Nano-Additiv von Lanxess soll Reifenabrieb verringern
Der Spezialchemie-Konzern Lanxess hat ein neues Hochleistungs-Gummi-Additiv entwickelt: Nanoprene. Durch diesen Materialzusatz für die Kautschukmischung der Lauffläche soll der Abrieb von Automobilreifen deutlich verringert werden. Die wesentlich höhere Lebensdauer des Verschleißteils Reifen schont den Geldbeutel und auch die Umwelt. Anders als bei vielen Neuentwicklungen auf dem Reifengummisektor seien mit dem Einsatz dieses Additivs zur Verbesserung der Abriebfestigkeit keine Abstriche in Sachen Rollwiderstand und Nassrutschfestigkeit verbunden, teilt der Zulieferer der Reifenhersteller mit.
„Die Erhöhung der Lebensdauer von Reifen ohne Einbußen bei anderen wichtigen Laufflächeneigenschaften war eine erhebliche Herausforderung für die Gummiindustrie“, erklärt der Nanoprene-Entwickler Prof. Dr. Werner Obrecht, Kautschukexperte bei der Lanxess-Geschäftseinheit Technical Rubber Products (TRP). „Allen erfreulichen Entwicklungen der letzten 20 Jahre zum Trotz: Nach einer Laufleistung von rund 40.000 Kilometern ist das Profil in der Regel abgefahren. Dann müssen neue Reifen her. Das ist nicht nur für den Kunden ärgerlich: Denn die feinen Gummipartikel, die beim Abrieb entstehen, gelangen schließlich in die Umwelt.“ Über das „Magische Dreieck der Reifentechnologie“ sind die Abriebeigenschaften eines Reifengummis verknüpft mit seiner Nassrutschfestigkeit und seinem Rollwiderstand: Vereinfacht gesprochen: Man kann nicht alles gleichzeitig haben, also niedrigen Spritverbrauch, Sicherheit auf trockenen wie nassen Straßen und einen Reifen, der ewig hält. Will man eine dieser Eigenschaften verbessern, ist das nicht ohne Zugeständnisse bei den anderen machbar.
Mit Nanoprene lasse sich dieser Zielkonflikt entschärfen, heißt es. Chemisch gesehen besteht dieses Additiv aus lediglich rund 50 Nanometer großen Partikeln aus polymerisiertem Styrol und Butadien – also „klassischen“ Reifengummirohstoffen. Der Clou ist die geringe Größe und die Oberflächenfunktionalität, die bei Lanxess in einem hoch spezialisierten Produktionsverfahren sichergestellt werde. Die Nanoteilchen mit dem quellbeständigen, hoch vernetzten Kern tragen an ihrer Oberfläche spezielle „Ankerstellen“, über die sich die Nanoprene-Partikel hervorragend mit Silica (Kieselsäure) und Silanen verbinden. Silica wird in modernen Reifen statt Ruß zur Verringerung des Rollwiderstandes eingesetzt und verleiht dem Reifen eine signifikant bessere Nassrutschfestigkeit. „Durch den Zusatz von Nanoprene zu einer silicahaltigen Laufflächenmischung werden der Abriebwiderstand und der Griff verbessert. Gleichzeitig bleibt der Rollwiderstand auf niedrigem Niveau. Das Magische Dreieck wird also erweitert“, bringt Prof. Obrecht die chemisch-physikalischen Zusammenhänge auf den Punkt.
Mit verfahrenstechnischen Nachteilen sei der Nanoprene-Einsatz nicht verbunden: Der Reifenhersteller könne, anders als bei den meisten „klassischen“ Additiven, seine bewährten Gummirezepturen beibehalten und den Verschleiß durch Abrieb dennoch deutlich verringern. „Man kann Nanoprene durchaus als eine Art Gewürz betrachten, das ein gutes Rezept noch besser macht“, meint Obrecht. Selbst die Lieferform des neuen Produkts wird dem Anwender vertraut sein: Das von Lanxess in der Emulsionskautschukproduktionsanlage im französischen La Wantzenau produzierte Additiv gelangt wie jeder Reifenkautschuk in Ballenform zum Abnehmer. Es ist lediglich erforderlich, die Reihenfolge und den Zeitpunkt für die Additiv-Zugaben zu optimieren und an die verwendeten Mischaggregate anzupassen, damit Nanoprene seine Wirkung optimal entfalten kann. Hierbei wird der Anwender auf Wunsch von Lanxess unterstützt.
Erste Produkte mit diesem Additiv sind bereits auf dem Markt. Derzeit befindet es sich bei ausgewählten Reifenherstellern in der weiteren Erprobung. In naher Zukunft wird das Nanoprene-Produktspektrum um weitere Typen ergänzt werden, die sich zum Beispiel durch ihre Glasübergangstemperatur – also ihrer Tieftemperaturflexibilität – unterscheiden und damit noch besser für spezielle Reifentypen geeignet sind. „Mit Nanoprene ist es uns nicht nur gelungen, aus gewöhnlichem SBR-Reifenkautschuk eine Spezialität zu machen“, führt der Kautschuk-Fachmann weiter aus. „Mit dieser Innovation werden wir auch unserem Ruf als Premiumanbieter und Technologieführer der Branche gerecht.“
Zusammen mit der Lanxess-Geschäftseinheit Rhein Chemie erschließt TRP weitere Einsatzgebiete für Nanoprene. Hierzu gehören die Schlagzähmodifikation von Thermoplasten und Duroplasten. Darüber hinaus wird daran gearbeitet, einen speziellen Nanoprene-Typ für die Membranen von Brennstoffzellen zu entwickeln. Im Lanxess-Konzern wurde im Rahmen der Nanoprene-Entwicklung eine Vielzahl von Erfindungen gemacht, für die weltweit bereits umfangreich Patentschutz beantragt wurde.
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