Gamma Reifen & Felgen: Ein Event der besonderen Art
Der geschäftsführende Gesellschafter der „Gamma Reifen & Felgen Großhandels AG“ (Friesoythe) Stephan Warm betont im persönlichen Gespräch immer wieder, dass man im Reifenmarkt lieber im Hintergrund agiere und man ein wohlverstandenes Understatement betreiben, mithin nicht so „trommeln“ wolle wie dies vielleicht andere tun mögen, mit denen die von ihm vor mittlerweile 21 Jahren gegründete Firma im Markt im Wettbewerb steht. So alle paar Jahre gibt man jedenfalls im Beisein von Kunden diese vornehme Zurückhaltung auf und veranstaltet ein „Event der besonderen Art“, an das sich die Kunden gerne erinnern sollen und in dessen Rahmen dann ein eher extrovertierter Stephan Warm auftritt, der seine Entertainment-Talente ausspielt. Es gibt eine für einen Reifengroßhandel ungewöhnlich große und professionelle Show, die dem Warm-Anspruch, auf keinen Fall nur Mittelmaß zu bieten, entspricht.
So auch Mitte März, als die Gamma-Mannschaft mit mehr als 500 Gästen (!) – allesamt deutsche Reifenfachhändler – zu einer dreitägigen Kurz-Kreuzfahrt auf der Luxusfähre Color Fantasy von Kiel nach Oslo und retour aufbrach und in das Programm nicht nur das obligatorische Sightseeing der norwegischen Hauptstadt integriert war, sondern gleich zwei jeweils mehr als zweistündige Showblöcke in der „Fantasy Show Lounge“ auf dem „größten Fährschiff der Welt“. Show „vom Feinsten“ (und damit dem genannten Warm-Anspruch gerecht werdend), wobei bei ersterer der mit dem Zusatz „Bodyguard“ versehene neue Reifen Kingstar des koreanischen Herstellers Hankook eine gewisse Rolle spielte und bei der zweiten der Sportiva, der in Europa hergestellt wird (und zwar bekanntlich in Continental-Reifenfabriken). Die Gäste – immerhin ja Reifenfachhändler, die tagein, tagaus mit den Qualitäten dieser Reifen zu tun haben – wurden nicht gelangweilt mit Details zu umlaufenden Profilrillen und -blöcken, flexibler Karkasse oder steifer Seitenwand, XY Prozent Bremsweg weniger bei Nässe und spezielle Handlingeigenschaften – Gammas Gäste sollten einfach nur Spaß haben und die drei Tage an Bord des Schiffes ausgiebig genießen. Die Produktqualität sei garantiert und eine selbstverständliche Voraussetzung, darüber muss man nicht reden.
Neu: Kingstar Bodyguard
Das passt zur Unternehmensphilosophie: Das ja eigentlich dröge Gebrauchsgut Reifen soll bestmöglich emotionalisiert werden. Und dazu noch einen Reifen aus der Masse der „No names“ herausheben wie einen Kingstar, der doch eher als preislich niedrig angesiedelt ist. Aber wer versucht dies im Wettbewerb überhaupt? Wer haucht einem Pkw-Reifen, der auf dieser Schiene angesiedelt ist, Leben ein, gibt ihm eine Identität, schafft Werte, damit sich der Reifen vom Wettbewerb auf dieser (Preis-)Ebene abhebt?
Dass Kingstar auch im Gamma-Sortiment als „besonders preiswerte Marke“ platziert ist, verschweigt der Großhändler gar nicht. Aber er hat ein Synonym erhalten, er führt den Zusatz „Bodyguard“ mit dem Appendix „… will always save you“. Wo immer möglich ertönt Whitney Houstons Soundtrack zum Film „The Bodyguard“, bewachen breitschultrige, wenigstens mit Funkgeräten ausgestattete kräftige und stets äußerst ernst dreinblickende Herren das Geschehen, gerne kurz- oder gar kahlgeschoren. Dazu heißt es bei Gamma: „Er gibt die Sicherheit. Er bleibt immer cool. Er ist deine Lebensversicherung. Er ist gut. Er ist dein (Kingstar) Bodyguard.“ Selbst auf hoher See (also mit einem Augenzwinkern) werden Kingstar-Reifen und Bodyguard zu Synonymen. Stephan Warm hat nach eigenen Aussagen vier Jahre darum „gekämpft“, den Kingstar ins Sortiment zu bekommen, wohl weil er das Bodyguard-Konzept bereits im Kopfe hatte.
Gamma bietet den Kingstar-Bodyguard in Pkw-Größen von 12 bis 18 Zoll, auch Offroad- und LLkw-Reifen sind verfügbar. Das Produkt ist definiert als „Einstiegsmarke im preiswerten Segment.“
Das Gamma-Team, zu dem auch Bruder und Mitgesellschafter Thomas Warm gehört, hat die Einführung des neuen Produktes in Eigenregie arrangiert, Stephan Warm: „Wir verzichten völlig auf Agenturen.“ Das ist ein Beleg dafür, dass man auch eine professionelle Show bieten kann, ohne gleich für externe Firmen und exorbitant teure Stars viel Geld zu investieren. Freilich muss auch ein Gefühl für Qualität dasein und das Gefühl für den Spannungsbogen von anspruchsvoller Unterhaltung bis hin zu mitreißender Powermusik. In personifizierter Form geschah dies bei der Bodyguard-Präsentation durch die grazile Judith Lefeber, die durch ihre Hauptrolle der Aida in Elton Johns gleichnamigem Musical in Essen urplötzlich zum Gesangsstar mit unverwechselbarer Stimme aufstieg. Für den Kontrast sorgte schließlich „Women Power“ in Form von Deborah Watson bei der Sportiva-Präsentation.
Ein Produkt mit „Herzblut“: Sportiva
In diesem Produkt stecke sein „Herzblut“, so Stephan Warm über den Sportiva, den Gamma vor gut zwei Jahren ins Programm aufgenommen hat. Die Aufgabe ist im Prinzip die gleiche, nur zwei Stufen höher. Auch der Sportiva soll emotionalisiert werden, aber die Zielgruppe gut verdienender Haushalte ansprechen. Das Produkt ist als Alternative zu den Premiummarken der großen Reifenhersteller positioniert, soll aber „mehr Speed, mehr Drive, mehr Dynamik“ erhalten, so der Gamma-Geschäftsführer, oder einfach: „… simply the best!“ (so der Slogan zum Sportiva). Die Produktrange ist recht umfassend und reicht sommers wie winters von 13 bis 18 Zoll.
Um Erlebniswerte für den Sportiva zu schaffen, hat Gamma einen aufwändigen Werbespot in Südafrika gedreht. Der Film sowie Stephan Warms Beschreibungen der Dreharbeiten und des Landes muteten übrigens eher als eine Werbetour für Tourismus in Südafrika an denn als Reifenpräsentation. „Lifestyle“, „Sicherheit“, „Souveränität“ sind Attribute, die mit dem Sportiva assoziiert werden sollen. Passend zu den Werbespots, die in stark frequentierten Sendern zur Primetime ausgestrahlt werden sollen, hat Gamma auch adäquate und großformatige Anzeigen in autoaffinen Medien wie „AutoBild“ oder „auto motor und sport“ geschaltet. Im Konzert der Premiummarken kann nur mitspielen, wer auch eine hohe Bekanntheit erreicht hat.
Auch hier geht es wieder beim Marketing um Qualität. Dass das Budget für den Werbespot sechsstellig war – die Produktionscrew vor den Toren Kapstadts war 56 Personen stark –, hat ihm sogar Widerstände im eigenen Hause beschert, räumt Stephan Warm ein. Immerhin: Der Chef hat sich durchgesetzt, die „Marke Sportiva“ wurde neu erfunden, hat in Form eines neuen Logos einen anderen Auftritt. „Sportiva hat nur einen Anspruch im Sinne unserer Kunden zu erfüllen: In der nach oben offenen Richterskala in Bezug auf Produktzufriedenheit soll Sportiva das Maß aller Dinge sein“, heißt es unbescheiden.
Solch eine Marke sollte ein unverwechselbares, unverbrauchtes und natürlich möglichst attraktives Gesicht haben. Nach Castings und Foto-Shootings war die Hauptdarstellerin für den TV-Werbespot gefunden: Christiane Fortmann heißt das junge Model, das künftig das „Gesicht der Marke Sportiva“ sein soll.
Von der kleinen Tankstelle bis zum bekannten Marktplayer
Mit einer kleinen Tankstelle habe er angefangen, was er erreicht habe, verdanke er harter Arbeit, aber auch seinen Kunden. Mit der Reise wolle man etwas zurückgeben und Dank ausdrücken an die Kunden, ohne die das Erreichte nicht möglich gewesen sei, so Stephan Warm. 48 Mitarbeiter hat er heute fest angestellt am Unternehmenssitz in Friesoythe, drei weitere sind es bei der dänischen Tochtergesellschaft.
Das Unternehmen bekennt sich zum Reifenfachhandel, womit Warm denn auch konsequenterweise im Endverbrauchergeschäft dem Medium Internet bzw. eBay eine Absage erteilt. Da sich Gamma vom Selbstverständnis her als Dienstleister begreift, steht er auch der Idee des tyre24 reserviert gegenüber. Der Servicegedanke wird bei dem Vollsortimenter des Reifengroßhandels gepflegt.
3.460 so genannte „Aktivkunden“ hat das Unternehmen derzeit, womit definiert ist, dass wenigstens einmal pro Monat ein Kauf bei Gamma getätigt wird. Stark ist der Großhändler vor allem bei den Reifenmarken des Continental-Konzerns, Hankook, Fulda und Firestone sind gute Programmabrundungen. Weil die Marke von der Emotionalität her so gut zu Gamma passt, aber auch weil das Unternehmen in diesem Segment noch Defizite hat, soll in Zukunft die Zusammenarbeit mit Pirelli deutlich ausgebaut werden. Bei Leichtmetallfelgen liegen die Schwerpunkte bei ProLine und den drei Marken der Uniwheels-Gruppe Rial, Alutec und Anzio. Der Gamma Reifen & Felgen Großhandel ist auch ein Komplettradvermarkter.
Mehr als 500 der insgesamt 540 fest gebuchten Gäste haben es immerhin bis zum Ablegen der Color Fantasy geschafft, darunter auch ein Reifenhändler der zum „Unternehmer des Jahres“ gekürt wurde, nicht etwa, weil er ein so guter Gamma-Partner ist, sondern weil man die Kunden genau unter die Lupe genommen hat und den herausfiltern wollte, der in besonderem Maße fair zu seinen Lieferanten ist, aber auch für seine Endverbraucher beste Arbeit leistet. Fast dreißig Gäste schafften es nicht rechtzeitig nach Kiel, obwohl das Schiff extra vierzig Minuten wartete, denn an diesem Tag im März brach das Schneechaos über Norddeutschland herein und wurde der Elbtunnel zu einem Nadelöhr. Wer zu den Unglücklichen gehörte, wird sich bis zur nächsten großen „Gamma-Show“ ein wenig gedulden müssen, denn etwa vier Jahre wolle er damit aussetzen, kündigt Warm an. Er selbst werde allerdings nicht aussteigen und etwa nach Südafrika gehen, obwohl ihn dieses Land bei den Filmarbeiten so begeistert hat und er in dieser Euphorie diesen Eindruck schon irgendwie vermittelt hat: „Ich bleibe dem deutschen Reifenfachhandel schon erhalten.“ Und damit seine Kreativität.
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