Sibur-Russian Tyres will neue Pkw-Reifenfabrik errichten
Ohne Zweifel hat es der russische Reifenhersteller Sibur-Russian Tyres auf die internationalen Märkte abgesehen. Mit einem Jahresumsatz in Höhe von rund 800 Millionen US-Dollar bei einem Schuldenstand von nur rund 100 Millionen Dollar hat der Hersteller offenbar finanziellen Spielraum und genießt auch gute Kredit-Ratings. Wie bereits berichtet, bemüht sich Sibur-Russian Tyres derzeit intensiv um die erfolgreiche Umstrukturierung des eigenen Produktportfolios sowie der Produktionsstätten. Der nach Amtel zweitgrößte russische Reifenhersteller (gerechnet nach Umsatz 2006) ist insbesondere in den Nutzfahrzeugreifensegmenten – etwa Lkw- oder Landwirtschaftsreifen – überaus stark und will sich künftig noch stärker auf „das hochwertige Reifengeschäft“ konzentrieren. Wie Igor Karavaev, Deputy Director General für Strategy & Business Development, während der Brityrex-Messe in Manchester gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG betont, plane man diesbezüglich nicht nur ein Jointventure gemeinsam mit einem westlichen Mehrheitspartner, sondern – so Karavaev nun – auch die Errichtung einer neuen Reifenfabrik auf der grünen Wiese, in der hochwertige Pkw-Reifen gefertigt werden könnten.
Dass Sibur-Russian Tyres auf der Suche nach einem „strategischen Investor“ ist, wurde von Karavaev bereits Anfang vergangenen Jahres erläutert; auch Alexander Dyukov, Präsident der Sibur-Holding, aus der der Reifenhersteller erst zu Beginn des vergangenen Jahres ausgegliedert wurde, hatte dies im vergangene Herbst noch einmal betont. Auch dass Sibur-Russian Tyres den Part eines Juniorpartners in einer passenden Konstellation einnehmen würde, war bekannt. Nur dass es bei einem möglichen Jointventure um mehr als die bestehenden Fabriken gehe, ist durchaus neu. Gegenwärtig betreibt der Reifenhersteller vier Fabriken in Yaroslavl’ (Yarshina), Omsk (Omskshina), Ekaterinburg (Uralshina) sowie Volzhski (Voltyre-Prom) und hält darüber hinaus zu 50 Prozent an dem Jointventure Matador-Omskshina.
„Wir sind bereit, auch über eine Minderheitspartnerschaft bei einem Greenfield-Jointventure für die Herstellung von Pkw-Reifen zu reden“, so Karavaev. „Und wir sind bereit, die operative Kontrolle und technische Aufsicht herzugeben.“ Es werden zwar keine Namen genannt, nur dass es sich dabei nur um einen etablierten westlichen Partner drehen kann, macht der Hinweis Karavaevs deutlich, man wolle wenigstens „die beste Fabrik der Welt“ bauen. Westlich in diesem Zusammenhang könnte bedeuten: ein Hersteller aus „Japan, Korea oder Europa“. Die Türen für eine entsprechendes Greenfield-Jointventure stünden so lange offen, wie noch nicht alle infrage kommenden Hersteller in Russland mit eigenen Produktionskapazitäten präsent sind. Dies, so der Direktor weiter, sei etwa in China bereits der Fall.
Neben der Bereitstellung finanzieller Mittel, Infrastruktur, Arbeitskräften und geschäftlicher Unterstützung vor Ort sei suche Sibur-Russian Tyres nach einem Partner, der der eigenen Marke „Cordiant“ mit Premium-Know-how einen neuen Schub verleihen könnte. Die Verbesserung der eigenen Technologie spiele eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung des Unternehmens, sich langsam von dem weitest gehend unprofitablen Budget-Segment – in Russland in der Regel als „C-Segment“ bezeichnet – zu lösen, wo Sibur-Russian Tyres seit Jahren die führende Kraft war. Die ersten Ergebnisse dieser Umstrukturierung könne man bereits daran erkennen, dass Sibur-Russian Tyres innerhalb von anderthalb Jahren beim Marktanteil in Russland von 40 auf jetzt 35 Prozent zurück gefallen ist.
Was hingegen die Fertigung von Lkw-Reifen betrifft, so der Deputy Director General für Strategy & Business Development weiter, werde man sich nie auf eine Beteiligung an einem Jointventure beteiligen, bei dem Sibur-Russian Tyres lediglich Juniorpartner wäre; ein 50:50-Jointventure sei das Maximum dessen, was der Hersteller bereit wäre zu akzeptieren. Der Grund dafür sei denkbar einfach: Es ist gerade die Fertigung von Lkw-Stahlgürtelradialreifen, mit der Sibur-Russian Tyres klarer Marktführer in Russland ist. Es gebe mittlerweile sogar immer mehr chinesische Unternehmen, die die entsprechenden Produkte kopierten, so Karavaev. „Lkw-Reifen von Sibur-Russian Tyres haben in Russland einen guten Namen.“ Gerade mit Blick auf die mangelhaften Straßenverhältnisse außerhalb der Städte sei zu erwarten, dass auch während der kommenden zehn bis 15 Jahre Diagonalreifen in Russland eine gewisse Bedeutung haben werden. Die russische Regierung müsste, so der Wunsch des Reifenherstellers, mehr in den Ausbau des Straßennetzes investieren. Auch wenn Karavaev der Nachfrage auf dem heimischen Markt die oberste Priorität einräumt, verlange die Exportabteilung des Reifenherstellers immer lauter nach zunehmenden Produktionskapazitäten, um auch außerhalb Russlands die wachsende Nachfrage nach Lkw-Reifen der Marke TyRex, etc. zu befriedigen. In Europa stünden die Märkte Deutschland und Großbritannien ganz oben auf der Prioritätenliste.
Auch die Möglichkeit eines Börsengangs – obwohl bei früherer Gelegenheit schon als unerlässliche Notwendigkeit präsentiert – wird mittlerweile nur noch als eine mögliche Option angesehen. Gerade die Erfahrungen, die Wettbewerber Amtel-Vredestein mit seinem eigenen Börsengang (London Stock Exchange) gemacht hatte, ließen Sibur-Russian Tyres vorsichtiger an die Angelegenheit herangehen. Einige Investoren hatten den ursprünglichen Ausgabepreis der Amtel-Vredestein-Aktien als deutlich zu hoch empfunden; der Hersteller konnte folglich nicht die erwarteten Einnahmen erzielen und hatte im Nachgang zusätzliche Aktien ausgegeben. Bei Sibur-Russian Tyres gebe es jedenfalls keine unmittelbaren Pläne für einen eigenen Börsengang, obwohl – so Karavaev – dies natürlich nicht ausgeschlossen sei. „Später können wir uns mit einem IPO befassen, wenn auch nicht notwendigerweise. Wir haben schließlich gesehen, was mit anderen Unternehmen passiert ist.“ Ein solcher Schritt stünde jedenfalls nicht vor 2009 auf der Agenda. Bis dahin werde der jährliche Umsatz des Reifenherstellers über eine Milliarde US-Dollar liegen (2006: 818 Mio. Dollar) und man werde verbesserte Produkte liefern, die in noch moderneren Produktionsstätten gefertigt wurden. So oder so, Sibur-Russian Tyres werde auch bei einem Börsengang nie mehr als 49 Prozent des Unternehmens an die Börse bringen.
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