Änderungen im Vertrieb von Pirelli- und Metzeler-Motorradreifen
Reifenhersteller Pirelli will die Leitlinien für den Vertrieb von Motorradreifen seiner beiden Marken Metzeler und Pirelli ändern. Geplant ist laut Bernd Evers, Vertriebsleiter Motorradreifen Deutschland, ein „europäischer Ansatz“. Gemeint damit ist, dass man versuchen will, in allen Ländern Europas ähnliche Vertriebsstrukturen zu etablieren, um den Anforderungen, die das Zusammenwachsen der einzelnen Nationen zu einer Staatengemeinschaft mit sich bringt, besser gerecht zu werden. Nachdem die „Umbaumaßnahmen“ in Italien bereits abgeschlossen und in Spanien und Frankreich – wie Evers sagt – weit fortgeschritten bzw. auf dem Weg sind, kommen nun auch Deutschland und später dann auch Großbritannien an die Reihe.
„Wir haben in den meisten Ländern eine gemeinsame Währung, und durch die Angleichung der Marktbedingungen in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten werden die Warenflüsse im gesamten EU-Raum vereinfacht“, so Evers. Gemeint ist damit auch, irgendwann einmal so weit zu sein, dass die Preise für ein und dasselbe Produkt innerhalb der relevanten Märkte nicht mehr allzu stark voneinander differieren. Damit will man offensichtlich für so genannte Jobber, die Reifen in einem Land günstiger einkaufen, um sie in einem anderen teurer, aber immer noch unter dem dortigen durchschnittlichen Marktniveau zu verkaufen und damit für Irritationen bzw. Störungen im Preisgefüge der lokalen Handelslandschaft sorgen, das Leben ein Stück weit schwieriger gestalten. „Unterschwellig ist dieser Wunsch vonseiten des Handels an uns herangetragen worden“, so Thomas Bischof, Marketingmanager Motorradreifen bei Pirelli, auf Nachfrage der NEUE REIFENZEITUNG. Aus welchen Quellen speist sich denn sonst wohl so mancher preisaggressive Onlineshop?
„Als ersten Schritt haben wir eine europäische Preisliste eingeführt, ein weiterer war die Definition minimaler Preise für unsere Produkte, wobei uns natürlich schon klar ist, dass man allein aufgrund des unterschiedlichen Lohnniveaus und den teilweise noch stark voneinander abweichenden Lebenshaltungskosten in den einzelnen Ländern Europas das Ganze nie zu 100 Prozent in den Griff bekommen kann“, sagt Bischof. Bernd Evers will die nun in Deutschland anstehenden Umstellungen beim Motorradreifenvertrieb, die etwa Ende 2006 bzw. zum Beginn des kommenden Jahres abgeschlossen sein sollen, aber nicht allein auf die Preisproblematik reduziert sehen. Es gehe vielmehr auch darum, in den jeweiligen Ländern „den Markt besser zu verstehen und in allen Regionen Deutschlands diejenigen Partner zu identifizieren, die im Motorradreifengeschäft etwas bewegen“. Um dies zu unterstützen, soll unter anderem der Außendienst kräftig verstärkt werden. Auf eine exakte Zahl will Evers sich zwar nicht festlegen, doch seinen Worten ist in etwa eine Verdreifachung des Außendienstes auf um die 20 Mitarbeiter geplant.
Dieser drastische Zuwachs ist sicherlich mit dem Bestreben geschuldet, die Betreuung der Handelskunden zukünftig wieder weitgehend getrennt nach den beiden Marken Metzeler und Pirelli vorzunehmen. In den neuen Bundesländern wird allerdings alles beim Alten bleiben, d.h. hier soll der Außendienst die Betreuung der Partner aufseiten des Handels wie gehabt für beide Marken gleichzeitig leisten. Diese unterschiedliche Vorgehensweise in Ost- und Westdeutschland erklärt Evers damit, das der Osten der Republik hinsichtlich des Motorradgeschäftes nicht gerade zu den Boomregionen zählt. Aber nicht nur hinsichtlich der Regionen wird Pirelli zukünftig unterscheiden, sondern die Handelspartner zudem nach den Kriterien „Distributionskompetenz“ (Großhändler) sowie „Beratungskompetenz“ (Einzelhändler) klassifizieren, die auf dieser Basis außerdem eine bezüglich ihrer Intensität gestaffelte Betreuung erfahren sollen. Aber was genau hat man sich darunter vorzustellen?
„Aufseiten des Einzelhandels ist eine dreistufige Einteilung geplant. Da gibt es einerseits schon heute unsere Top- und Premiumpartner, bei denen das Motorradreifengeschäft ganz klar zum Kerngeschäft zählt. Die erhalten maximale Unterstützung von uns. Andererseits gehören in eine zweite Kategorie solche Händler, welche die Motorradreifenvermarktung zwar noch nicht als Kerngeschäft sehen, aber durchaus Interesse haben, ihr Engagement in diesem Segment auszubauen. Diese werden eine stärkere Unterstützung erfahren als solche ‚normalen’ Händler, die wir der dritten Kategorie zuordnen und die zwar dann und wann auch mal einen Motorradreifen verkaufen, aber bei denen die Motorradreifenvermarktung definitiv nicht zum Kerngeschäft gehört. Diese Kunden werden mehr oder weniger nur mit Basisinformationen wie Preislisten oder Ähnlichem versorgt. Vorstellbar wäre hier zudem lediglich eine telefonische Betreuung oder eine Empfehlung, dass solche Händler ihren Bedarf dann doch vielleicht lieber gleich über den Großhandel decken sollten. Derzeit ist das genaue Konzept für diese dritte Gruppe noch in der Entstehung“, erklärt Evers.
Triebfeder dabei ist, die Beratungsqualität aufseiten des Handels besser den Marktgegebenheiten anzupassen und damit letztlich zu verbessern. „Das Motorradreifengeschäft unterscheidet sich ganz deutlich vom übrigen Reifengeschäft“, sagt Thomas Bischof und führt als Beleg dafür den stark segmentierten Markt an. „Da gibt es Reifen für supersportliche Maschinen, für Sportmotorräder oder Sporttourer – teilweise bilden sich innerhalb dieser Kategorien nochmals Unterkategorien“, führt Bischof die Komplexität des Motorradreifenmarktes beispielhaft vor Augen. Analog zur Palette der angebotenen Motorräder habe sich auch der Markt für Motorradreifen immer stärker spezialisiert. Der Charakter einzelner Reifentypen werde heute genau auf das Anforderungsprofil spezieller Fahrergruppen zugeschnitten. Dies bringt seinen Worten zufolge einen erhöhten Bedarf an Know-how aufseiten des Handels mit sich. „Der Händler muss die Produktpalette der Hersteller genau kennen. Nur ein gut geschulter und vom Hersteller umfassend betreuter Händler wird seine Kunden zielgenau beraten können und sie erfolgreich an sein Geschäft binden können“, unterstreicht Bischof.
Aufseiten des Großhandels wird es laut Bernd Evers in Zukunft zwei unterschiedliche Kategorien hinsichtlich der Betreuungsintensität in Sachen Metzeler- bzw. Pirelli-Motorradreifen geben. Solche, die Evers als „Partner“ bezeichnet, und eben „andere“, wobei auch hier die Identifizierung, wer zukünftig wohin gehören soll, noch nicht vollständig abgeschlossen ist. „Die Definition für solche Händler, die wir großhandelsseitig als Partner sehen, ist dabei mehr oder weniger identisch mit der für den Einzelhandel: Es werden diejenigen Unternehmen sein, welche die Motorradreifenvermarktung als ihr Kerngeschäftsfeld sehen, sich in diesem Marktsegment besonders stark engagieren und sich deshalb bereits eine entsprechende Positionierung im Markt erarbeitet haben. Das ist eine recht überschaubare Menge, während die ‚anderen’ in einem extrem starken Wettbewerb untereinander stehen, was letztendlich wiederum den Druck auf den Preis erhöht“, so Evers.
Ziel sei es, den Handelspartnern – sei es nun Groß- oder Einzelhandel – in ihrem jeweiligen spezifischen Umfeld und Kundenkreis auf lange Sicht eine wirtschaftlich attraktive Perspektive zu bieten. Bei Pirelli ist man sich jedenfalls sicher, dass alle Beteiligten im Markt von den neuen Strukturen im Motorradreifenvertrieb profitieren werden. „Unser Schwerpunkt liegt dabei in allen Ebenen auf einer qualitätsorientierten Vermarktung unserer Produkte durch die Handelspartner – sowohl in der Eigenschaft als Vertriebspartner gegenüber dem Einzelhandel als auch gegenüber den Zweiradfahrern“, wie Evers noch einmal betont. Durch die Verstärkung des Außendienstes beispielsweise sollen nicht etwa mehr Kunden betreut werden, sondern wahrscheinlich eher sogar weniger als bisher. „Dafür ist deren Betreuung aber umso intensiver, wovon dann letztendlich auch die Käufer unserer Reifen profitieren, die somit zukünftig eine noch kompetentere Beratung zu unseren Produkten bekommen werden“, erklärt der Vertriebsleiter.
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