Premium-Seal Repair
Am 8. Juni wurde der Öffentlichkeit in Hamburg das neuartige Reifendichtmittel „Premium-Seal Repair“ vorgestellt, das auf Mikrofasern basiert und bei dem auf die Verwendung von Latex verzichtet werden kann, Vertreiber ist die „Premium Vertriebs GmbH“ (Besigheim). Mercedes-Benz, Dekra und verschiedene Reifenhersteller prüfen dieses Produkt derzeit, wobei es im Wesentlichen um die Klärung von Fragen geht, wie lange und wie schnell man mit einem Reifen fahren kann, der mit diesem Produkt repariert worden ist, ob eine anschließende Reparatur möglich ist und ob es Vorteile des Mikrofaser-Produktes gegenüber den bekannten Latex-Produkten gibt.
Dass diese ersten Tests offensichtlich positiv verlaufen sind, mag den Geschäftsführer des Bundesverbandes Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) Hans-Jürgen Drechsler bewogen haben, bei dieser Einführungspräsentation als Gastreferent aufzutreten. Vor allem aber weist er darauf hin, dass die Repräsentanten der Vertriebsgesellschaft Regina Plep und Eduard Hartl seit Beginn der Arbeiten an der Einführung des Produktes – das war laut Hartl etwa vor zwei Jahren – die enge Zusammenarbeit mit dem Verband gesucht haben. Denn neben den bekannten Reifen-Pannenhilfsmittel von Dunlop/Goodyear sowie von Continental gebe es immer wieder Newcomer, die in dieses Marktsegment drängen und die erkannt haben, dass die Automobilhersteller zunehmend auf das fünfte Rad im Wagen verzichten wollen, aber über die man wenig weiß und von denen einige daher von Drechsler mit der Vokabel „dubios“ tituliert werden.
Dass die beiden genannten und auf Latex basierenden Produkte prinzipiell in Ordnung sind, wurden sie doch von den beteiligten Reifenherstellern unter Aufbringung ihres gesamten Know-hows entwickelt und von Automobilherstellern aufwändig getestet, bevor sie Erstausrüstungsstatus erhielten, bezweifeln weder Drechsler noch Hartl. Aber aus dem Kreise der Reifenhändler weiß der BRV-Geschäftsführer immer wieder von Klagen zu berichten, die das Handling betreffen.
So seien die Felgen und auch das benötigte Equipment nach der Demontage eines Reifens, in dem zur Pannenhilfe eines der beiden bekannten Mittel eingebracht wurde, oftmals nur aufwändig und zeitraubend zu reinigen, was zu höheren Kosten führe. Hartl weist in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass eine nicht ganz vollständige Reinigung zum Beispiel an der Felge zu Dichtheitsproblemen führen könnte. Ferner wird das Ventil von dem klebrigen auf Latex basierenden Mittel stärker in Mitleidenschaft gezogen.
Als Sondergutachter bei der Dekra hat Franz Nowakowski Tests durchgeführt. Nachdem die vier Reifen bei einem Test durch Überfahren eines Nagelbrettes beschädigt worden waren, wurden die Reifen auf der einen Seite eines Audi quattro mit einem konventionellen Reifendichtmittel, auf der anderen Seite mit Premium-Seal Repair wieder fahrfähig gemacht. Als Werkstattpartner hatte das Unternehmen Euromaster gewinnen können, als weltweiten Technologieführer bei Reifenreparaturmaterialien die Firma Stahlgruber in die Tests eingebunden. Beim Schnelllauftest begnügte man sich nicht mit dem vierstufigen Verfahren gemäß ECE R30, das bei 210 km/h über zwanzig Minuten endet, sondern toppte das Verfahren um zusätzliche zehn Minuten bei 220 km/h.
Premium-Seal Repair wird von einem australischen Chemieunternehmen hergestellt, berichtet Regina Plep, ihr Unternehmen habe die Vertriebsrechte für Europa und Afrika. Im Gegensatz zu den Wettbewerbsprodukten, die Weiß sind (und so auf der Felge und am Ventil oft schwer zu erkennen sind), wurde das auf Mikrofaserbasis hergestellte Premium-Seal Repair grün eingefärbt. Auch das kommt einer besseren und zuverlässigeren Reinigung entgegen. Bei der Präsentation des Produktes bei der Firma J. A. Schlüter Söhne – Logistikpartner der Premium Vertriebs GmbH – ging es denn auch in einem Praxisversuch vornehmlich darum, die bessere und schnellere Reinigung des Reifens vom Produkt zu demonstrieren. Allerdings – und darauf weist Drechsler mit Nachdruck hin – handelt es sich um ein Produkt, das der Wiedergewinnung temporärer Mobilität dient. Der Reifen muss so schnell wie möglich von einem Fachmann begutachtet und auf seine Reparaturfähigkeit geprüft werden. Denn ein Reifendichtmittel zur Pannenhilfe verfüllt nicht den gesamten Schadenskanal, so dass durchaus beispielsweise Wasser in den geschädigten Bereich eindringen und die Karkasse schädigen könnte. Also: Das schnelle Aufsuchen einer Werkstatt mit einem Vulkaniseurmeister bleibr nach wie vor in der Selbstverantwortung des Autofahrers. Der verantwortungsvolle Meister im Reifenfachbetrieb aber wird auch in die Pflicht genommen, denn von unbekannten Produkten weiß man nicht, ob sich diese mit dem Material, aus dem Reifen sind, vertragen. Bei Premium-Seal Repair dürfte das aufgrund der umfangreichen Versuche (die wie gesagt bei einigen Reifenherstellern allerdings noch nicht abgeschlossen sind) gewährleistet sein.
Der Vertreiber verspricht, dass das neuartige Produkt Einstichkanäle durch Objekte wie Nägel oder Scherben bis zu sechs Millimetern Durchmesser binnen weniger Radumdrehungen verschließt. Danach könne der Autofahrer mit bis zu 80 km/h weiterfahren, erfolgreich getestet wurde eine Distanz von 150 Kilometern mit Geschwindigkeiten zwischen 60 und 120 km/h. Das Einsatzspektrum reicht bis zur Reifenschulter, bei Flankenschäden, wie sie beispielsweise durch Vandalismus entstehen oder bei Baustellenfahrzeugen häufig vorkommen, eignet sich das Produkt nicht.
Die spezielle Konsistenz der latexfreien und wasserlöslichen (in keinster Weise umweltbelastenden) Flüssigkeit Premium-Seal Repair sorgt für eine schnelle Verteilung auf der Reifeninnenseite, ohne dabei auf die Felge zu tropfen. Bei einem offiziellen Dekra-Test dauerte die einfache Reinigung der Reifen – wie bei der Praxisvorführung in Hamburg mit kaltem Wasser – knappe drei Minuten. Die kaum verunreinigten Felgen ließen sich nur mit einem Lappen schnell und rückstandslos reinigen. Danach könnte der Reifen, soferm der Fachmann den Reifen für reparabel hält, eine Reparatur durchgeführt werden.
Die Anwendung: Das Reparaturmittel wird über eine Flasche mit integriertem Befüllschlauch in den Reifen gefüllt. Danach wird der Reifen mittels eines kleinen Kompressors (Strom aus dem Zigarettenanzünder) wieder aufgepumpt und das Loch abgedichtet. Premium-Seal Repair wird in einer praktischen Tasche geliefert (ab diesem Monat ist das Unternehmen lieferfähig) und enthält übrigens auch eine orangefarbene Sicherheitsweste, wie sie in einigen Ländern Vorschrift ist und auch in Deutschland empfohlen wird. Für Lkw wird ein Set mit zwei Dichtmittelflaschen angeboten.
DaimlerChrysler hat das Produkt unter extremen Bedingungen getestet (von den Latex-Produkten wird immer wieder über eine gewisse Kälteempfindlichkeit berichtet, die das Material sehr zäh machen soll) und wird es weltweit ab Herbst einsetzen, so der Premium-Seal-Geschäftsführer. Ein anderes Beispiel sei ein Schweizer Automobilklub, der plant, das Produkt bei seinen Servicefahrzeugen an Bord zu nehmen. Bei den Autoherstellern gibt es zwei Trends beim Entfallen des Ersatzrades: Entweder sie verbauen so genannte Runflats in Verbindung mit Reifendruck-Kontrollsystemen. Oder sie montieren weiterhin konventionelle Reifen, wählen als Alternative zum Ersatzrad dann allerdings ein Reifendichtmittel, wobei beim Pkw dem Set auch ein Kompressor beigegeben ist. Bei Lkw fahren schon viele Fahrzeuge ohne Ersatzrad: einmal, weil ja gar nicht vorhersehbar ist, auf welcher Achsposition es zu einem Schaden kommen kann und man im Zweifelsfalle das falsche Profil an Bord hat, zum anderen – und das dürfte bei den mit spitzem Bleistift rechnenden Spediteuren von besonderer Bedeutung sein – bedeutet der Wegfall des Ersatzrades zusätzliches Ladegewicht.
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