Jetzt ist auch Felgenhersteller ATS insolvent
Ein schwarzer Freitag der 13. für die in Bad Dürkheim ansässige Firma ATS, eines der renommierten deutschen Traditionsunternehmen in der Herstellung von Aluminiumgussfelgen. Die Holding ATS Beteiligungs GmbH musste auf Antrag der beiden Gesellschaften ATS Beteiligungs GmbH und ATS Stahlschmidt & Maiworm GmbH Insolvenz anmelden. Damit erreicht der – von vielen lange erwartete – Konsolidierungsprozess in dieser Teilbranche der Automobilzulieferer noch mehr an Dramatik: Erst vor wenigen Wochen hatte Ronal dem italienischen Zulieferer Mazzucconi dessen schwächelnde Tochtergesellschaft Speedline abgenommen und damit einen weiteren Niedergang eines in der Räderbranche ebenfalls respektierten Namens verhindert. Und vor nur zweieinhalb Wochen hat sich zum Abschluss des Insolvenzverfahrens bei der BBS der belgische Zulieferer Punch International NV ein Engagement in der krisengeschüttelten Erstausrüstung mit Aluminiumrädern zugemutet.
ATS sieht sich als jüngstes Opfer des heftig umkämpften Marktes in der Automobilindustrie und steigender Rohstoffpreise, wird übereinstimmend eine Mitteilung des Unternehmens wiedergegeben. Die Gruppe habe es nicht geschafft, eine Größe zu entwickeln, mit der man den Anforderungen des sehr schwierigen weltweiten Marktes gerecht werden könne. In Europa ist ATS hinter Borbet und Ronal sowie Hayes Lemmerz auf Platz 4. Die Verlagerung von Teilen der Produktion nach Polen war erfolgreich, der Anlauf des eigenen Werkes in Alabama verlief stockend, der des gekauften Werkes im Sommer 2005 in Kentucky muss sich – so die Deutung von Aussagen des Mehrheitsgesellschafters bei ATS, Südafrikas Tiwheel – als mittleres Desaster erwiesen haben. Zudem sei es – heißt es in südafrikanischen Medien – zu Problemen im südafrikanischen Heimatwerk Babelegi gekommen.
In der letzten Woche hat Tiwheel, die 74 Prozent an ATS hält, die Börsenaufsicht in Johannesburg gebeten, den Handel mit Aktien des Räderherstellers auszusetzen. Dieser Zustand hielt auch heute morgen noch an. An Tiwheel ist der südafrikanische Mischkonzern Bidvest mit zwanzig Prozent beteiligt, dem ein Interesse nachgesagt wird, diesen Anteil aufzustocken oder Tiwheel sogar ganz zu übernehmen. Bei der Suche nach potenziellen Kandidaten, die sich für ATS interessieren können, dürften wie bei den Aktionen bei Speedline und BBS die „üblichen Verdächtigen“ in den Fokus geraten. Allen voran die Firma Borbet, die sich nach Informationen aus gewöhnlich gut unterrichteten Kreisen sowohl um Speedline als auch um BBS bemüht hatte, beide Male aber nicht zum Zuge kam. Außerdem hat Firmeneigner Peter Wilhelm Borbet in der Vergangenheit auch schon mal bekundet, die beiden Sauerländer (gemeint war wohl das ATS-Werk Werdohl) und Borbet würden gut zueinander passen. Auch zu nennen der amerikanische Konzern Hayes Lemmerz, der – noch vor wenigen Jahren selbst insolvent – sich etwas erholt hat und deren Spitzenmanager im vertraulichen Gespräch schon mal anklingen lassen, froh zu sein nicht selber Opfer eines anderen Unternehmens geworden zu sein und sich jetzt in der Lage fühlt, im Rahmen der stattfindenden Konsolidierungswelle einen aktiven Part zu spielen.
Es seien erfolglos Gespräche mit Banken und Gesellschaftern geführt worden, erklärte die ATS Beteiligungs GmbH. Von diesen Problemen hatte Tiwheel schon vor Monaten berichtet und war mit schmerzhaften Kursverlusten an der Börse Johannesburg abgestraft worden. Von der Insolvenz seien die anderen Gesellschaften ebenso wenig betroffen wie das Aftermarket-Geschäft. Angaben zu gefährdeten Arbeitsplätzen machte das Unternehmen nicht, wären auch wohl viel zu früh. Wie das Geflecht aus Tiwheel und ATS entwirrt werden kann, wird wohl die schwierige Aufgabe eines Insolvenzverwalters sein. Auf die Fertigungskapazitäten der ATS-Gruppe, die ein starker Lieferant für beispielsweise die Volkswagen-Gruppe, Mercedes und Porsche, aber auch für beispielsweise Peugeot und General Motors ist, können die Automobilhersteller kurz- und wahrscheinlich auch mittelfristig nicht verzichten, so dass ein abruptes Ende des Unternehmens derzeit als wenig wahrscheinlich gilt. Die ATS-Gruppe beschäftigt nach eigenen Angaben bei einem Jahresumsatz von etwa 400 Millionen Euro weltweit mehr als 2.500 Mitarbeiter.
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!