Tigar profitiert von Michelins Engagement
Der Reifenhersteller Tigar aus dem serbischen Pirot ist nach eigener Aussage mit 52 Prozent mehr als deutlich Marktführer im eigenen Land und kann in diesem Zusammenhang seit einigen Jahren auf Know-how aus dem Hause Michelin vertrauen. Gleichzeitig exportiert das Privatunternehmen einen Großteil seiner 3,2 Millionen jährlich gefertigter Reifen nach Westeuropa – hier insbesondere nach Frankreich und Großbritannien. Derzeit stehen bei diesem Reifenhersteller gewisse Umstrukturierungen an, die über die Zukunft der Marke im Michelin-Konzern und über die Zukunft des Standortes entscheidend sein könnten.
Prospera Securities, eines der führenden Investmenthäuser im ehemaligen Staatenbund Serbien und Montenegro, sieht in der unübersichtlichen Holding-Struktur einen der Punkte, wo angesetzt werde müsse, damit das Unternehmen Tigar langfristig erfolgreich bleibt. So werde etwa vorgeschlagen, weniger effiziente Teile der Unternehmensgruppe entweder zu restrukturieren, was – so darf angenommen werden – nur durch die Unterstützung westlicher Geldgeber bzw. Investoren geschehen kann. Alternativ ließen sich unprofitable Teile der Gruppe auch einfach veräußern, damit die Gesamtunternehmung nicht unverhältnismäßig belastet werde. Heute besteht die Gruppe einerseits aus der Holdinggesellschaft, der Tigar a.d. mit Sitz in Pirot. Sie hält Mehrheitsanteile an all ihren Tochtergesellschaften wie etwa Tigar Rubber Technical Goods, Tigar Rubber Footwear oder Tigar Trade. 35 Prozent der Holding befindet sich heute noch in Staatshand. Einzige Ausnahme von dieser Regel in den Beteiligungsstrukturen ist der Reifenhersteller, der unter Tigar MH firmiert und ebenfalls in Pirot ansässig ist. Tigar MH stellt eine von vier zur Holding gehörenden produzierenden Unternehmen dar.
Erst in diesem Jahr hatte Michelin im Verein mit der International Finance Corporation (IFC), einer Gesellschaft der Weltbank-Gruppe, die insbesondere den privaten Sektor in weniger entwickelten Ländern fördern soll, die Mehrheit am Reifenhersteller Tigar MH übernommen. Diese Übernahme war bereits im vergangenen Jahr angekündigt worden; nun hält Michelin gemeinsam mit der IFC 50,6 Prozent der Anteile am Unternehmen, das seit 1. Januar 2003 als Jointventure zwischen Tigar a.d. und den westlichen Partnern betrieben wird. Einer Vereinbarung der Partner folgend werde Michelin ab 2007 sehr wahrscheinlich weitere 19 Prozent der Anteile von Tigar MH direkt übernehmen, schreibt Prospera Securities in dem oben zitierten Report. Danach werde Tigar a.d. nur noch 30 Prozent an der ehemaligen Tochtergesellschaft Tigar MH halten. Gleichzeitig könnte das aus dem Anteilsverkauf eingenommene Geld aber für die oben genannten Restrukturierungen oder für andere, neue und vielversprechende Projekte genutzt werden. In Serbien besteht etwa die so genannte „Tigar Free Zone“, an der der Namensgeber auch künftig Rechte halten werde. In dieser zollfreien Zone in Pirot sind gegenwärtig über 130 Unternehmen ansässig; sie gehört Tigar MH zu 70 Prozent. Ein weiteres Projekt ist auch der Aufbau einer Altreifenrecyclinganlage durch Tigar MH, in die 4,8 Millionen Euro investiert werden sollen. Dies seien Investitionsvorhaben, an denen sich auch die Holdinggesellschaft beteiligen könnte, empfiehlt die Investmentbank.
Im vergangenen Jahr konnte Tigar a.d. seine Umsätze auf 139 Millionen Euro steigern. Allein 80 Prozent daran machte die Reifenproduktion aus, also über 110 Millionen Euro. Die Holdingumsätze stiegen im Vergleich zu 2004 um zwölf Prozent. Zahlen zur jüngsten Entwicklung der Reifensparte sind indes nicht bekannt. Es ist aber anzunehmen, dass Tigar MH eine überdurchschnittliche Entwicklung bei Absatz und Umsatz hingelegt hat, also als Outperformer im Unternehmen gilt. Ein Großteil der Umsätze konnte die Holding dabei auf Exportmärkten erzielen: 94 Millionen Euro bzw. 67,6 Prozent der Gesamtumsätze. Die Holding ist sogar zum „Besten Exporteur Serbiens“ gekürt worden und konnte im vergangenen Jahr die eigenen Exporte sogar noch stärker steigern als die Umsätze. Ein Großteil der Exporte gingen dabei in die Staaten der Europäischen Union, zu denen man gerne als EU-Mitglied aufschließen möchte. Eine Aufnahme in die EU steht allerdings für die kommenden Jahre noch nicht in Aussicht.
Das Tochterunternehmen, das die intensivsten Exportgeschäfte betreibt, ist dabei der Reifenhersteller Tigar MH. 78 Prozent bzw. 2,5 der 3,2 Millionen Tigar-Reifen wurden im vergangenen Jahr außerhalb Serbiens verkauft. Dabei profitiert das Exportgeschäft ganz klar von den hohen Investitionen, die durch die Zusammenarbeit mit Michelin als strategischen Investor möglich wurden. Seitdem der Reifenhersteller ab 2003 als Jointventure geführt wird, haben die Partner im Rahmen eines Fünfjahresplans rund 45 Millionen Euro in die Modernisierung der Produktionsstätte in Pirot investiert. Tigar MH habe durch die Zusammenarbeit mit Michelin und der IFC gelernt, schreibt Prospera Securities weiter, die eigenen Kosten in den Griff zu bekommen. Seither sinken die Stückkosten kontinuierlich. Auch ist ein System zur Steigerung der Energieeffizienz in Kooperation mit der Technischen Universität Nis umgesetzt worden. Dieses System etwa habe bereits im ersten Jahr 1,4 Millionen an Kostenersparnis möglich gemacht.
Es ist nicht bekannt, wie viele dieser Reifen letzten Ende auch auf den deutschen Ersatzmarkt kommen. In jedem Fall dürfte dies keine zu vernachlässigende Größe sein, wird die Marke Tigar bzw. deren Winterreifen doch bei der zum Michelin-Konzern gehörende Reifenhandelskette Euromaster als „ein vielseitiger Reifen mit ausgezeichnetem Preis-Leistungs-Verhältnis“ vermarktet und hat so etwas wie einen Hausmarkenstatus inne. Aber auch in Serbien und Montenegro betreibt Tigar ein exklusives Vertriebsnetzwerk, zu dem 80 Outlets, drei regionale Vertriebsniederlassungen sowie zwei zentrale Warenlager gehören.
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