BRV sieht „kolportierte Einsparungspotenziale“ bei Ganzjahresreifen als „unseriös“ an

Die Tatsache, dass Ganzjahresreifen mittlerweile bei einer ganzen Reihe von Endverbrauchern wieder deutlich im Fokus stehen, hat dem Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) zufolge zwei wesentliche Ursachen: Zum einen haben wir seit mittlerweile fünf Jahren keinen echten Winter und damit keine winterlichen Straßenverhältnisse in großen Teilen Deutschlands mehr gehabt, so dass die daraus resultierende Frage, ob man denn da überhaupt noch Winterreifen braucht, zumindest plausibel erscheint. Zum anderen spielt bei Ganzjahresreifen bei vielen Kunden zunehmend aus Bequemlichkeitsgründen in erster Linie der Zeitfaktor, d.h. der Wegfall der beiden Umrüsttermine, die entscheidende Rolle. „Trotzdem haben wir, auch unter Berücksichtigung der aktuellen Testergebnisse zu Ganzjahresreifen, keine Veranlassung unsere bisherige Empfehlung zu Sommerreifen im Sommer und Winterreifen im Winter maßgeblich zu korrigieren“, unterstreicht der Verband in einer Mitteilung. „Weder von den Performance-Eigenschaften der Ganzjahresreifen/Allwetterreifen im Vergleich zu den jeweiligen Spezialisten im Sommer und im Winter noch von den Kosten her sind Ganzjahresreifen die bessere Variante – in vielen Fällen eher im Gegenteil“, ist der BRV überzeugt.

„Nach wie vor liegen Ganzjahresreifen/Allwetterreifen von der Anschaffung her deutlich über und von der Laufleistung her deutlich unter dem kombinierten Einsatz“, so der Verband weiter. „Insofern bleibt es bis auf Weiteres bei unserer Empfehlung, dass Ganzjahressreifen/Allwetterreifen eher für Klein- und Kompaktwagen mit relativ geringer Motorisierung und niedrigen Kilometerlaufleistungen im Jahr, die vornehmlich in Ballungsgebieten und Großstädten bewegt werden – also in der Regel sogenannte Zweit- und Drittfahrzeuge – geeignet sind. Das betrifft gleichfalls Verteilerfahrzeuge in Ballungsgebieten und Großstädten.“

Im Einzelnen stelle sich das wie folgt dar, so der BRV: „Berücksichtigt man die Prämisse, dass zum objektiven Vergleich der Performance-Eigenschaften von Ganzjahresreifen zu denen der Spezialisten Sommer- und Winterreifen jeweils nur die entsprechenden Reifen eines Herstellers heranzuziehen sind und damit selbstverständlich existente Unterschiede zwischen Premium-, Quality- und Budgetreifen, die hinlänglich bekannt sind, auszuschließen, belegen die aktuellen Reifentests nach wie vor, dass auch die modernen Ganzjahresreifen aller Reifenhersteller und Marken im Vergleich zu deren Spezialisten, den Sommer- und Winterreifen, einen Kompromiss darstellen. Das heißt, dass die Performance-Eigenschaften von Ganzjahresreifen, wenn auch auf unterschiedlichem Niveau von Hersteller zu Hersteller (Premium-, Quality- oder Budget)

  • unter denen von Winterreifen, hier allerdings zum Teil nur geringfügig, liegen, Ganzjahresreifen damit eigentlich fast recht passable Winterreifen sind und
  • unter denen von Sommerreifen, hier zum Teil deutlich, liegen.

Eine Vielzahl, auch von aktuellen Tests, ist daher eben gerade nicht geeignet, zur objektiven Bewertung, zum objektiven Vergleich, herangezogen zu werden, da i.d.R. immer unterschiedliche Fabrikate bei Sommer-, Ganzjahres- und Winterreifen verglichen werden und darüber hinaus auch noch Fabrikate von unterschiedlichem Niveau (Premium-, Quality- oder Budget).“

Der Verband weiter: „Was die Wirtschaftlichkeit von Ganzjahresreifen im Vergleich zu den Spezialisten Sommer- und Winterreifen betrifft, müssen die am Markt kolportierten Einsparungspotentiale zum Teil fast schon als unseriös eingestuft werden. Richtig ist unbestritten, dass die jährliche Umrüstung entfällt und damit insbesondere, wie schon gesagt, die dafür benötigte Zeit aber auch die diesbezüglichen Kosten (Montage-/Demontage, Räder/Felgen und Einlagerung). Zur realistischen und objektiven Kostenbetrachtung sind aber zwei wesentliche Schwachpunkte von Ganzjahresreifen zu berücksichtigen, die von den Verfechtern von Ganzjahresreifen gern verschwiegen werden:

  • Das sind sowohl die bereits angeführten Anschaffungskosten für Ganzjahresreifen, die durchschnittlich auf dem Preisniveau von Winterreifen und damit durchschnittlich 30 Prozent über denen der Sommerreifen des jeweiligen Herstellers liegen und
  • die deutlich geringere Laufleistung von Ganzjahresreifen im Vergleich zum kombinierten Einsatz von Sommerreifen im Sommer und Winterreifen im Winter, die nach unseren Erfahrungen und bis dato von den Reifenherstellern unwidersprochen bei bis zu 30 Prozent liegt (auch hier im Vergleich der entsprechenden Reifen eines Herstellers). Damit relativieren sich die vermeintlichen Mehrkosten in Form von vier zusätzlichen Felgen für die Winterreifen, einschließlich der Sensoren bei direkten Reifendruckkontrollsystemen und die Kosten für die gegebenenfalls notwendige Einlagerung pro Saison doch deutlich und werden, je nach jährlicher Laufleistung des Fahrzeuges, fast wieder kompensiert.“

Darüber hinaus entfielen eben nicht nur die beiden saisonbedingten Umrüsttermine, sondern auch die zweimal im Jahr in diesem Zusammenhang mit durchgeführten Inspektionen der Reifen durch entsprechendes Fachpersonal. Dementsprechend empfehlen insbesondere Sicherheitsexperten auch bei Ganzjahresreifen, diese zumindest einmal im Jahr einer Überprüfung in einem Fachbetrieb oder einer Fachwerkstatt unterziehen zu lassen.

Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) komme dem BRV zufolge darüber hinaus „nach umfänglicher Bewertung der Thematik zu dem Schluss, dass angesichts der Tatsache, dass die meisten Unfälle auf trockenen Straßen geschehen, es aus Sicherheitsaspekten von Vorteil ist, wenn anstelle von Ganzjahresreifen auf sommerlichen Straßen Sommerreifen gefahren werden. Auch wenn im Vergleich zu Winterreifen die Ganzjahresreifen auf winterlichen Straßen, das heißt auf Schnee oder Nässe, nur marginal schlechter abschneiden, gilt das Gesamtfazit, dass ein Wechsel der Reifen mit guten Eigenschaften für die jeweiligen saisonal typischen Straßenzustände (also Sommerreifen im Sommer und Winterreifen im Winter) zu empfehlen ist“, unterstreicht der BRV abschließend. ab

 

1 Antwort
  1. willy matzke says:

    Und es ist alle net wahr !
    Als Vertreter der Reifenhändler muss man so argumentieren, wenngleich nicht einmal der Verweis auf Reifentests stimmt. Der heute in Autobild veröffentlichte (wahrscheinlich einzig objektive und dem Konsumenten verpflichtete) Test von AW-Reifen zeigt in 11 von 12 Kategorien, dass moderne AW-Reifen fast alles besser können. Der wahrscheinlich genialste Reifenentwickler, dessen Reifen die Seriensieger sind, sagte unter vorgehaltener Hand auch: “Klar können wir einen AW-Reifen der Alles kann und obendrein länger hält.” Gebaut wir er (noch) nicht, um das Geschäft am Rücken der Autofahrer nicht zu stören. In Österreich gibt es ein geheimes Abkommen, ja nichts über AW-Reifen zu veröffentlichen, die Industriehörigen Autoclubs folgen brav. Sie testen AW Reifen gar nicht, oder wie der GTÜ/ACE reden gegen AW-Reifen ohne sie überhaupt geprüft zu haben. Frage an jene, die sich für Experten halten: Welcher Unterschied ist größer ,Trocken und Schnee oder Trocken und Nass ? Auf trockenem Schee und Eis ist man sogar mit Slicks und wenigen klugen Mustern souverän unterwegs, solange sich keine Nässe dazwischen schwindelt. Und in der Nässe sind AWs den Winterpneus um Lichtjahre überlegen. Vor allem aber: Wenn Winterpneus viel Trocken gefahren werden (durch den Sommer) sind sie im nächsten Winter nahezu wertlos und sehr gefährlich, weil die Lamellen stumpf sind, bei AWs nicht. Bisher habe nur ich das auf (eigenen) Testparcours erhoben. Um die vermeintlichen Vorteile der Winterpneus bei Traktion auf Schnee zu erhalten, müsste man ständig ummontieren und sie nur im Schnee fahren, das gibt es nur im Rallyesport. Schon beim Bremsen auf Schnee, sind moderne AWs besser. Einer der Besten AWs kommt aus jenem Haus, wo man für das Wort Allwetterreifen bis vor kurzen gesteinigt wurde. Ein Betriebsunfall ?
    Das fragt sich Willy Matzke im bisher 50igsten ! Testjahr. Wer bietet mehr??

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