Hersteller im Iran setzen auf Expansion
Der Iran gehört zu den größten Wirtschaftsfaktoren der Golf-Region. Gerade die großen Vorkommen fossiler Brennstoffe wie Erdgas und insbesondere Erdöl im Land zwischen dem Persischen Golf und dem Kaspischen Meer haben dort in der Vergangenheit eine Reifenindustrie entstehen lassen, die sich zumindest an Volumen nicht vor führenden europäischen Märkten verstecken muss. Die Qualität der Produkte entspricht allerdings noch nicht den hohen Erwartungen westlicher Investoren.
Nachdem die iranische Zentralregierung ab 1991 ihren eigenen Einfluss auf nationale Märkte und Unternehmen Schritt für Schritt zurückgenommen hatte, begannen multinationale Konzerne der Automobilindustrie den Iran zunehmend in ihre Investitionspläne aufzunehmen. Allerdings, so Dr. Saeed Taghvaei von Rubber Industries & Research Co. in Teheran (RIERCO), sei diese Entwicklung durch die Nichtaufnahme des Landes in die Welthandelsorganisation WTO gebremst worden. Dennoch, ausländische Investoren wie Peugeot und Citroën, Mercedes Benz, Volvo, Nissan, Daewoo und Kia Motors hätten ihre Aktivitäten auf dem iranischen Automobilmarkt erweitert, so dass sich die nationale Automobilindustrie mittlerweile stärker entwickele als die ältere Reifenindustrie, so Dr. Taghvaei.
Nachdem vor rund 50 Jahren die ersten Reifenfabriken im Iran gegründet wurden, hätten diese eine expansive Entwicklung hingelegt, obwohl die Technologie etwa in der Herstellung von Lkw-/Bus- sowie Llkw-Reifen den internationalen Trends hin zu einem hohen Grad an Radialisierung nicht folgen konnte. Diese Technologielücke, so hofft der Geschäftsführer des Teheraner Instituts, werde sich aber demnächst durch zunehmende Kooperationen nationaler Hersteller mit ausländischen Investoren der Branche schließen.
Dr. Taghvaei identifiziert einige der Ursachen für diesen technologischen Rückstand bei der Herstellung von Nutzfahrzeugreifen folgendermaßen:
· Der Produktionsprozess zur Herstellung solcher Radialreifen ist kompliziert.
· Der Preisunterschied zwischen Radial- und Diagonalreifen ist zu groß und schreckt Endverbraucher ab.
· Die veralteten Nutzfahrzeugflotten im Iran.
· Folglich wird nur eine begrenzte Anzahl iranischer Hersteller in naher Zukunft Stahlgürtelreifen radialer Bauweise (all-steel) für Lkw und Busse bauen; die meisten setzen ihre Diagonalreifenfertigung fort.
Auf dem Pkw-Reifenmarkt sei die Entwicklung der nationalen Reifenhersteller bereits fortgeschrittener als bei Nutzfahrzeugreifen – Stahlgürtelreifen radialer Bauweise seien hier der Normalfall. Zwei der wesentlichen Probleme, unter denen die iranischen Reifenhersteller leiden, seien aber geringe Produktionskapazitäten und hohe Produktionskosten in allen Produktsegmenten.
Wer sind die wesentlichen Reifenhersteller im Iran? Ein Kurzporträt der Marktteilnehmer:
Das erste Unternehmen, das mit der Reifenproduktion im Land begann, war Kian Tire Co. Es wurde 1958 im Rahmen eines technischen Abkommens mit BF Goodrich gegründet. Das Unternehmen, dessen Zentrale in Teheran ansässig ist, stellt über 40 verschiedene Dimensionen für Pkw, Lkw, Llkw, etc. her. Erst kürzlich hat Kian Tire seine neue radiale Pkw-Reifenmarke „Alborz“ auf den Markt gebracht, um Anteile zu halten. Kian stellte im vergangenen Jahr etwa eine Million Reifen her. Das Unternehmen plant seine Kapazitäten bis 2008 auf 30.000 Tonnen, bis 2011 auf 50.000 Tonnen zu erweitern.
1963 wurde die Iran Tire Company als Jointventure-Unternehmen mit General Tire aus den USA in Teheran gegründet. Die Iran Tire Company expandiert derzeit und plant bis 2008 seine Produktionskapazitäten auf 30.000 Tonnen erweitern zu können und bis 2011 sogar auf 45.000 Tonnen.
1974 dann wurde in Kooperation mit Bridgestone die Dena Tire & Rubber Manufacturing Co. Ltd. gegründet. Bis 1994 hieß das Unternehmen „Bridgestone Iran“. Im vergangenen Jahr hat das Unternehmen 1,8 Millionen Reifen produziert. Jährlich soll die Produktionskapazität nun bis auf 60.000 Tonnen in 2011 erweitert werden.
In der zentraliranischen Stadt Saveh begann 1983 die Pars Tire Co. mit ihrer Reifenherstellung. Das Unternehmen wurde bereits 1976 in Zusammenarbeit mit Pirelli gegründet; der italienische Reifenhersteller zog sich nach der Revolution 1979 allerdings aus dem Engagement zurück. Erst während des Krieges zwischen dem Iran und seinem Nachbarn Irak (1980-1988) begann die Produktion von Reifen (1983). 90 Prozent der hergestellten Reifen sind schwere Lkw-Reifen. Bis 2011 will das Unternehmen seine Kapazitäten ebenfalls auf bis zu 60.000 Tonnen ausbauen.
Die Kapazität von Kerman Tire & Rubber beläuft sich heute auf etwa 44.000 Tonnen pro Jahr. Der Reifenhersteller nach seine Fertigung nach der islamischen Revolution 1979 auf und plant bis 2011 seine Kapazitäten auf 120.000 Tonnen auszubauen. In naher Zukunft wird Kerman Tire seinen ersten eigenen radialen Lkw-Reifen in Zusammenarbeit mit Continental produzieren.
Yazd Tire – benannt nach der Stadt, in der der Yazd Rubber Industry Complex gegründet wurde – stellt hauptsächlich Fahrrad- und Motorradreifen her. Die Produktionskapazität soll von derzeit 14.000 auf 35.000 Tonnen bis 2011 ausgebaut werden. Yazd Tire stellt aber auch Pkw- und Llkw-Reifen her und plant in technischer Kooperation mit Vredestein demnächst radiale Pkw-Reifen zu produzieren.
Die Artavile Tire Co., die 1996 in der nordwestiranischen Provinzhauptstadt Ardebil gegründet wurde, stellt hauptsächlich Nutzfahrzeugreifen her. Bis 2011 sollen die Produktionskapazitäten auf 75.000 Tonnen ausgebaut werden.
Die Kavir Tire Co. wurde 1997 im Nordosten des Irans in der Stadt Birjand gegründet und stellt bis zu 25.000 Tonnen Reifen her; die Kapazität soll bis 2011 auf 45.000 Tonnen erweitert werden.
Die Iran Yasa Tire & Rubber Co. gehört zu den ältesten Unternehmen des iranischen Reifenmarktes und wurde vor etwa 40 Jahren gegründet. Nahe Teheran stellt das Unternehmen etwa 15.000 Tonnen Fahrrad- und Motorradreifen pro Jahr her; in 2011 sollen dies 21.000 Tonnen sein.
Darüber hinaus wollen Khoozestan Co. sowie Kurdestan Co. als iranische Reifenhersteller ihre Kapazitäten bis 2011 erweitern, das letztgenannte Unternehmen sogar auf 100.000 Tonnen pro Jahr.
Die meisten dieser Kapazitätserweiterung beziehen sich auf die Herstellung von Radialreifen, wie Dr. Saeed Taghvaei von Rubber Industries & Research Co. in Teheran betont. Jedes der oben kurz vorgestellten Unternehmen stehe in Verhandlungen mit internationalen Reifenherstellern. Dies bedeute, dass sich der Trend der Reifenherstellung im Iran definitiv ändert, so Dr. Taghvaei, weg von Diagonal- hin zu Radialprodukten. Das größte Defizit der iranischen Reifenhersteller ist immer noch die technologische Lücke mit internationalen Wettbewerbern. Dies, so Geschäftsführer des Teheraner Instituts weiter, hätte nicht sein müssen, wenn man die langjährigen Erfahrungen der einzelnen Unternehmen sowie die Verfügbarkeit günstiger Rohstoffe im Iran betrachtet, von den technologischen Kooperationen mit westlichen Weltmarktführern ganz zu schweigen.
Mit Blick auf die arabischen Nachbarstaaten sowie dem großen afrikanischen Markt rechnet sich die iranische Reifenindustrie gute Chancen auf ein starkes Wachstum aus, das auch in den Expansionsplänen der einzelnen Hersteller zum Ausdruck kommt. Darüber hinaus stellt die iranische Regierung bis 2008 rund 400 Millionen US-Dollar für die Erweiterung der Produktionskapazitäten bereit.
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