Schnelle Reifen für schnelle Autos
Wie jedes Jahr, so hatte Michelin auch dieses Mal über zwei Wochen hinweg Journalisten aus ganz Europa, überwiegend Journalisten der Automobilbranche, nach Rovanniemi, hoch im Norden Finnlands, eingeladen, um über Winterreifen im Allgemeinen und deren Unverzichtbarkeit zu informieren. Die Teilnehmer des Workshops, der in Zusammenarbeit mit dem Automobilhersteller Renault geboten wurde, hatten Gelegenheit, verschiedene Profilvarianten zu testen und deren Auswirkungen auf Beschleunigung, Bremsverhalten, Seitenführung und Traktion zu erleben.
In einem Slalom-Wettbewerb bewiesen die verschiedenen Profile dann ihre Stärken und Schwächen hinsichtlich der Seitenführungskräfte und der Traktion. Im Gegensatz dazu die Sommerreifen, die ihre Mühe und Not hatten, ein Fahrzeug auf winterlichen Straßen überhaupt zu bewegen. Dass Winterreifen sich nicht nur für winterliche Verhältnisse wie in Lappland, sondern auch auf weniger verschneiten deutschen Straßen und Autobahnen empfehlen, weil Sommerreifen in kalten und frostigen Monaten schnell verspröden und verhärten und somit einen großen Teil ihrer Tauglichkeit verlieren, wurde ebenso wenig verschwiegen. Ziel der Veranstaltung war somit, die Teilnehmer entsprechend auf das Thema Winterreifen einzustimmen, damit sie auch in Zukunft ihren Beitrag zur „Sensibilisierung“ der Verbraucher leisten.
Dass diese Sensibilisierung der Endverbraucher langsam Früchte trägt, ist nichts Neues, die Kontinuität der Entwicklung ist aber dennoch augenfällig, denn die Zahl der Winterreifenverkäufe in Deutschland ist weiterhin im deutlichem Plusbereich. Während der Markt der Pkw-Sommerreifen auf dem Niveau von knapp 24 Millionen Stück verharrt, steigen die Verkaufszahlen bei den Pneus für die kalte Jahreszeit auch in dieser Saison weiter an. Im Jahr 2004 stieg das Marktvolumen für Winterreifen in Deutschland von 18,693 Millionen in 2003 um 6,3 Prozent auf 19,869 Millionen, wie Michelin errechnet hat.
Auch der Trend nach besonders „schnellen“ Winterreifen ist weiterhin ungebrochen. So verzeichneten die Michelin Marktforscher bei den Winterpneus mit höheren Geschwindigkeitsindizes starke Zuwächse. Der Anteil der H-Winterreifen nähert sich schon fast der 20-Prozent-Marke, das heißt fast jedes fünfte Auto rollt in Deutschland auf Winterreifen dieser Geschwindigkeitsklasse, die eine Höchstgeschwindigkeit von 210 km/h zulässt. „Einer der Gründe sind die immer schnelleren Fahrzeuge, aber auch der Wunsch der Autofahrer, im Winter nicht auf Autobahnfahrten mit hohem Tempo verzichten zu wollen, natürlich nur bei trockenen Fahrbahnoberflächen“, so Michelin.
Auch der Marktanteil der V-markierten Winterreifen wächst schnell weiter, jedoch sei der Anteil am gesamten Markt mit nur 1,51 Prozent noch ausbaufähig, glauben die Experten des französischen Reifenherstellers. In diesem Jahr rollten allein 16,6 Prozent aller Pkw in Deutschland auf Sommerreifen, die mindestens ein W (bis 270 km/h) in der Reifenbezeichnung führen. Eine Klientel, die in Zukunft auch auf „schnelle“ Winterreifen zugreifen werde, so die Hoffnung der gesamten Branche. Kritikern dieser Entwicklung, die solche Pneus für sinnlos erachten, müssten daran erinnert werden, dass es für die allgemeine Verkehrssicherheit und die des Einzelnen von großem Vorteil sei, dass das zweifelsfrei vorhandene Käuferpotenzial sportlicher Autos mit edlen Breitreifen ohne das Angebot schneller Winterpneus überhaupt nicht umrüsten würden und so ohne den enormen Sicherheitsgewinn unterwegs wären, den moderne Winterreifen bei niedrigen Temperaturen auch bei trockener oder nasser Fahrbahn und ebenfalls winterlichen Fahrbahnbedingungen erzielen.
Ein weiterer Trend ist aus den Zulassungen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) deutlich herauszulesen: Deutsche Autofahrer entdecken immer mehr das Segment der SUV. Lag die Zahl der neu zugelassenen Sport Utility Vehicles 2003 bei 110.741 Exemplaren, so verzeichnete das KBA 2004 143.963 neue Fahrzeuge in diesem Marktsegment (+30 %). Prognostiziert wird für 2005 eine weitere Steigerung der Zulassungszahlen um 28,4 Prozent. „Vor dem Hintergrund eines insgesamt stagnierenden Pkw-Marktes ein eindeutiges Votum der Kunden für diese Fahrzeugklasse“, stellt der französische Reifenhersteller fest.
Michelin reagiert auf diese Entwicklung und die damit hoffentlich schnell steigende Nachfrage nach Winterreifen für die SUV und präsentierte in Finnland ebenfalls den Michelin Latitude Alpin HP (siehe nebenstehenden Artikel), denn die vorhandene Allradtechnik dieser Fahrzeuge dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Reifen den Kontakt zur Fahrbahn herstellt. Alle Hilfsmittel wie ABS, ESP, 4×4, etc., nützen nur so viel, wie der Pneu übertragen kann, vor allem im Hinblick auf das in der Regel vorhandene hohe Fahrzeuggewicht. Aus diesem Grund komme der neue Reifen zunächst in Dimensionen für besonders leistungsstarke und schwere SUV der Marken BMW, Porsche, Mercedes, VW, und Volvo auf den Markt.
Anlässlich des „Michelin Renault Winter-Workshop Finnland 2004“ gab der französische Reifenhersteller seinen Gästen ebenfalls die Gelegenheit, einen Blick auf die Bewertungsmethoden der Seitenführung von Reifen auf Schneefahrbahnen bei verschiedenen Messverfahren zu werfen.
Mithilfe modernster Computerprogramme, aber auch langjähriger Erfahrung der Designer, werden Profilstrukturen entwickelt, die in Verbindung mit einer abgestimmten Reifenunterkonstruktion dafür sorgen sollen, dass Auto und Fahrer sicher einlenken, um die Kurve sicher durchfahren zu können. Den Profilentwicklern kommen in letzter Zeit zunehmend auch noch Wünsche von Marketingstrategen in die Quere, die eine besonders ansprechende Optik bis hin zum Designerwinterreifen erwarten.
In den Reifentests der Fachzeitschriften kommen später unterschiedliche Bewertungsverfahren zum Einsatz. Das Spektrum reicht von der rein subjektiven Bewertung mit dem so genannten „Popometer“ bei einer Passfahrt bis hin zur objektiven Messung der maximalen Seitenkraft oder des Lenkwinkelbedarfs mittels eines durch Satelliten gestützten GPS.´
In den Ateliers des diesjährigen Michelin Winter-Workshops wurde daher erarbeitet, ob unterschiedliche Messverfahren zu den gleichen Ergebnissen kommen und ob eine subjektive Beurteilung bei den umfangreichen technischen Möglichkeiten noch erforderlich ist. Dabei wurde Versuche wie die Kreisfahrt mit maximaler Geschwindigkeit, Slalom mit 25 Meter Pylonabstand und andere ausgeführt.
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