Fahrzeug mit Umfeldsensorik von Conti gewinnt DARPA-Challenge
Ein mit Umfeldsensoren und Sealant-Reifen von Continental ausgestattetes Fahrzeug hat die DARPA-Challenge 2007 in den USA gewonnen. Der weltweit renommierteste Wettbewerb für Autos, die sich völlig unabhängig selbst steuern, endete am 3. November auf der ehemaligen George Air Force Base in Victorville/Kalifornien. Das Fahrzeug der Carnegie Mellon University in Pittsburgh setzte sich frühzeitig schon nach fünf Qualifikationsrunden unter den 36 zum Halbfinale zugelassenen Teams als erstes Team bis ins Finale durch. „Mit dem Engagement in diesem Wettbewerb treibt Continental Automotive Systems die Umsetzung neuer Technologien voran, die sich schon in naher Zukunft in den Fahrerassistenzsystemen von Serienfahrzeugen wiederfinden und damit für eine weitere Erhöhung der Verkehrssicherheit sorgen werden“, so Dr. Karl-Thomas Neumann, Vorsitzender der Geschäftsleitung Continental Automotive Systems (CAS) und Mitglied des Vorstands der Continental AG.
Komplexe Aufgaben bei der Fahrt durch den Parcours
Während die ersten beiden Rennen 2004 und 2005 durch die Wüsten Nevadas führten, war die DARPA-Challenge 2007 eine deutlich größere Herausforderung: Auf dem Versuchsgelände in der ehemaligen Airforce-Base in der Mojave-Wüste wurde eine echte Stadtszenerie nachgestellt, mit engen Straßen, einer Vielzahl von Autos, Kreuzungen, Einmündungen und Parkplätzen. Veranstalter der Challenge ist die Defense Advanced Research Projects Agency (DARPA), eine Forschungsabteilung des US-Verteidigungsministeriums. Bekanntestes Projekt dieser Einrichtung ist das 1969 eingerichtete ARPANET, aus dem später das Internet hervorging.
Den Parcours mussten die teilnehmenden Fahrzeuge alleine bewältigen – ohne Eingriffe von Außen und vor allem ohne Kollisionen. „Ein Unfall führte zur sofortigen Disqualifikation“, erklärt Dr.-Ing. Michael Darms, der für CAS seit fast zwei Jahren im Tartanracing-Team der Carnegie Mellon University mitgearbeitet hat. Während des Wettbewerbs mussten die Fahrzeuge nicht nur eine Route durch die simulierte Stadt finden und dabei eigenständig mit überraschenden Verkehrssituationen fertig werden, sondern auch bestimmte Punkte anfahren – etwa eine festgelegte Parkbucht auf einem Großparkplatz. Sieger des Wettbewerbs war das Fahrzeug, das diese Aufgaben am schnellsten bewältigte. Dabei galt es nicht nur unfallfrei zu bleiben, sondern auch die Verkehrsregeln einzuhalten. Fehler ahndeten die Schiedsrichter in den Begleitfahrzeugen mit Strafpunkten, die auf die erreichte Zeit aufgeschlagen wurden. Insgesamt galt für die knapp hundert Kilometer lange Strecke ein Zeitlimit von sechs Stunden.
Radar, Laserscanner und viel Rechenpower an Bord
Um diese Aufgaben bewältigen zu können, wurde der nach Charles F. „Boss“ Kettering (1876-1958), dem Mitgründer und von Delco und Vize-Präsident der GM Research Corp. benannte SUV „BOSS“, ein Chevrolet Tahoe, mit mehr als einem Dutzend Umfeldsensoren bestückt. Die Infrarot- und Radarsensoren überwachten den Verkehrsraum rund um das Fahrzeug, scannten den weiteren Straßenverlauf und erfassten die anderen Verkehrsteilnehmer und eventuelle Hindernisse auf der Straße. All diese Daten mussten in Echtzeit verarbeitet werden. Dafür war an Bord des Autos die Rechenpower von zehn Hochleistungs-PCs mit Intel Core2Duo-Prozessoren (2.16Ghz) im Einsatz. Eine digitale Luftaufnahme einer Straßenkarte des Testgeländes und die zu erfüllende Mission wurden im System gespeichert, darin enthalten auch Tempolimits auf einzelnen Straßenabschnitten sowie die Stopp-Schilder. Die Karteninformationen erhielten die teilnehmenden Teams erst 48 Stunden vor der Challenge. Nach Übergabe der Missionsdaten auf einem USB-Stick an das Team waren am Tag der Challenge maximal fünf Minuten Zeit, um das Fahrzeug zu konfigurieren, so dass es die Route berechnen und die jeweilige Mission bewältigen konnte. Drei Missionen mussten gefahren werden, ein Eingriff von Außen war nicht mehr möglich. Den einzigen Zugriff hatten die Schiedsrichter, die ein Fahrzeug kurzzeitig in einen Pause-Modus versetzen oder aber, etwa bei einer gefährlichen Situation, zur Notabschaltung per Funk greifen konnten – verbunden mit dem sofortigen Aus für den Wettbewerb.
Wettbewerbsaufgaben mit engem Bezug zum Verkehrsalltag
Die Aufgaben, die während der DARPA-Challenge zu bewältigen waren, entsprechen ganz alltäglichen Verkehrssituationen – und sind zum Teil auch schon in heutigen Fahrerassistenzsystemen umgesetzt. „Das Fahrzeug musste eigenständig den weiteren Straßenverlauf erkennen“, so Michael Darms. Techniken dieser Art werden für Spurhalte- und Spurwechselassistenten (Lane Departure Warning, Lane Change Assist) bereits heute eingesetzt. Außerdem musste „Boss“ den korrekten Abstand zu vorausfahrenden Fahrzeugen halten und vor Hindernissen stehen bleiben. „Solche Funktionen bietet auch die Adaptive Cruise Control“, erläutert der Ingenieur. Was allerdings nur im Wettbewerbsfahrzeug gefordert war: Die Technik musste eigenständig entscheiden, wann sie um ein auf der Fahrbahn stehendes anderes Auto herumfährt. Dafür überwachten die Sensoren den Gegenverkehr und das Fahrzeug musste selbstständig abschätzen, wann die Lücke zum Ausscheren reicht. Die Technik an Bord hatte außerdem abzuwägen, ob es sich lohnte, eine Alternativroute zu fahren, wenn eine Straße als dauerhaft blockiert erkannt wurde – auch das eine Funktion, wie sie Navigationsgeräte mit dynamischer Routenführung beherrschen. An Kreuzungen auf dem Wettbewerbsparcours mussten die Autos von sich aus erkennen, welches der anderen Fahrzeuge Vorfahrt hatte. Dies stellt hohe Anforderungen an die Umfelderkennung und die Interpretation der Verkehrslage. Auch das Technologien, wie sie in der unter dem Namen ContiGuard von Continental Automotive Systems vorangetriebenen Vernetzung von Fahrzeug- und Sicherheitstechnik beherrscht werden müssen.
Eine der schwierigsten Aufgaben während der DARPA-Challenge war die eigenständige Parkplatzsuche. Auf einem Großparkplatz musste das Fahrzeug eine über GPS-Daten festgelegte Parkbucht ansteuern und dort einparken. Dabei galt es selbstverständlich, den Verkehr auf dem Gelände zu beachten. „Die Orientierung auf der freien Fläche ist eine heikle Aufgabe“, sagt Darms, „aber es war eindrucksvoll, wie der Roboter den Weg an bewegten und statischen Hindernissen vorbei fand.“
Die größte Herausforderung für die Ingenieure war „die extreme Komplexität der Technik, die vor allem stabil laufen musste“. Bei der DARPA-Challenge nur über Stunden, später im ganz normalen Straßenverkehr dauerhaft. „Technologien wie Kreuzungsassistent oder die Fahrbahnerkennung werden schon in naher Zukunft für ganz normale Personenwagen angeboten“, sagt Dr. Karl-Thomas Neumann. Er ist überzeugt, dass sich die rund eineinhalb Jahre intensiver Entwicklungszeit, die Continental Automotive Systems für die DARPA-Challenge investiert hat, schon bald in Serienprodukten niederschlägt.
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