteigentümer die Schließung eingeleitet.
Der Cashflow von BBS, also die Differenz von laufenden Einnahmen minus laufenden Ausgaben, war von Anfang an positiv. „Angesichts der erheblichen Restrukturierungsmaßnahmen und negativen Einmaleffekte nach dem Eigentümerwechsel ist das gewiss keine Selbstverständlichkeit“, bemerkt Westerlinck. Weitere Investitionen wie zum Beispiel eine Abstreckanlage für 1,2 Millionen Euro stehen bereits fest im Plan von BBS. Rechtzeitig zur weltweit einsetzenden wirtschaftlichen Ernüchterung hat sich Punch International von sämtlichen Schulden befreit. „Wer kann das in diesen Tagen schon von sich sagen?“ fragt Westerlinck.
Neben den Kapitalkosten senkt die neue BBS auch die Energiekosten. Aktuell wird ein Projekt gestartet, das den Energieverbrauch bei der Radherstellung um zehn Prozent verringern soll. Anscheinend werde auch ansonsten „an den richtigen Stellen optimiert“, so Tränkle: Im zweiten Quartal 2008 wurde im Vergleich zum Vorjahreszeitraum der Produktionsausschuss um 36 Prozent und der Nacharbeitsaufwand um 41 Prozent reduziert. Diese Qualitätszahlen werden von den Kunden mittlerweile auch mit deutlich verbesserten Lieferantenratings honoriert.
In jüngster Zeit haben AMG, Daimler und Porsche Verträge mit BBS abgeschlossen. Vom Sommer 2008 bis Sommer 2009 werden 400.000 Räder zusätzlich in Schiltach und Herbolzheim gefertigt. Die Hälfte davon für Mercedes. In der Erstausrüstung von Ferrari-Serienfahrzeugen ist BBS „bevorzugter Lieferant“ geworden.
Zu der allgemeinen Aufbruchstimmung passen auch die Erfolge auf der Rennstrecke. Alle zehn Siegerautos beim diesjährigen 24-Stunden-Rennen am Nürburgring fuhren auf BBS-Rädern. „Auch eine Art, Unternehmenswerte zu schaffen“, schmunzelt Westerlinck. „Der alte Markenkern hat offenbar nichts von seiner Kraft verloren. Sowohl die Leser der Zeitschrift sport auto als auch die von 4WheelFun haben BBS mit großem Abstand zur besten Marke gewählt. Ein Mythos belebt sich neu.“
Auch für die Arbeitnehmer sei die neue Kultur spürbar. Das Verwaltungsgebäude wurde mit großem Aufwand saniert und auf moderne Anforderungen einer Administration ausgerichtet. „Alles schön offen, genau wie wir“, versichert Westerlinck. In den Werkhallen wurden ehemals verrußte Wände weiß gestrichen. Personalleiter Thomas Vietze steuert ebenfalls einige Fakten bei: „Die Unfallzahlen am Arbeitsplatz gingen um 29 Prozent zurück, der Krankenstand um 25 Prozent. Es werden auch wieder Mitarbeiter für Management, Marketing, Projektierung und Qualitätswesen gesucht.“
Den Auszubildenden des laufenden Abschlussjahrganges konnten fast ausnahmslos Arbeitsverträge angeboten werden. Im Herbst werden erneut fünf Azubis eingestellt. „Die Zukunft von BBS hat wieder ein Gesicht. Ihre Ausbildung wird drei Mal länger dauern als die ersten zwölf Monate der jungen Firma“, so Westerlinck. „Sie haben eine faire Chance verdient. Genau wie ihr Ausbildungsbetrieb.“
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