Goodyear Dunlop setzt auf hauseigene Heißerneuerung
Das Selbstverständnis der Goodyear-Dunlop-Gruppe lässt keine besonderen Zweifel aufkommen: Das US-Unternehmen versteht sich als Reifenhersteller und nicht als Materiallieferant. Folglich ist auch das geschäftliche Interesse der deutschen Goodyear Dunlop Tires Germany (GDTG) sowie der anderen Ländergesellschaften in Europa klar formuliert. „Früher sagten wir, wir wollen Neureifen verkaufen; heute wollen wir grundsätzlich Reifen verkaufen – aber bitte profitabel“, beschreibt Dirk Feldhausen die Situation, in der das Thema Runderneuerung mehr und mehr in den Fokus des Reifenherstellers geraten ist. Der Vertriebs- und Marketingleiter Runderneuerung der deutschen Goodyear-Dunlop-Gruppe betont damit aber auch, dass es nicht das Ziel des Unternehmens sei, Material zu vermarkten wie etwa Kraiburg, Bandag und Co. dies tun. Deshalb baut das Unternehmen gegenwärtig auch seine Marktpräsenz als Runderneuerer weiter aus und bietet mit der Heiß- und Kaltrunderneuerungsmarke „Next Tread“ ein eigenes Produktsortiment, dass das Sortiment an neuen Nutzfahrzeugreifen und Dienstleistungen des Konzerns „vervollständigt“.
Seitdem Goodyear und Dunlop Ende der 1990er Jahre ihr weltweites Jointventure betreiben, wird auch in Deutschland bei der damals neugegründeten Goodyear Dunlop Tires Germany das Runderneuerungsgeschäft markenübergreifend geführt. Geleitet werden die geschäftlichen Aktivitäten der deutschen Goodyear-Dunlop-Gruppe seit 2005 von Dirk Feldhausen, der dabei durch zwei Kollegen unterstützt wird. Während Dirk Feldhausen selbst in der Holdinggesellschaft beschäftigt ist, wird das operative Geschäft aber weiterhin über die jeweiligen Konzernmarken Goodyear und Dunlop abgebildet, erklärt der aus der Dunlop-Organisation stammende Feldhausen im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG. Das Runderneuerungsgeschäft wird folglich nicht mehr als Anhängsel der einen oder anderen Marke gesehen, sondern erlangt dadurch eine konzernweite Bedeutung, die das Marken- und Produktportfolio der Gruppe optimal ergänzen soll. Folglich hat Goodyear Dunlop in diesem eigenständigen Marktsegment auch eine eigenständige Marke: Next Tread.
Next-Tread-Reifen gibt es als Kaltrunderneuerte wie auch als Heißrunderneuerte, wobei sich die Goodyear-Dunlop-Gruppe seit einiger Zeit eindeutig zur Heißrunderneuerung bekennt. „Das Materialgeschäft macht uns Spaß“, so Feldhausen, es sei allerdings „nicht unsere unternehmerische Hauptzielrichtung.“ Dem Selbstverständnis nach ist und bleibt Goodyear Dunlop aber ein Reifenhersteller und versteht sich nicht in erster Linie als Materiallieferant für Runderneuerungsbetriebe. Der deutsche Vertriebsleiter Runderneuerung sowie dessen Arbeitgeber sehen daher auch den Ausbau des Materialgeschäftes nicht als die vorrangige Aufgabe. Trotzdem entwickle der Konzern auch weiterhin neue Profile und investiere hier, wie ein Blick in die Verkaufsunterlagen unschwer erkennen lässt.
Worin Goodyear Dunlop aber seit drei Jahren intensiv investiert, ist stattdessen die Heißrunderneuerung. Anders als etwa andere Neureifenhersteller, die sich um den Runderneuerungsmarkt bemühen, setzt Goodyear Dunlop dabei ganz gezielt auf die Herstellung heißrunderneuerter Reifen im eigenen Haus. Dazu betreibt das Unternehmen an den Standorten in Riom (Frankreich) wie auch in Wolverhampton (Großbritannien) eigene Produktionslinien für die werkseigene Heißrunderneuerung. Zusätzlich liefern noch zwei namhafte deutsche sowie ein italienischer Runderneuerer Heißrunderneuerungen an das europäische Zentrallager in Wittlich, aus dem das Nutzfahrzeugsegment bedient wird. Gegenwärtig verhandele das Unternehmen darüber hinaus noch mit zwei weiteren Partnern in Deutschland sowie einem dritten potenziellen Partner in Spanien über ein entsprechendes Offtake-Agreement mit zusätzlichen Kapazitäten, so Feldhausen weiter, dessen Unternehmen vor gut einem Jahr mit GE Equipment Services/TIP Trailer Services Europas größte Vermiet-Flotte mit rund 70.000 Trailern als Flottenkunden von Bandag übernommen hatte. Die GE/TIP-Flotte benötigt europaweit jährlich rund 90.000 Reifen (7.000 allein in Deutschland), wobei ein Großteil dieser Reifen eben (Heiß )Runderneuerte sind. In Großbritannien arbeite man gegenwärtig nicht mit Partnern bei der Herstellung heißrunderneuerter Next-Tread-Reifen zusammen.
Insgesamt passt die Entscheidung, sich auf die Heißrunderneuerung – auch im eigenen Haus – zu konzentrieren, zu der „politischen Entscheidung, unsere Aktivitäten auf die Herstellung und Vermarktung fertiger Reifen zu legen“, so Feldhausen weiter, wobei ein „hochprozentiger Anteil“ daran durch das Unternehmen selber hergestellt werden sollte. Folglich steht die Eigenproduktion der heißrunderneuerten Next-Tread-Reifen ganz oben auf der Prioritätenliste der Goodyear-Dunlop-Gruppe, wobei die Zusammenarbeit mit den jetzigen (und künftigen) Offtake-Partnern als durchaus positiv und zweckmäßig angesehen wird. Die Heißrunderneuerung nach dem Next-Tread-Verfahren findet ebenfalls von Wulst zu Wulst statt und gewährleiste somit nicht nur die qualitativen Vorzüge der Goodyear-Dunlop-eigenen Runderneuerung, sondern eben auch die optischen.
Dabei werden die Seitenwände der Heißrunderneuerten ganz bewusst mit dem Markennamen Next Tread und dem auffälligen Schriftzug „Retread“ versehen. Auf einen Hinweis auf den Eigentümer dieser Marke verzichtet man dabei bewusst, stellt Next Tread doch, wie oben bereits angedeutet, ein zum Neureifen komplementäres Produkt mit eigenständiger Daseinsberechtigung auch als Marke dar. Zwar stehen runderneuerten Lkw-Reifen auch im Hause Goodyear Dunlop im direkten Wettbewerb zu den hauseigenen Neureifen der Marken Goodyear, Dunlop, Fulda und auch Sava. Dennoch wird der Vertrieb der Nutzfahrzeugreifen – neu wie auch runderneuert – markenübergreifend betrieben, worin sich ebenfalls die grundsätzlich gleichrangige Bedeutung der Next-Tread-Produkte im Portfolio der Unternehmensgruppe zeigt. Auch könne man in diesem Zusammenhang natürlich nicht von einer „Kannibalisierung“ innerhalb des Markenportfolios sprechen, nun da heißrunderneuerte Next-Tread-Reifen grundsätzlich wie Neureifen vermarktet werden. Sie seien, betont Feldhausen immer wieder, eine „sinnvolle und nützliche Ergänzung der Produktpalette“, die vom Markt verlangt werde.
Next-Tread-Kaltrunderneuerungen im Ringverfahren (Stichwort: UniCircle) wie auch im herkömmlichen Verfahren werden hingegen zur Zeit von zehn autorisierten deutschen Runderneuerungspartnern verarbeitet – und teilweise an Wittlich zugeliefert – und von diesen auch selber vermarktet. Die Ringprofile dazu stammen von einem der Technologieführer dieser Art der Kaltrunderneuerung, so Dirk Feldhausen. Eine eigene Laufstreifenfertigung finde nicht statt. Die Hinwendung der Unternehmensgruppe zur Heißrunderneuerung zeigt sich auch an einer anderen Kennzahl: Während vor anderthalb Jahren kalt- und heißerneuerte Next-Tread-Profile gleichermaßen ab dem Zentrallager in Wittlich nach Ost- und Westeuropa vertrieben wurden, sieht dieses Verhältnis heute durchaus anders aus. Heute existieren 35 verschiedene Next-Tread-Produkte als heißerneuerte Lkw-Reifen, hingegen aber nur sechs Produkte als kalterneuerte. Darüber hinaus betont Dirk Feldhausen, dass es eben gegenwärtig keine Profile gibt, das als Heiß- wie auch gleichzeitig als Kaltrunderneuerte zu haben ist.
Inwiefern sich die Marktsituation hierzulande durch die Übernahme der Bandag, Inc. durch die amerikanische Bridgestone-Tochter Bridgestone Americas Holding verändern wird und inwiefern Goodyear Dunlop davon betroffen sein wird, mag der Vertriebsleiter Runderneuerung nicht kommentieren; Feldhausen hat im übrigen früher selber für Bridgestone Deutschland gearbeitet. „Wir haben das zur Kenntnis genommen“, ist seine einzige offizielle Stellungnahme zu dem Thema: „Wir fühlen uns dadurch weder bedroht noch beflügelt.“ Vielmehr sei dies eben üblicher Wettbewerb, über den man sich als Marktteilnehmer immer freuen sollte.
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