„Besser sein als andere“ – point S stellt Autoservicekonzept vor
Nichts weniger als ein „neues Kapitel in der Unternehmensgeschichte“ will die point S Deutschland GmbH mit ihrem Autoservicekonzept aufschlagen, das im Rahmen der Automechanika in Frankfurt der Öffentlichkeit vorgestellt wurde. „Es geht uns dabei nicht darum, das Rad neu zu erfinden und zu den vielen bereits im Markt existierenden Werkstattkonzepten einfach nur noch ein weiteres hinzuzufügen. Wir sind Reifenspezialisten und wollen es auch bleiben. Darüber hinaus möchten wir im Werkstattbereich aber ebenfalls zum Spezialisten werden“, erklärt Gerd Heidemann, Produktmanager Autoservice und Zubehör bei point S. Der von der Kooperation gewählte Ansatz soll sich dabei vor allem dadurch von den Konzepten anderer unterscheiden, dass der Qualitätsgedanke an erster Stelle kommt. „Bausteine wie beispielsweise eine technische Hotline, die wir ebenfalls bieten, findet man auch anderswo. Doch wir wollen in allen Bereichen besser sein als andere“, sagt point-S-Geschäftsführer Ralf Maurer.
Für ihn ist der Weg in Richtung Autoservice angesichts der derzeitigen Situation im deutschen Reifenhandel nur eine logische Konsequenz. Der Markt sei mehr oder weniger gesättigt, Wachstum deshalb nur durch Verdrängung oder das Erschließen neuer Geschäftsfelder möglich. Da ein Verdrängungswettbewerb immer zulasten der Preise geht, scheint dies für die Kooperation nicht der Weisheit letzter Schluss zu sein. „Die Deutschen sind preisverliebt oder vielleicht sogar preisverrückt. Der Handel kämpft nicht zuletzt deshalb immer wieder mit den Preisen in einem zudem gleichzeitig enger werdenden Markt“, meint Maurer. „Hinzu kommt, dass unsere Lieferanten inzwischen teilweise unsere größten Wettbewerber geworden sind, was den Wettbewerbsdruck vor Ort bei unseren Händlern nur noch weiter erhöht“, beklagt Maurer zudem die Bestrebungen der Reifenhersteller, mittels eigener Handelsketten, Kooperationen, Franchise- oder Partnerschaftssysteme usw. ihre Absätze im Reifenersatzgeschäft zu kontrollieren bzw. zu sichern. Außerdem habe auch das Autohaus das Thema Reifen als strategisches Kundenbindungsinstrument entdeckt.
Vor dem Hintergrund aller daraus im Reifengeschäft erwachsenden Herausforderungen für die – so Maurer – „vom freien Unternehmertum getriebenen“ und im point-S-Verbund zusammengeschlossenen Händler sei das verstärkte Engagement im Geschäftsfeld Autoservice als Weg zum Aufbau eines zweiten Standbeins zu sehen. „Autohäuser drängen stärker in den Reifenmarkt, Onlineanbieter wachsen überproportional, Discounter steigen ins Geschäft ein, und die Reifenindustrie baut ihre Controlled Distribution auf Kosten des Fachhandels aus. Unsere Antwort und strategische Zielsetzung angesichts dieser schwierigen Rahmenbedingungen ist zum einen der Ausbau unserer Reifenkompetenz und zum anderen die Erschließung des neuen Geschäftsfeldes Autoservice“, verdeutlich Ralf Maurer. Autoservice sei zwar kein Allheilmittel, aber durch die erhöhten Aktivitäten in diesem Marksegment verspricht er sich nichtsdestoweniger beispielsweise eine Erhöhung des so genannten Cross-Selling-Potenzials. Soll heißen: Ein Verbraucher, der neue Reifen bei einem point-S-Händler erstehen will, wird vielleicht auch verschlissene Bremsbelege gleich mit erneuern oder den anstehenden Ölwechsel durch den Betrieb erledigen lassen, wenn er diese Leistungen anbieten kann. Das funktioniert andersherum natürlich genauso.
„Basis ist unser starkes Kerngeschäft Reifen. Ich denke aber, dass uns unsere Unabhängigkeit im Autoservicegeschäft ebenfalls zugute kommen wird. Schließlich ist dies im Werkstattmarkt ebenfalls ein wichtiges Thema“, ist Maurer überzeugt. Potenzial im Autoservicegeschäft sieht er für point S vor allem bei den Fahrzeugen, die drei Jahre und älter sind. Denn diverse Untersuchungen haben gezeigt, dass nach dieser Zeitspanne die Treue zur Markenwerkstatt im Vergleich zu der meist nach zwei Jahren endenden Werksgarantie nochmals deutlich nachlässt (siehe Schaubild). Warum man bei dem eigenen Autoservicekonzept die Qualität so stark in den Vordergrund rückt, hängt dabei wohl nicht unwesentlich mit den Ergebnissen einer selbst in Auftrag gegebenen repräsentativen Emnid-Studie zusammen. Denn die Umfrage unter rund 1.500 Pkw-Fahrerinnen und -Fahrern hat zutage gefördert, dass sich jeder dritte Autofahrer in Deutschland (33 Prozent) bei seiner Kfz-Werkstatt nicht gut aufgehoben fühlt. Als Hauptgründe für die Unzufriedenheit wurden demnach eine „mangelnde Kostentransparenz“ (17 Prozent), eine „nicht ordnungsgemäße Durchführung von Reparaturen und Autochecks“ (14 Prozent) sowie „schlechte Beratungs- und Serviceleistungen“ (elf Prozent) der Werkstätten genannt. Weitere Kritikpunkte: „zu lange Reparaturzeiten“ und die „mangelhafte Ausstattung und veraltete Technik“ in den Autobetrieben.
Vor allem junge Autofahrer stellen dabei offenbar hohe Qualitätsansprüchen an die Werkstätten. Denn bei den 18- bis 29-Jährigen sieht jeder Zweite Mängel in vielen Autobetrieben bzw. ist mit seiner Werkstatt unzufrieden. Dass diese Personengruppe deutlich über dem Bundesdurchschnitt liegt, leitet man bei der Kooperation aus den gehobenen Ansprüchen der jüngeren Fahrerinnen und Fahrer ab: Für sie habe der Pkw einen hohen Stellenwert, weil sie ein besonders großes Bedürfnis nach Mobilität und Unabhängigkeit hätten. Dies spiegele sich zudem darin wider, dass über 90 Prozent der jungen Befragten ihr Auto das ganze Jahr über nutzen. Die Emnid-Analyse hat gezeigt, dass diese Zielgruppe bestimmte Erwartungen an eine gute Werkstatt hat, wobei „Garantien auf Produkte und Dienstleistungen“ mit 97 Prozent der Nennungen durch die Befragten ganz vorne landeten.
Je nach Alter und Geschlecht wurde jedoch eine Verschiebung der Prioritäten festgestellt. „Für 94 Prozent der über 60-Jährigen ist eher ‚ein umfassender Service rund ums Auto’ wichtig. Während Männer über alle Altersklassen hinweg besonderen Wert auf ‚Reparaturen und Autochecks nach Herstellervorgaben’ legen (87 Prozent), möchten Frauen vor allem, dass eine Werkstatt ihnen ‚individuelle Betreuung und kompetente Hilfestellung bei allen Problemen’ bietet (95 Prozent)“, bringt Maurer weitere Ergebnisse der Befragung auf den Punkt und betont, dass point S mit dem eigenen Autoservicekonzept allen diesen verschiedenen Wünschen gerecht werden will. Man habe sich auf die Fahnen geschrieben, mit dem neuen Werkstattkonzept allen Kunden, egal welcher Altersgruppe oder welchen Geschlechts, einen Rundumservice zu bieten, der ihren Erwartungen entspricht. „Die Standards werden dabei von den Erwartungen der Kunden vorgegeben“, fasst Maurer dies in einer einfachen Formel zusammen.
Dass dies mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis ist, zeigt die Zusammenarbeit mit dem TÜV Rheinland bei der Bewältigung der Aufgaben, die auf die Kooperation im Zuge der Migration der point-S-Partner von bisher hauptsächlich auf das Reifen- und Rädergeschäft konzentrierten zu auch Autoservice anbietenden Betrieben zukommen. Denn die Institution soll sicherstellen, dass die jeweiligen Unternehmen den selbst gesetzten Qualitätsansprüchen tatsächlich gerecht werden. „Das bedeutet, dass wir die Betriebe dabei begleiten und unterstützen, dieses Ziel zu erreichen und anschließend eine entsprechende Zertifizierung vornehmen. Ein Wiederholungsaudit, also die Überprüfung dieser Zertifizierung, findet dann in einem jährlichen Rhythmus statt“, erläutert Dr. Jürgen Brauckmann, Vorstand Mobilität der TÜV-Rheinland-Gruppe. Klar dürfte sein, dass man unter diesen Vorzeichen nicht erwarten kann, dass von heute auf morgen alle derzeit bundesweit über 750 Servicecenter auf einmal zum neuen Full-Service-Anbieter werden können.
„In diesem Jahr wollen wir mit etwa 100 bis 150 Betrieben starten. Unser Ziel ist es, die Zahl der point-S-Stationen, die einen qualitätsgeprüften Autoservice anbieten, bis zum Jahr 2009 sukzessive auf deutschlandweit 400 zu erhöhen“, gibt Maurer die Marschroute vor. Von der Inspektion mit europaweiter Mobilitätsgarantie über Ölwechsel, Haupt- und Abgasuntersuchung, Bremsen-, Klima-, Auspuff-, Stoßdämpfer- und Reifenservice bis hin zur elektronischen Achsvermessung soll das Dienstleistungsportfolio bei diesen Betrieben dann reichen. „Den Autoservice führen wir schon lange im Namen, jetzt wird er jedoch wirklich sehr aktiv gepusht werden“, ergänzt Gerd Heidemann. Dabei arbeitet point S seinen Worten zufolge mit den drei Partnern ATR International AG (Auto-Teile-Ring, ein Zusammenschluss von Handelsunternehmen des freien Autoteilehandels), CENTRO Handelsgesellschaft mbH & Co. KG (eine Kooperation von Bosch-Vertragsgroßhändler in den Bereichen Beschaffung, Marketing und Vertrieb) sowie Temot-Autoteile GmbH (Systemzentrale für Einkauf, Marketing und IT-Diensleistungen führender Kfz-Teilehändler Deutschlands) zusammen. Weitere Unterstützung liefern neben dem TÜV Rheinland noch die Premier Marketing Group und die LuK-Aftermarket Service OHG, die laut Heidemann beispielsweise für die technische Hotline im Bereich Autoservice verantwortlich zeichnet.
Trotz aller Hilfe von außen will die Kooperation auch selbst eine Aufstockung im personellen Bereich vornehmen, um der Ausweitung des eigenen Engagements in dem Marktsegment Autoservice gerecht zu werden. Doch wer soll all dies bezahlen? Schließlich kosten nicht nur neue Mitarbeiter zusätzliches Geld, sondern auch externe Dienstleistung sind in den seltensten Fällen umsonst. Das dürfte auf die Entwicklung eines kompletten Werkstattkonzeptes ebenso zutreffen, denn so etwas macht man nicht mal eben nebenbei. „Unsere Händler verzichten auf einen Teil ihrer Rückvergütung, um diese Investitionen zur Finanzieren“, so Maurer auf Nachfrage. „Und Kosten wie beispielsweise die TÜV-Zertifizierung sind jeweils von den Betrieben selbst zu zahlen“, fügt er hinzu. Dieser „Aufbruch in die Zukunft“ werde von den Partnern mit getragen. „Das Konzept wurde gewissermaßen von unten nach oben entwickelt, d.h. die Ideen kamen von unseren Partnern. Und die angestrebten Standards im Segment Autoservice leiten sich – wie bereits gesagt – aus den Anforderungen der Kunden ab“, will Maurer das Werkstattkonzept von point S nicht als Franchisesystem verstanden wissen.
Nach einer zweijährigen Vorbereitung verspricht sich Maurer durch die konsequente Umsetzung des Konzeptes nunmehr eine deutliche Weiterentwicklung der Kooperation. Dazu gehört auch der Ausbau der Zahl der Servicestationen bis 2009 auf eine anvisierte Marke von rund 900 Betrieben. Spätestens dann sollen zudem alle Partnerbetriebe mit einem einheitlichen Erscheinungsbild im Markt auftreten und so zur Erhöhung der Bekanntheit der Marke point S beitragen. Derzeit rangiere man diesbezüglich im Vergleich etwa mit ATU, Pit-Stop oder Bosch Car Services nur auf dem vierten Rang. „Wobei diese Positionierung in keiner Relation zu unserer Marktpräsenz steht. Schließlich können wir bundesweit mehr Stationen vorweisen als ATU oder Pit-Stop“, hebt Maurer hervor. Dies falle vielen jedoch nicht auf, da noch nicht alle point-S-Betriebe unter der Corporate Identity der Kooperation im Markt agieren. „Das wird sich jedoch in den nächsten zwei bis drei Jahren ändern. Dann sind alle Stationen einheitlich gebrandet“, ist er sich sicher. Ab 2007 komme dabei zudem das neue Logo der Fachhandelsgruppe zum Einsatz, das – wie Maurer sagt – dank einer Überarbeitung nunmehr viel moderner aussehe. Alles in allem kann man also nicht sagen, dass sich point S nicht ambitionierte Ziele gesetzt hätte.
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