Rösler sieht sich als Opfer von Industriespionage

Gegen einen Fall von vermeintlicher Industriespionage muss sich derzeit die deutsche Rösler-Gruppe zur Wehr setzen. Wie das Unternehmen mit Sitz in Dortmund erklärt, erwäge man derzeit rechtliche Schritte gegen einen der weltweit größten Schaumhersteller Carpenter Co. aus den USA, da einer der hochrangigen Mitarbeiter Carpenters in Südafrika versucht haben soll, Details über das sich gerade in der Erprobung befindliche, weiterentwickelte Zeus-Triofill zu erlangen. Der Rösler-Gruppe wie auch der NEUE REIFENZEITUNG liegen vermeintliche Videobeweise vor, auf denen der besagte Mitarbeiter beim Fotografieren und Filmen in einer Produktionsstätte des südafrikanischen Unternehmens Quality Tyres gezeigt wird, bei dem Rösler derzeit das neue Zeus-Triofill erprobt.

Im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG macht Paul Rösler sen. seiner Wut richtig Luft. Wie er betont, regierte die Geschäftsleitung von Carpenter in Richmond (Virginia/USA) nicht einmal mehr auf Versuche der Kontaktaufnahme; Sekretärinnen wimmelten Anrufer aus Deutschland ab. Nun erwägt die Rösler-Gruppe rechtliche Schritte gegen den amerikanischen Weltkonzern, der insbesondere durch die Herstellung von Polyurethanschaum bekannt ist.

Zur Vorgeschichte: Am Samstag, 21. Mai, so schreibt die Rösler-Gruppe in einer Stellungnahme an die NEUE REIFENZEITUNG, habe sich Geoff Grindley, General Manager bei Carpenter Ltd., der britischen Tochtergesellschaft des amerikanischen Konzerns, zusammen mit einem früheren Manager des Runderneuerungswerks Quality Tyres in Benoni, Südafrika, durch Bestechung des Sicherheitspersonals Eintritt zum Werk verschafft. Auf Aufnahmen der Sicherheitskameras seien beide deutlich beim Befahren des Firmengeländes wie auch bei einem Rundgang durch die Produktionsstätte zu erkennen, betont Paul Rösler sen. Während ihres etwa 20-minütigen Aufenthalts in der Produktionsstätte sollen beide – in jedem Fall der Begleiter Grindleys – Video- und Fotoaufnahmen eines weiterentwickelten Reifendichtmittels Röslers gemacht haben, das seit etwa einem Jahr beim Kunden Röslers in Südafrika, eben bei Quality Tyres, erprobt wird. Auch Aufnahmen der dazugehörigen Pumpe sollen gemacht worden sein.

Die amerikanische Carpenter Co. ist ebenfalls auf dem Markt für Reifendichtmittel aktiv, wird also bei Rösler als einer der wichtigsten Wettbewerber gesehen. Die neue Rösler-Entwicklung ermögliche es, Schaum, der einmal als Dichtmittel genutzt wurde, durch einen chemischen Prozess zu verflüssigen und ihn anschließend erneut zum Einsatz zu bringen, deutet Paul Rösler sen. im Gespräch an, will aber keine Details zum innovativen Produkt nennen. Dieses neue Reifendichtmittel aus Polyurethanschaum sei extra außerhalb Europas getestet worden, um nicht die Aufmerksamkeit des Wettbewerbs zu erregen, heißt es dazu aus Dortmund. Insgesamt seien bisher 500.000 Euro in die Entwicklung geflossen.

Ob der General Manager der britischen Carpenter-Niederlassung wirklich in Südafrika bei Quality Tyres spioniert hat, sollen nach dem Willen der Rösler-Gruppe jetzt die Gerichte klären. Derzeit arbeiteten die Rösler-Anwälte eine Strategie für diesen internationalen Rechtsstreit aus.

Bekannt wurde der vermeintliche Fall von Industriespionage durch die Aufnahmen der Überwachungskameras bei Quality Tyres in Südafrika. Einen Tag nach der unerlaubten Werksführung begann die Polizei in Benoni vor Ort zu ermitteln. Das Haus des Begleiters Geoff Grindleys, der ein ehemaliger Manager bei Quality Tyres sein soll, wurde von der Polizei nach Beweisen untersucht. Man habe die Originalaufnahmen sichergestellt und eine Email auf dem Computer des Begleiters gefunden, die in die Carpenter-Zentrale nach Richmond geschickt worden sein soll, so Paul Rösler sen. weiter. An die Email angehängt sollen die entsprechenden Video- und Fotoaufnahmen gewesen sein, die Grindley und dessen südafrikanischer Begleiter von Röslers Neuentwicklung bei Quality Tyres gemacht haben sollen.

Am 3. Juni dann hat die Rösler-Gruppe eine Email in die Carpenter-Zentrale geschickt, in der die Vorwürfe das erste Mal formuliert wurden. Am selben Tag noch die Antwort von Frank Hurst, Senior Vice President der Carpenter Co. Hurst kündigt darin eine „umgehende Untersuchung“ der „Spionage-Behauptungen“ an. Man wolle sich umgehend bei Geoff Grindley um Klärung der Anschuldigungen bemühen; man nehme darüber hinaus die „Behauptungen ernst“ und es sei stets Carpenters Firmenpolitik gewesen, „die Urheberrechte aller dritter Parteien zu respektieren“.

Eine Woche später dann, am 10. Juni, habe die Rösler-Gruppe Kopien der Aufnahmen der Sicherheitskameras aus der Quality-Tyres-Produktsstätte nach Richmond geschickt, um die Anschuldigungen zu untermauern. Die Aufnahmen lagen nicht früher in Dortmund vor. Seitdem hört man bei Rösler nichts mehr aus den USA: „Die reagieren nicht mehr.“ Nun müsse man leider den Anwälten das weitere Verfahren überlassen, so Rösler sen. im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG.

In der Zwischenzeit hat das zunächst direkt von der vermeintlichen Industriespionage betroffene Unternehmen Quality Tyres aus Benoni, Südafrika, Klage gegen seinen ehemaligen Mitarbeiter sowie gegen Geoff Grindley eingereicht, der allerdings nicht mehr in Südafrika weilen soll. Der Begleiter Grindleys, betont Paul Rösler sen., habe bereits ein Quasi-Schuldeingeständnis gegenüber den jetzt ermittelnden Behörden in Johannesburg gemacht und wolle sogar etwaige entstandene Schäden tragen.

Welche Schäden wem genau entstanden sind oder vielleicht noch entstehen werden, sollten sich die Anschuldigungen der Rösler-Gruppe vor Gericht als belegbar und somit wahr herausstellen, muss sich erst noch zeigen. Bei Rösler ist man sich nicht sicher, inwieweit Wettbewerber Carpenter nun ein ähnliches Reifendichtmittel inkl. Pumpe auf den Markt bringen könnte. Bei Rösler jedenfalls rechnet man derzeit mit dem Schlimmsten.

Die NEUE REIFENZEITUNG erhielt auf eine offizielle Anfrage in der Carpenter-Zentrale hin keinerlei Antwort. Dessen ungeachtet wird sich die Redaktion der NEUE REIFENZEITUNG zusammen mit ihren internationalen Kooperationspartnern in den USA bei Tire Review sowie in Südafrika bei Southern Africa Treads um weitere Stellungnahmen zu den Anschuldigungen bemühungen.

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