Amtel und der deutsche Markt
Jetzt, nachdem die Tinte unter dem Übernahmevertrag zwischen der russischen Amtel-Gruppe und dem holländischen Reifenhersteller Vredestein Banden trocken ist, zeichnen sich erste und zarte Auswirkungen auf das deutsche Reifenvertriebsgeschäft des Unternehmens ab. In einem Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG erläutert Achim Saurer, Geschäftsführer der Vredestein GmbH in Deutschland, was sich für die deutschen Kunden und das deutsche Geschäft ändern wird.
Um die wesentliche Nachricht vorwegzunehmen: Es wird sich durch die Übernahme Vredesteins durch die russische Amtel-Gruppe „relativ wenig“ für das Handelsgeschäft in Deutschland ändern, erläutert Saurer. In jedem Fall aber, so der Geschäftsführer, wird die Verfügbarkeit der Vredestein-Reifen zunehmen. „Wir waren limitiert bei der Produktionskapazität“, sagt Saurer mit Blick auf die volle Auslastung der Anlagen im holländischen Enschede, in denen im vergangenen Jahr etwa 4,5 Millionen Einheiten produziert wurden. In der jüngsten Vergangenheit sei die Nachfrage nach Vredestein-Produkten, zu denen auch die Marke Maloya gehört, „stark gestiegen“. Ausgleichen möchte man gewisse Engpässe nun dadurch, dass schnell drehende Größen der beiden Vredestein-Marken bis 16 Zoll auch – und vielleicht irgendwann exklusiv – in Russland hergestellt werden könnten. Hochleistungsreifen (ab Speedindex W) sollen künftig nur noch in Enschede produziert werden, so dass sich insgesamt eine noch stärkere Spezialisierung der Produktionsstätten durchführen lassen werde. Bisher gehörten vier Reifenfabriken mit einem jährlichen Output von 14,4 Millionen Einheiten (2004) zur Amtel-Gruppe. Siehe dazu auch die nebenstehende Grafik.
Bei Vredestein in Deutschland geht man davon aus, dass sich diese Veränderungen und Verlagerungen innerhalb der gewachsenen Unternehmensgruppe positiv auf die Verfügbarkeit auswirken werde. Allerdings, so lassen sich frühere Aussagen des neuen ‚Vredestein-Präsidenten‘ Dr. Sudhir Gupta interpretieren, könnten die qualitativ hochwertigen Vredestein-Reifen auch dazu genutzt werden, um sich in Russland – wie angekündigt – noch stärker als bisher im B- und insbesondere im A-Segment zu etablieren (siehe März-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG). Bisher hatte die Marke Vredestein in Russland keinerlei Bedeutung. Eine solche Entscheidung muss aber nicht ausschließen, dass die Verfügbarkeit der Reifen hierzulande zunehmen wird. Schließlich weiß man mittlerweile in der Moskauer Konzernzentrale auch genau, dass auf dem deutschen Markt ein Umsatz von 75 Millionen Euro mit etwa 1,8 Millionen verkaufter Reifen gemacht wird (2004), das sind immerhin über 22 Prozent des letztjährigen Amtel-Umsatzes.
Deutschen Reifenhändlern könnten demnächst erstmals Reifen der Marke Amtel Planet angeboten werden, so Achim Saurer: „Wir gehen davon aus, dass die Marke auf dem deutschen Markt mittelfristig eingeführt wird.“ Ob dies in naher Zukunft auch auf die Marke Amtel NordMaster zutrifft, ist noch nicht sicher. Langfristig interessant für Vredestein könnte die Einführung von Lkw-Reifen sein, die ja in Enschede nicht produziert werden. Amtel hingegen hat im vergangenen Jahr über eine Million schwere Lkw-Reifen produziert. Die Einführung dieser Reifen auf dem westeuropäischen Markt sei „langfristig sicherlich denkbar, wenn die Produkte den europäischen Anforderungen entsprechen“, meint der Geschäftsführer der Vredestein GmbH.
Im Zuge der jetzt anstehenden Umstrukturierungen innerhalb des Konzerns sei ebenfalls angedacht, künftig einen noch nicht näher benannten Teil der Vredestein-Landwirtschaftsreifen beim Partner in Indonesien (Offtake) herzustellen, was sich wiederum auf die Verfügbarkeit auswirken könnte.
Die Übernahme sieht man in Vallendar am Sitz der deutschen Vertriebsgesellschaft „sehr positiv“, wie „auch die Kollegen in Holland“, betont Geschäftsführer Achim Saurer. Schließlich sei die Übernahme auch Ausdruck des Erfolgs des holländischen Reifenherstellers: „Wenn eine Firma verkauft wird, geht’s ihr entweder schlecht oder ihr geht’s gut“, so Saurer weiter, und „Vredestein ging es sehr gut“. Im vergangenen Jahr hat Vredestein Banden – also die Reifensparte des Unternehmens – einen Umsatz von 230 Millionen Euro gemacht. Der Jahresgewinn wurde nicht veröffentlicht.
Im Übrigen ist man sich bei Vredestein in Deutschland sicher, dass anstehende Veränderungen von Vorteil für die Reifenhändler sein dürften. Grundsätzliche unternehmerische Ansätze wie die Design-Partnerschaft mit Giugiaro werden weiterhin fortgesetzt, so Saurer abschließend.
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