Drive Your Performance Day
Kann der Normalverbraucher den Unterschied zwischen Rädern gleicher Größe, aber mit unterschiedlichem Gewicht erfahren? Sicherlich kaum, na ja, vielleicht unter Anleitung eines Fahrtrainers auf dem Beifahrersitz und dessen Kommentierung. Die professionellen Rennfahrer eifersüchteln allerdings heftig, wenn das Gerücht aufkommt, einer ihrer Kollegen werde mit leichterem Material bevorzugt. Selbst in der so renommierten DTM kam es in der Vergangenheit schon zur Androhung roher Gewalt aus diesem Anlass. Auf dem Automotive Safety Centre Autodromo Vairano in der Nähe von Mailand hat der italienische Leichtmetallräderhersteller des (engen) Premiumsegmentes O.Z. (San Martino di Lupari/Provinz Padua) Mitte Februar unter dem Motto „Drive Your Performance Day“ die Voraussetzungen geschaffen, einmal selbst zu erfahren sowie unter professioneller Anleitung, dass Aluminiumfelgen nicht nur die Aufgabe haben, das Outfit eines Autos zu verschönern, sondern auch maßgeblich dazu beitragen können, das Fahrverhalten zu optimieren.
O.Z. ist dafür bekannt, über sämtliche Technologien, die auch nur ansatzweise Produktvorteile bieten könnten, zu verfügen. Und so werden Leichtmetallräder aus Magnesium und Aluminium hergestellt, gibt es im Programm ein-, zwei- und dreiteilige Räder, wird im Schwerkraftverfahren wie im Niederdruckguss produziert, werden Räder geschmiedet und steht seit dem Sommer letzten Jahres auch das so genannte Flow-Forming, auch Abstreckverfahren genannt, zur Verfügung. Das erste Produkt, bei dem O.Z. diese für das Unternehmen bislang neue Technologie einsetzt, ist das Design Ultraleggera HLT.
Weil O.Z. sich bei diesem Produkt auch im Wettbewerbsumfeld so überlegen fühlt, wurde ein Test angestellt in der Größe 8×18“ (Lochkreis 5×112, ET 48) und auf einem Golf V RS 32 ermittelt, wo man im Vergleich zu fünf Wettbewerbern (die O.Z. nicht namentlich nennt) steht. Beim einfach zu ermittelnden Kriterium Gewicht mit 8,44 Kilogramm jedenfalls ganz vorne, denn von den anderen fünf Testteilnehmern bringen es vier auf gut elf, einer gar auf mehr als 14 Kilogramm. Nicht in allen, aber in den meisten der marktüblichen Tests gewinnt die Ultraleggera HLT, wobei Wettbewerber auch in sicherheitsrelevanten Kriterien patzen (so beim Impact- und beim Biegeumlauftest nach allerdings einer Million Kilometern) und es – überraschenderweise – teilweise sogar an der eigentlich vorausgesetzten Maßgenauigkeit fehlen lassen. Bei den Praxistests war übrigens ein Yokohama Advan Sport in 225/40 R18 montiert.
Der Vorteil, den O.Z. im Wettbewerbsumfeld hat, ist die Wahlfreiheit, welche Technologie und welches Material bei welchem Design gerade optimal ist. Das gilt im Prinzip auch für das Kriterium Kosten, obwohl natürlich bei einem Formel-1-Rad weniger auf die Kosten geblickt werden muss als bei einem Radtyp, der im klassischen Ersatzgeschäft vermarktet werden soll. In der Erstausrüstung ist O.Z. bis auf das Prestigeprojekt Bugatti Veyron nicht vertreten, dafür bei renommierten Tunern als Produzent geschätzt. Tuner „der zweiten Reihe“, die nach einem preisgünstigen Hersteller für ihr Design suchen, werden nicht unbedingt bei O.Z. fündig.
Wohl aber werden dies die großen Rennsportteams, ein Ausschnitt nur des Jahres 2006: Fahrer- und Team-Weltmeister in der Formel 1 und der Rallye-WM, Le Mans, Rally Raid Dakar, Indianapolis 500, FIA GT1 – die Liste der Motorsporttriumphe von O.Z. ist lang und reicht im Übrigen bis zum Beginn der 90er Jahre zurück.
Programmausbau
O.Z. und also auch die hiesige Vertriebsgesellschaft O.Z. Deutschland GmbH (Biberach) haben zur Saison 2007 ihr Programm kräftig ausgebaut und nur wenig aus dem Sortiment des Vorjahres gestrichen: Als Design blieb „Record“ auf der Strecke, ferner einige Größen, die nur noch in marginalen Stückzahlen nachgefragt worden waren. Die wesentlichen Innovationen, mit denen die italienische Prestigemarke ins Frühjahrsgeschäft startet, heißen Botticelli, Crono HT, Sardegna, Canova, Off-Road 6, auch zu nennen die Ultraleggera HLT.
Herausragend dabei sicherlich das dreiteilige Design „Botticelli“, eine gewagte Synthese aus Vielspeichendesign und Kreuzspeiche, vorerst in 19 und 20, später auch in 22 Zoll. Botticelli gehört nach der O.Z.-eigenen Diktion in die Produktgruppe „Tuner-System“. Ausgerüstet mit geschmiedetem Horn, entschied man sich für die Farbvariante „Crystal Titanium“. Angesprochen werden soll mit diesem Radtyp primär das Segment der Sportautos wie der Oberklasse-Limousinen.
Die „Crono HT“ gehört in die „Racing-Linie“, ein einteiliges, eher klassisches 5-Speichen-Design, bei dem die Speichen allerdings so filigran sind, dass es schon erstaunt, auf der einen den Felgennamen – also Crono HT –, auf einer anderen den der Firma – also das doppelt unterstrichene Firmenkürzel O.Z. mit dem Zusatz „Racing“ – unterbringen zu können. Wem der Name bekannt vorkommt: Ja, O.Z. hatte bereits vor einigen Jahren einen Radtyp unter dem Namen Crono im Markt, diesen aber irgendwann auslaufen lassen und jetzt wieder neu konstruiert (unter anderem nicht mehr im Gravitations-, sondern im Niederdruckverfahren gegossen). In 15 bis 18 Zoll wird es angeboten gleich in den drei Oberflächenvarianten Crystal Titanium, Matt Graphite und Matt Black, in 17 und 18 Zoll zusätzlich in der „Racing-Farbe“ Gold. Als 4-Loch-18-Zoll-Version läuft die Produktion allerdings erst in Kürze an. Herausragendes Feature und im Wesentlichen durch die dünnen Speichen erreicht: das im Wettbewerbsvergleich extrem niedrige Gewicht mit beispielsweise nur 8,7 Kilogramm in 18 Zoll.
Das Styling „Sardegna“ ist zweifellos das am meisten polarisierende Neudesign in der Palette: Es wird entweder sofort fasziniert angenommen aufgrund der äußerst hohen technologischen Anmutung oder – vorsichtig formuliert – reserviert betrachtet als tendenziell verschnörkelte Spielerei. Geschmackssache halt, wie bei so vielen modischen Accessoires. Das einteilige Sardegna gehört in die Schiene „All-Terrain“, wendet sich also vornehmlich an Edel-SUVs bzw. Offroader, die man selten im Gelände, aber häufig auf den Boulevards promenieren sieht. Die Designklassifizierung „5 Speichen“, die O.Z. selbst vornimmt, trifft das Styling angesichts der ineinander verlaufenden geradezu verwirrenden Speichenführung eigentlich nicht so recht, nur: Etwas Treffenderes zu finden, will irgendwie auch nicht gelingen. Sardegna wird aufgelegt in fünf Größen von 18 bis 20 sowie in 22 Zoll und wirkt auf Fahrzeugen wie dem Porsche Cayenne äußerst dynamisch, kann aber auch bis herunter zu Mittelklasse-Limousinen verbaut werden. Angeboten im Oberflächenfinish Crystal Titanium wird es im Markt eine absolute Alleinstellung haben.
Das Design „Canova“ gehört zur O.Z.-Range der „Street Style“-Räder und dokumentiert, dass der italienische Räderspezialist mit 36 Jahren Erfahrung keineswegs vom Markt abhebt – wie Skeptiker mit Blick auf Sardegna vielleicht anführen mögen –, sondern mittendrin steht. Angeboten von 15 bis 19 Zoll und in den Finishes Crystal Titanium und „Black Diamond-cut“, geben die extrem schlanken fünf Speichen einen tiefen Einblick in die Bremsanlage und führen damit eine noch recht junge Klientel heran an die Welt der Premiummarke O.Z. Obwohl doch eigentlich „Easy Line“ diesen Einsteigerstatus haben sollte, allerdings kann nicht ganz ausgeschlossen werden, dass die O.Z.-Zweitmarke MSW, die dieser Tage neu ersteht, in der Easy Line wildert und für einen Kannibalisierungseffekt sorgt. Da ist das Verkaufsteam gefragt, das doch in Deutschland den Ehrgeiz haben dürfte, mit dem 2-Marken-Angebot O.Z. und MSW wieder in sechsstellige Abverkaufszahlen vorzupreschen.
„Off-Road 6“ ist vom optischen Eindruck her der genaue Gegenpol zu „Canova“. Es wirkt massig, entgegen jedem Trend sogar schwerer als es tatsächlich ist. Mit diesem Rad kann man sich vorstellen, das Geländeauto nicht nur on-, sondern auch tatsächlich offroad zu bewegen. Mitsubishi Pajero und LS 200, Nissan Pathfinder, Toyota LandCruiser und HyLux, Ssangyong Rexton etc. – Dieses Rad soll unverzüglich zu verstehen geben, warum Mitsubishi auf Rädern von O.Z. erst jüngst wieder die Rallye „Paris – Dakar“ gewonnen hat. Im Rallye-Racing spielt O.Z. eine dominante Rolle, diese Positionierung hatte man in den letzten Jahren bei den Endverbraucherfahrzeugen ein wenig verloren. „Off-Road 6“ – die Zahl 6 steht für die sechs kräftigen Speichen – wird in den beiden marktnahen Größen 7×16 und 7×17 Zoll in der Oberfläche „Metal Titanium“ eingeführt.
Last, but not least sei die Ultraleggera HLT genannt, die O.Z. bei der Präsentation der Neudesigns vielleicht etwas stiefmütterlich behandelt hat, weil sie ja schon in 2006 als Innovation propagiert worden war. Das Kürzel „HLT“ steht für „High Light Technology“ und diese gewichtsoptimierende Bauweise kommt natürlich zuerst Straßenrädern zugute, deren Konstruktion direkt aus dem Motorsport abgeleitet ist, daher gehört auch dieses Rad wie die „Crono“ (von der es auch eine HLT-Version gibt) in den Racing-Bereich. O.Z. spricht von einem 6-Speichen-Design, besser hieße es wohl sechs Doppelspeichen. Bei diesem Rad kommt beim Hersteller O.Z. – der bestrebt ist, keine innovative Fertigungstechnologie außer acht zu lassen – erstmals das für ihn neue Flow-Forming-Verfahren (auch als Abstreckverfahren bekannt) zum Einsatz. Erst im letzten Sommer war das entsprechende Equipment in der eigenen Fabrik installiert worden. Das Ergebnis überzeugt: Angeboten in 20 Zoll (und mit den Oberflächen „Matt Black“ und „Crystal Titanium“) wiegt es in 8×20 Zoll gerade mal 9,9 Kilogramm (!), in größeren Breiten bis zu 12,5 Kilogramm. Dadurch ist es gelungen, ein einteiliges gegossenes Aluminiumrad in die Gewichtssphären zu führen, die bislang eher den geschmiedeten Pendants vorbehalten waren. „Winning Style“ ist der O.Z.-Slogan, hier wurde auch bei der Technologie ein Zugewinn erzielt.
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