Mitas stellt die Weichen für die Zukunft
Nach der Akquisition des Landwirtschaftsreifengeschäftes von Continental 2004 war das vergangene Jahr vielleicht das wichtigste in der jüngeren Geschichte von Mitas. Denn 2013 verlängerte der tschechische Spezialreifenhersteller das Lizenzabkommen zur Nutzung des Markennamens Continental bis zum Jahre 2019. Und 2013 wurde die Landwirtschaftsreifenproduktion, die im Continental-Werk Otrokovice verblieben war, in eine neue, lediglich ca. drei Kilometer entfernte eigene Fabrik umgesiedelt. (Den frei gewordenen Raum nutzt Continental jetzt übrigens zum Aufbau weitere Lkw-Reifenfertigungskapazitäten).
Mit Stolz präsentierte Mitas das in den letzten Jahren Erreichte gegenüber europäischen Fachjournalisten, präsentierte sich selbst und lässt erwarten, dass von jetzt an der „Markenswitch“ von Continental auf Mitas mit Verve vorangetrieben wird. In einer Übergangsphase wird es dabei notwendig sein, dass es technisch identische Produkte gibt, bei denen sowohl Continental als auch Mitas auf der Seitenwand stehen wird. Während im Ersatzgeschäft das Markenimage eine Rolle spielt, geht es den Erstausrüstungskunden fast ausschließlich um das, was technisch in den Reifen enthalten ist, erklärt Verkaufs- und Marketingdirektor Andrew Mabin, warum der Switch im Geschäft mit den Fahrzeugherstellern wohl problemloser vonstatten gehen wird. Dass mit der Umbenennung sukzessive die Lizenzgebühren sinken, die das Unternehmen von Prag nach Hannover zu überweisen hat, sei ganz nett, aber nicht ausschlaggebend. Vielmehr wisse man nicht, ob die Continental AG die Absicht habe, ins Landwirtschaftsreifengeschäft mit ihrer Hauptmarke zurückzukehren.
In einigen wenigen Regionen dieser Welt vermarktet Continental ja Landwirtschaftsreifen unter den Marken General und Simex, in noch weniger hätte sie sogar das Recht schon heute, Continental-Landwirtschaftsreifen zu vermarkten. Aber bis 2019 eben nicht in den wichtigen märkten wie Europa einschließlich Russland, ist Mabin bis auf Weiteres entspannt. Ob Continental der Firma Mitas gegen Zahlung eines Abschlages die Lizenzrechte vor 2019 zurückkaufen wolle, ist auch nicht mehr als eine Spekulation. Mitas hat jedenfalls alle Weichen gestellt, um sich als eigenständiger Anbieter in größeren und kleineren Nischen des Reifenmarktes weiterzuentwickeln.
Hersteller von „Off-The-Road“-Reifen
Mitas ist Hersteller von Off-The-Road-Reifen (Landwirtschaft, Industrie, Motorrad). Die Geschichte von Mitas geht auf das Jahr 1933 zurück, als Michelin die Pneu Michelin a.s. in Prag gründete und dort eine Reifenfabrik errichtete. Derzeit betreibt Mitas drei Reifenwerke in der Tschechischen Republik: am Unternehmenssitz in Prag, in Otrokovice und in der von dort gerade einmal gut zehn Kilometer entfernten Nachbarstadt Zlín. Im Jahre 2008 hatte Mitas die Gelegenheit genutzt, aus der Insolvenzmasse der damaligen Galaxy das serbische Diagonalreifenwerk Rumaguma, in dem gleichwohl erste Vorbereitungen zur Umstellung auch auf Radialreifen bereits eingeleitet waren, zu erwerben. Und die Schieflage eines Unternehmens half auch in den Vereinigten Staaten bei einem Standort: Der „Motor-Home“-Hersteller Winnebago war gezwungen gewesen, seine Produktionsstätte in Charles City (Iowa) zu schließen, Mitas konnte die Hallen übernehmen und fertigt dort seit 2012 Landwirtschaftsreifen radialer Bauart. In Slowenien konnte Mitas ebenfalls 2012 Savatech erwerben und so sein Portfolio an Geländereifen für Motorräder ausweiten.
Mitas unterhält außerdem ein ausgedehntes internationales Vertriebsnetzwerk in 14 Ländern, einschließlich USA und Mexiko, und ist mit einem Jahresumsatz von 423 Mio. Euro bei einem Profit von 47 Millionen Euro (jeweils 2013, Umsatzrendite also über fünf Prozent) einer der führenden europäischen Hersteller von Reifen für Landwirtschaft und Baugewerbe. Die Investitionen in Forschung und Entwicklung liegen zwischen fünf und sechs Prozent. Der Marktanteil in Europa in diesen Segmenten wird auf gut ein Drittel beziffert. Mitas ist Mitglied der CGS Holding Group, deren Gesellschafter heißen Tomáš Němec und Oldřich Šlemr. Operativ geführt wird das Unternehmen vom Generaldirektor und Chairman Jaroslav Čechura.
Zur Unternehmensgruppe gehört auch das Institut Gumáreské Technologie a Testováni (IGTT) in Zlín, das allerdings nicht nur für die CGS Holding a.s. arbeitet, sondern beispielsweise auch für Premiumhersteller aus westlichen Ländern (zum Beispiel Pkw-Reifenformen für Michelin, Goodyear und andere), die in Osteuropa Reifen produzieren. Das IGTT stellt unter anderem Vulkanisationsformen her, führt Indoor-Tests von Reifen in eigenen Laboratorien durch und ist als unabhängiges Laboratorium vom Tschechischen Ministerium für Transport akkreditiert. Der Umsatz von mehr als zehn Millionen Euro wird zu mehr als 90 Prozent mit der CGS bestritten, das IGTT ist im Prinzip profitorientiert, was in seiner Funktion als Dienstleister für CGS/Mitas allerdings relativiert werden muss.
Im vergangenen Jahr kamen 72 Prozent der Einnahmen aus dem Geschäft mit Landwirtschaftsreifen (der Marken Mitas und Cultor sowie Continental in Lizenz), 19 Prozent mit Industriereifen und zwei Prozent aus dem Bereich Motorradreifen. Der Rest wird durch den Verkauf anderer Produkte und Leistungen abgedeckt. Ca. 85 Prozent der von Mitas hergestellten Reifen werden an Kunden in Europa geliefert (davon entfallen fünf Prozent auf Russland), elf Prozent werden in Nordamerika vermarktet. Das Unternehmen beabsichtigt jedoch, die weltweite Präsenz zu erweitern.
Die Marke Mitas bietet ein umfassendes Sortiment von Radial- und Diagonalreifen für Traktoren und Anhänger und eine große Auswahl an Industrie- und MPT-Reifen sowie OTR-Reifen. Das Segment der Marke Mitas beinhaltet außerdem Reifen für Off-Road-Motorräder und Flugzeuge. Reifen der Marke Mitas sind für den weltweiten Vertrieb in Erstausrüstung und Ersatzgeschäft bestimmt. Landwirtschaftsreifen der Marke Continental decken ein umfassendes Sortiment von Radialreifen hauptsächlich für Traktoren und Erntemaschinen ab, mit dieser Marke hat Mitas in der Vergangenheit den Fokus auf die Entwicklung von Großreifen gelegt, der erste Super Flexion Tire (SFT) ist allerdings vor wenigen Wochen in der Supergröße 1.250/50 R32 A8 gefertigt worden und trägt bereits den Namen Mitas auf der Seitenwand. Landwirtschaftsreifen der Eigenmarke Cultor bieten schließlich ein umfassendes Sortiment von Radial- und Diagonalreifen hauptsächlich für Traktoren und andere landwirtschaftliche Fahrzeuge und decken den Economy-Sektor ab, der von der Technologie der Hauptmarke(n) profitieren soll.
Otrokovice steht auch für Continental
Mitas stellt seit nunmehr zehn Jahren Continental-Landwirtschaftsreifen in Lizenz her. Seit der Unterzeichnung des Lizenzvertrages im Jahr 2004 wurden über 300.000 Tonnen Continental-Reifen produziert. Die Gesamttonnage produzierter Landwirtschaftsreifen im Konzern belief sich im vergangenen auf knapp 64.000, wovon gut ein Drittel im größten Einzelmarkt Deutschlands vermarktet wurden. Seit 2004 ist der meistverkaufte Continental-Reifen von Mitas der 420/85 R 34 AC 85 142 A8. Derzeit werden mehr als 200 verschiedene Landwirtschaftsreifen der Marke Continental angeboten. Dass die Anzahl der Mitas-Varianten im Landwirtschaftsbereich fast doppelt so hoch ist, mag als Beleg dafür dienen, für welche der beiden Marken das Herz des Unternehmens kräftiger schlägt. „Reifen der Marke Continental machen einen wichtigen Teil unseres Portfolios aus“, so CEO Čechura. „Den größten Anteil an Continental-Reifen produzieren wir im neuesten Reifenwerk Europas in Otrokovice, in der Tschechischen Republik.“ Mabin ergänzt: „Den größten Anteil unseres Verkaufs in Tonnen erreichen wir mit Reifen der Marke Continental, aber es gibt eine deutliche Verschiebung hin zu Reifen der Marke Mitas. Wir rechnen damit, dass wir im Jahr 2014 bezogen auf die Tonnage mehr Mitas- als Continental-Reifen verkaufen.“
Unter voller Auslastung der Jahresapazität (sowohl unter dem Continental-Dach wenige Autominuten entfernt wie jetzt in eigenen Hallen 42.000 Tonnen) wurde im neuen Radialreifenwerk von Mitas in Otrokovice mit der Produktion begonnen. Mitas schaffte es in weniger als einem Jahr, ein ganz neues Werk zu bauen und investierte dafür ca. 40 Millionen Euro. Darin enthalten sind die Bauarbeiten sowie die Verlagerung und Modernisierung der Produktionstechnologie. Das Gelände der neuen Produktionsstätte misst insgesamt 24.000, das Grundstück 78.000 Quadratmeter.
„Es ist uns gelungen, dieses modernste aller Mitas-Werke in weniger als zwölf Monaten zu errichten“, sagt Josef Křemeček, Werksleiter sowohl für den Standort Otrokovice als auch für Zlín. „Mitas ist bestrebt, immer die neuesten Technologien einzusetzen, was diese neue Produktionsstätte zu einer der fortschrittlichsten der Welt macht, wenn es um die Herstellung von radialen Landwirtschaftsreifen geht“, ergänzt er. Völlig „autark“ ist Otrokovice allerdings nicht, sondern eingebunden in einen Produktionsverbund mit den anderen beiden tschechischen Mitas-Reifenwerken. So bezieht das neue Werk Halbzeuge aus Prag und die Gummimischungen aus Zlín. War der Umzug des Werkes schon eine enorme logistische Herausforderung, so gehen also die logistischen Aufgabenstellungen weiter. Hingewiesen sei allerdings auch darauf, dass Mitas bereits zu Zeiten der „Untermiete“ bei Continental beispielsweise sukzessive auf Gummimischungen aus Zlín umgestellt hatte.
Die Bauarbeiten für das neue Werk begannen am 7. August 2012. Ende Mai 2013 war der Bau der Produktionshalle abgeschlossen, am 2. Juli 2013 wurde der erste Reifen vulkanisiert. In weniger als einem Jahr gelang es Mitas also, die gesamte Reifenproduktion samt der etwa 600 Mitarbeiter aus der Produktionsstätte im Industriegelände Barum-Continental zum neuen Standort (genannt das TOMA-Gelände) zu verlagern. „Das neue Werk in Otrokovice produziert bereits mit voller Auslastung, und die Fabrik in Nordamerika (in der ausschließlich Reifen der Marke Mitas gefertigt werden, d. Red.) ist auch schon in der Lage, die Produktion voll aufzunehmen. Mitas ist jetzt bereit, weltweit den Markt für sich zu gewinnen, mit hochqualitativen und langlebigen Reifen aus den fortschrittlichsten Reifenwerken der Welt“, so Mitas-CEO Jaroslav Čechura. „Dank der engen Kooperation und der Investitionen in unsere Fabriken waren wir in der Lage, unsere Produktionskapazität so zu optimieren, dass es während des ganzen Übergangsprozesses keine Beeinträchtigungen bei Lieferungen an unsere Kunden gab.“ Und das ist die herausragende Leistung. detlef.vogt@reifenpresse.de
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