Preis-Screening – Sache des Handels oder der Industrie?

Udo Vogel ist seit 1984 im Reifenhandel, seit 1992 Inhaber von Reifen Roesner in Eschwege, ist Mitglied der Kooperation „Einkaufsgesellschaft Freier Reifenfachhändler“ (EFR) und dort einer der Händler der ersten Stunde. Vogel kennt also das Reifenfachhandelsgeschäft aus dem Effeff.

Das von ihm gegründete Unternehmen Vogel Perspective beschäftigt sich mit Marktdaten für den Reifenfachhandel. Das so genannte Preis-Screening treibt ihn seit einigen Jahren um, ein Angebot, das vor allem einige Reifenhersteller ihren Händlerkunden machen, sich verständlicherweise auch honorieren lassen und – auf diese Weise auch einen sehr guten Einblick in die Preisstrukturen des Handels bekommen und daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen. Da stellt sich die Frag, wer denn nun den größeren Nutzen aus einem von einem Reifenhersteller angebotenen Screening hat: er selbst oder der Händler? Udo Vogel ist der Meinung, solch ein Preis-Screening sei eher eine Sache des Handels und weniger der Industrie, hat daher in den letzten Jahren ein eigenes System entwickelt und kann es jetzt den Händlerkollegen anbieten.

Der Eschweger hat in die Geschäftsidee investiert, auch bereits Pilotprojekte durchgeführt, hat acht Mitarbeiter, die die erforderlichen Daten bzw. Echtpreise telefonisch erfragen und von ihm – dem professionellen Reifenhändler – auf die Spezifika der Branche vorbereitet worden sind. Natürlich ist bei solch einer Erhebung vieles standardisiert, so bereits ob beim Händler der Telefonhörer schnell oder erst nach einigem Klingeln abgehoben wird, ob der Gesprächspartner freundlich ist, Kompetenz vermittelt usw. Vogel weiß von Preis-Screenings, die von branchenfremden Call-Centern durchgeführt worden sind und deren Ergebnisse nicht anders als dürftig zu bezeichnen sind. Wenn beispielsweise keine Dienstleistungspreise erfragt worden sind, dann ist die Vergleichbarkeit von Preisen bei im Wettbewerb stehenden Händlern schon beeinträchtigt.

Bislang beschränkt sich Vogel Perspective noch auf den deutschen Raum, das Angebot sei aber ohne Weiteres auf andere Länder ausdehnbar, so der Geschäftsführer. Seine Mitarbeiter fragen alternativ (je nach Jahreszeit) die Preise von acht Dimensionen Sommer- oder Winterreifen im Wettbewerbsumfeld eines Reifenhändlers ab, beziehen auch das Angebot eines Internetanbieters mit ein, lassen Dienstleistungspreise (über Montage und Wuchten hinaus auch beispielsweise Nagellochreparatur inklusive Montage, Achsvermessung, Einlagerung etc.) nicht aus, bewerten die Telefonqualität usw. Dann wird das ganze aufgearbeitet und als fertiges Screening inklusive dazugehöriger Grafik geliefert – ob als Mail, per PDF-Datei oder Hardcopy, das ist die Entscheidung des Kunden. Als Bearbeitungszeit nennt Udo Vogel maximal vier Wochen nach Auftragserteilung.

Ergebnis des Screenings muss nicht nur sein, wo man preislich im lokalen Wettbewerb steht, sondern es werden beispielsweise auch Defizite in einzelnen Preissegmenten (oberes, mittleres, unteres/low budget) bzw. in den Preisabständen dazwischen identifiziert. Manch einer versucht gar nicht erst, eine teure Premiummarke anzubieten, sondern „überfällt“ den Telefonkunden gleich mit einem „Schnäppchenpreis“ oder einer „Hausmarke“.

Natürlich kann und will sich Udo Vogel seine Kunden nicht aussuchen. Durchaus denkbar, dass auch ein Industrieunternehmen sein Angebot nutzt, aber vor allem dürfte es für Kooperationen und deren Händler interessant sein. Wobei Vogel das Spiel kennt: Entscheidet sich eine Verbundgruppe für ihn und nimmt sein Preis-Screening als Angebot an die Kooperationsmitglieder auf, so wird ein „Overhead“ erwartet. Der Preis für ein Preis-Screening richtet sich nach dem Umfang des Auftrages, die Bedingungen sind Verhandlungssache, so der Vollzugriff einer Kooperationszentrale auf alle Daten bzw. die Datenbank. Wobei eine Nachbearbeitung – ob durch eine Kooperation oder ein eventuelles Industrieunternehmen – nicht erforderlich ist. Misstrauen des Händlers gegenüber seiner Kooperationszentrale oder gegenüber einem Industrieunternehmen dann übrigens auch nicht.

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