Firestone und Ford gehen in Amerika getrennte Wege

Eine der hässlichsten Auseinandersetzungen zweier Firmen in den Vereinigten Staaten ist Anfang April still und leise zu Ende gegangen. Nach 97 Jahren geschäftlicher und sogar enger familiärer Beziehungen lieferte Bridgestone-Firestone am ersten Tag des Monats den letzten Schwung Reifen an Ford in Kansas City. Diese letzte Lieferung ist der Abspann auf eine der größten und teuersten Reifen-Rückrufaktionen, die – begleitet von gegenseitigen Schuldzuweisungen und Anhörungen – in der automobilen Geschichte der USA bisher stattgefunden hat. Der Auslöser waren zahllose Unfälle Ende der neunziger Jahre mit den Ford-Geländewagen Explorer, die scheinbar auf unzureichende Reifen, eben jene von Firestone, zurückzuführen sein sollten. Vor gut zwei Jahren gipfelte die unrühmliche Auseinandersetzung darüber, wer für etliche Reifenplatzer und daraus entstehender Autounfälle mit bis zu 271 Toten verantwortlich ist, darin, dass John Lampe, CEO von Bridgestone-Firestone, die Beziehungen zu Ford aufkündigte. Diese Entscheidung fiel, nachdem Ford den Austausch von 13 Millionen Firestone-Reifen beschlossen hatte, die auf den Geländewagen Explorer und Ranger aufmontiert worden waren. Betroffen waren die Modelle ATX, ATX II und Wilderness, ausschließlich in der Größe P 235/75 R 15, von denen etwa zwei Drittel über die Erstausrüstung der besagten Ford-Fahrzeuge in den Markt gekommen waren. Firestone schob die Schuld an den Unfällen auf den Explorer-Geländewagen. Ford konterte, es handele sich dabei einzig und allein um ein Problem mit den Firestone-Reifen. Die amerikanische Sicherheitsbehörde NHTSA (National Highway Traffic Safety Administration) stellte sich damals an die Seite des Fahrzeugherstellers Ford, ohne Firestone jedoch einen Produktfehler der entsprechenden Modelle nachzuweisen. Einen Tag, nachdem die unscheinbare Fracht das Bridgestone-Firestone Werk in Oklahoma City in Richtung des nahe gelegenen Kansas City verlassen hatte, schrieb der Verkaufsleiter bei Bridgestone-Firestone, John Behr, einen ebenso unscheinbaren Brief an Fords Einkaufsabteilung: “Diese Lieferung stellt das Ende der geschäftlichen Beziehungen zwischen Ford und Bridgestone-Firestone in den Vereinigten Staaten und Kanada dar. Ich glaube, heute ist der erste Tag während der vergangenen 97 Jahre, dass Ford und Bridgestone-Firestone in diesem Markt keine Geschäfte machen.” Außerhalb Nord-Amerikas werde die Zusammenarbeit der beiden Unternehmen jedoch weitergehen, sagen Vertreter von Ford und Firestone. Beim Reifenhersteller hofft man indes darauf, die Beziehungen für den amerikanischen Markt irgendwann und irgendwie wieder aufnehmen zu können. “Man sollte niemals nie sagen”, stellt Firestone-Sprecherin Christine Karbowiak fest. Ford-Sprecher Paul Wood lehnt Spekulationen über die zukünftigen Beziehungen der beiden Firmen allerdings ab: “In Nord-Amerika machen wir keine gemeinsamen Geschäfte mehr; das ist alles, was wir derzeit sagen können.” Begonnen hatte die langjährige Beziehung der beiden amerikanischen Traditionsunternehmen im Jahre 1906, als Henry Ford bei Harvey Firestone 20.000 Reifen bestellte. Später entwickelten die beiden Pioniere der Automobilbranche eine enge Männerfreundschaft, die 1948 sogar in eine Hochzeit zwischen den beiden Enkelkindern William Clay Ford und Martha Parke Firestone mündete. arno.borchers@reifenpresse.de

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