Der größte Räderhersteller der Welt kann sich auf seine European Wheel Group stützen
Mit durchzuhörender Begeisterung berichtet Büchel im Gespräch von allen Umbaumaßnahmen im Werk Königswinter, das heute eine Perle des Konzerns sein dürfte und an dem sich auch Wettbewerber messen lassen müssen, sofern sie denn wettbewerbsfähig bleiben wollen. Seit rund zwei Jahren habe man, so Büchel, alle Maßnahmen begonnen, die man zuvor bereits hätte einleiten können, wenn nicht gar einleiten müssen. Doch die damals als Alleininhaberin fungierende Familie Lemmerz hat offenbar die Last der großen Investitionen nicht tragen wollen, sondern sich für einen Verkauf an Hayes entschieden. Gab es vor drei Jahren in Königswinter gerade mal drei Roboter, so sind es nun 60 an der Zahl. Umbau und Automatisierung des Werks sind weitgehend abgeschlossen und, was noch wichtiger ist, "alle Roboter und sonstigen Rechnungen sind auch bezahlt", schiebt Büchel sofort nach. Die derzeit vorhandene, aber nicht völlig ausgefahrene Produktionskapazität beläuft sich auf 2.400 Pkw-Stahlfelgen und 400 Lkw-Stahlfelgen. Stündlich! Nachdem alle Maßnahmen abgeschlossen sind, wird das Werk in Königswinter 1,5 Millionen Lkw-Stahlräder und 7 Millionen Pkw-Stahlräder jährlich herstellen können.Was Büchel selbst in seiner Begeisterung als Ingenieur glänzend gefällt, ist dennoch nicht zu allen Zeiten gut angekommen in der Belegschaft, die aus Angst um die Arbeitsplätze auch ganz gerne an alten und altbekannten Vorgängen festgehalten hätte. Denn entstanden ist in Königswinter nicht allein eine hochmoderne Fabrik, eigentlich eine komplett neue Fabrik, sondern in Fortfall sind zwangsläufig auch viele Arbeitsplätze geraten. Dabei hilft das gesamte Umfeld sicher nicht. Den derzeit 700 Aktiven am Rhein stehen 1.600 Rentner und Pensionäre gegenüber, die Zeit und Muße genug haben, sich über die guten alten Zeiten zu verbreiten. Die Roboter sind nun mal eine Notwendigkeit, ein wirklich respektables Trostpflaster hat das Unternehmen aber mit seiner Lehrwerkstatt geschaffen. Büchel legt Wert auf die Feststellung, man habe sich zunächst um diese Lehrwerkstatt gekümmert, weil ansonsten die Gefahr bestanden hatte, Projekte dieser Art wegen Überschreitung der Planungskosten entweder ganz zu streichen, zumindest aber zu verschieben.Dennoch kann das Management dem permanenten Druck nach Kostensenkungen nicht ausweichen und wird deshalb wohl zusätzlich noch Kapazitätsanpassungen vornehmen müssen, weil für zur Verschärfung von Überproduktion hergestellte Räder Preise zerstören und dem Unternehmen nicht nach vorn helfen können. "Heute sind wir" – so Büchel -, "nachdem wir die Kostenführerschaft errungen haben, sehr gut für die Zukunft gewappnet. Aber der Anpassungsprozess ist auch am Rhein noch nicht beendet. Von etwa 150 von derzeit noch 850 Arbeitnehmern (700 gewerbliche und 150 angestellte) wird man sich zu trennen haben, so dass letztlich etwa 600 Arbeitsplätze für gewerbliche Mitarbeiter und 100 für angestellte Belegschaftsmitglieder verbleiben werden. Büchel: "Weil wir auf betriebsbedingte Kündigungen verzichten können und verzichten wollen, wird es auch keine Tumulte hier geben."Die European Fabricated Wheels Group erreicht einen Umsatz in der Größenordnung von etwa 350 Millionen Euro. Sie umfasst nicht allein die Aktivitäten in Königswinter (über die von dem Italiener G. C. Dallera von Mailand aus gemanagte European Aluminum Wheels Group wird in einer späteren Ausgabe berichtet werden), sondern auch Aktivitäten und Fabrikationsstätten in Spanien, Tschechien, Brasilien, Türkei und Indien. Und die gesamte European Wheels Group (Stahl und Aluminium) zählt nach Büchels Überzeugung "sowohl von der Qualität als auch vom Ergebnis her zu den Besten in Europa". Um es noch einmal und möglichst einfach auszudrücken: Die Welt des Hayes Lemmerz-Konzerns teilt sich in zwei Hälften. Zum einen Nordamerika, wo Hayes managt und derzeit auch vor dem Hintergrund schwieriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen in heftigen Turbulenzen ist, und dann die European Wheels Group, welche den Rest der Welt managt.Allen Schwierigkeiten zum Trotz zeigen sich die Kunden-/Lieferantenbindungen aber auch in diesen Monaten als sehr stark. "Wir haben" – sagt Büchel – "unsere Hausaufgaben gemacht, verfügen über die neuesten Technologien und über ausgezeichnete Verbindungen mit der Automobilindustrie, so dass wir negative Einflüsse von dieser Seite überhaupt nicht erfahren mussten. Wir fahren einen harten Konsolidierungskurs und unser neuer CEO ist Tag und Nacht damit beschäftigt, den Konzern auf Kurs und auf Trab zu bringen. Wenn wir einen Klump am Fuß haben, dann müssen wir ihn entfernen. Wir gehen wieder zu unseren Wurzeln zurück und werden, wenn erst alle Schwierigkeiten überwunden sind, stärker als zuvor sein."Wie es mit dem Gesamtkonzern Hayes Lemmerz weitergeht, wird diese Zeitschrift vermutlich bereits in der Januar-Ausgabe 2002 beleuchten können. Bis dahin soll der seit diesem Jahr tätige neue CEO Curtis Clawson die zukünftige Strategie verbindlich definiert haben, auf die nicht allein die Shareholder, sondern auch Lieferanten wie Kunden und last but not least die Belegschaft Vertrauen setzen können." klaus.haddenbrock@reifenpresse.de
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