Dunlop veranstaltet Workshop „Winterreifen und Sicherheit“

Ende November hatte Reifenhersteller Dunlop zu einem Workshop rund um die Thematik „Bereifung im Winter“ auf die eigene Teststrecke nach Wittlich eingeladen. Vor dem Hintergrund der geplanten Neufassung der Straßenverkehrsordnung (StVO) und der „Sieben-Grad-Diskussion“, welche die Branche in den zurückliegenden Wochen stark beschäftigt hat, referierten im Rahmen der Veranstaltung Jürgen Menge, Ministerialrat für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland Pfalz, sowie Franz Nowakowski, Beauftragter für Sondergutachten bei der Dekra, über den Status quo der StVO-Novelle bzw. die Folgen falscher Bereifung im Winter. Gleichzeitig nutzte der Hersteller darüber hinaus die Gelegenheit, seinen neuen „SP Winter Sport 3D“ ins rechte Licht zu rücken und den aufs Werksgelände geladenen Gästen außerdem die Fortschritte zu demonstrieren, die während der vergangenen fast zwei Jahrzehnte in Bezug auf die Winterreifenentwicklung erzielt werden konnten. Dazu ließ Dunlop sein neuestes Produkt, das erst zur diesjährigen Wintersaison eingeführt (vgl. bereits NEUE REIFENZEITUNG 9/2005) wurde, gegen einen seiner Urahnen antreten: einen „SP Winter Sport“ aus dem Jahr 1988, den man extra dafür unter Zuhilfenahme der damaligen Formen und der originalen Mischungsrezeptur von vor 17 Jahren anfertigte.

Jürgen Menge versuchte zu erläutern, warum in der neuen StVO-Fassung lediglich eine „an die Witterungsverhältnisse angepasste Bereifung“ und nicht eine generelle Winterreifenpflicht gefordert wird. „Es gibt keine allgemein gültige und akzeptierte Definition für einen Winterreifen, außerdem wird dieser Begriff in der gesamten StVO bislang ohnehin nur zweimal – im Zusammenhang mit den beiden Paragrafen 18 und 36 – erwähnt“, so Menge. Auch seien die klimatischen Verhältnisse in Deutschland vom selbst im Winter vergleichsweise recht milden Wetter an der Küste bis hin zu den tendenziell schneereicheren Regionen im Mittelgebirge und dem Alpenvorland zu unterschiedlich, als dass eine generelle Winterreifenplicht Sinn mache. Als weiteres Argument führte er die stark variierenden und damit schwer zu fassenden Materialeigenschaften von Reifen an. Die von Kritikern einer Winterreifenpflicht oft angeführten Schlagworte höherer Kosten und Umweltbelastungen durch einen zweiten Reifensatz, konnte er im Alleingang allerdings sogleich wieder entkräften: Schließlich werde beim Einsatz des einen Reifensatzes der jeweils andere geschont, womit in der Summe die gleiche Einsatzdauer erreicht werde und allenfalls die Kosten für das regelmäßige Umstecken der Räder zu Buche schlage.

Von der NEUE REIFENZEITUNG auf das von der Industrie eingeführte Schneeflockensymbol angesprochen, bei dessen Verwendung auf der Seitenwand eines Pneus dieser zuvor eine gewisse Mindestwintertauglichkeit (Traktion) bewiesen haben muss, gab sich Menge demgegenüber unwissend. Anscheinend wusste er vor dem Dunlop-Winterworkshop weder von diesem in der Branche mehr oder weniger akzeptierten „Quasistandard“ noch war ihm bekannt, dass daran die Erfüllung von Mindestleistungswerten gebunden ist. Wenn selbst ein Ministerialrat, der – wenn auch nur auf Ebene des Landes Rheinland-Pfalz – nach eigenen Aussagen schwerpunktmäßig mit der StVO-Thematik befasst ist, hier noch Wissenslücken hat, kann die schwammige Formulierung der neu gefassten Straßenverkehrsordnung in Bezug auf die korrekte Bereifung eines Fahrzeugs nicht wirklich verwundern.

Franz Nowakowski zeigte in seinem Vortrag einerseits auf, dass die Zahl der Unfälle, die auf Mängel an der Bereifung zurückzuführen sind, rückläufig ist (siehe auch Kastentext). Laut einer Dekra-Statistik sind dabei fast 37 Prozent der Mängel auf ungenügende Wartung der Reifen durch den Halter bzw. Fahrer des Fahrzeuges zurückzuführen sowie jeweils knapp 15 Prozent auf Betriebsschäden wie beispielsweise eingefahrene Nägel oder Ähnliches und Herstellungsfehler und annährend sieben Prozent Montage-/Reparaturfehler – in gut 27 Prozent der Fälle ließ sich die Schuldfrage nicht eindeutig feststellen. „Für den recht hohen Anteil von Herstellungsfehlern in dieser Statistik sind vor allem runderneuerte Reifen verantwortlich. Bei Premiummarken wie Dunlop, Michelin, Pirelli, Conti, Goodyear, Bridgestone usw. liegt die Mängelquote demgegenüber heute bei unter zwei Prozent“, wusste Nowakowski zu berichten, bevor er sich daran machte, in der von einem Spiegel-Beitrag ausgelösten Sieben-Grad-Diskussion für eine Richtigstellung sorgen zu wollen.

Dazu stellte er den vom Spiegel zitierten Bremswegwerten (bei sieben Grad, von 100 km/h auf null, bei Nässe und Trockenheit, ohne Angabe eines bestimmten Reifenmodells) andere Vergleichstests (bei 20 und fünf Grad, von 90 km/h auf 20 km/h, auf nasser Fahrbahn, ohne Angabe eines bestimmten Reifenmodells) gegenüber, wo der Winterreifen bei der niedrigeren Temperatur im Gegensatz zu den vom Spiegel publizierten Testergebnissen besser abschnitt. „Der ADAC-Test stellt nur eine Momentaufnahme dar. Gebremst wurde dabei aus einer Geschwindigkeit von 100 km/h bei sauberer Fahrbahn im trockenen oder nassen Zustand. Der Reibwert von Gummi ist aber stark abhängig von der Geschwindigkeit und der Auflagenfläche. Das heißt, dass Vollbremsungen aus 100 km/h stark unterschiedlich zur Verzögerung auf 50 km/h sind“, kommentierte Nowakowski dieses Ergebnis. Dumm nur, dass der Spiegel sich bei seinem Beitrag auf Messwerte der Zeitschrift AutoBild beruft und er mit seinen sicherlich richtigen Feststellungen den von ihm zuvor präsentierten Bremswegvergleich selbst ad absurdum führt. Denn was anderes wird dort getan, als Bremswege unterschiedlicher Geschwindigkeitsbereiche miteinander zu vergleichen?

Das zeigt, dass im Eifer des Gefechts rund um die Sieben-Grad-Thematik und mit sicherlich zu unterstellenden besten Absichten im Sinne reduzierter Winterunfallzahlen so manches Mal ein Apfel neben eine Birne gestellt wird, um anschließend deren tendenziell doch eher ähnliche Rundungen im Detail unterschiedlich zu interpretieren. Anders gestaltete sich die Fahrdemonstration auf dem Dunlop-Testgelände in Wittlich: Zwei jeweils identische Fahrzeuge konnten – zum einen bereift mit dem aktuellen „Winter Sport 3D“, zum anderen mit dessen 88er Urahn „Winter Sport“ – sowohl auf einem Nasshandlingkurs bewegt werden als auch einem ausgiebigen Bremswegvergleich auf nasser Fahrbahn unterzogen werden. So konnte jeder Teilnehmer an dem Workshop in diesen beiden Disziplinen selbst erfahren, wie sich die zuvor von Peter Becker, Leiter Pkw-Reifenentwicklung Dunlop Deutschland, und Jörg Vormfenne, Leiter der Dunlop-Teststrecke in Wittlich, in theoretischer Form präsentierten Vorteile der neuesten Reifengeneration in der Praxis auswirken. Wenn doch alle Ergebnisse nur immer so klar wären.

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