Kommission lässt Design-Schutz fallen
Die EU-Kommission hat sich von Binnenmarktkommissar Frits Bolkestein überzeugen lassen, den Markt für Kfz-Ersatzteile in Europa zu liberalisieren. Dazu soll der Design-Schutz („Geschmacksmusterrecht“) für sichtbare Ersatzteile wie Kotflügel, Türen, Scheinwerfer oder Außenspiegel in der gesamten EU fallen, wie die Kommission jetzt in Straßburg beschloss. Bolkestein erhofft sich mehr Wettbewerb durch unabhängige Hersteller und damit niedrigere Preise für die Verbraucher. Die Frist für eine Umsetzung in nationales Recht beträgt laut ersten Informationen aus Brüssel zwei Jahre.
Der EU-Ministerrat und das Europaparlament müssen dem Entwurf für eine Novelle der Designrichtlinie noch zustimmen. Beide EU-Organe werden voraussichtlich im Sommer 2005 zu einer Entscheidung gelangen, wie Autohaus Online schreibt. Beobachter erwarten, dass sich das Parlamant dem Beschluss der Kommission nicht in den Weg stellen wird. Im Rat hingegen dürften Frankreich und Deutschland Front gegen den Wegfall des Designschutzes machen. Mit neuen nationalen Gesetzen ist vor diesem Hintergrund frühestens zur Jahresmitte 2007 zu rechnen.
„Wir sind sehr glücklich über die Entscheidung“, sagte Hartmut Röhl, Präsident des Gesamtverbandes Autoteile-Handel (GVA), am Rande der Automechanika in Frankfurt gegenüber AUTOHAUS Online. „Auch wenn die konkrete Ausgestaltung und der genaue Zeitplan noch ungewiss sind, ist der Entscheid der Kommission sehr zu begrüßen“, so Röhl.
„Das ist eine falsche Entscheidung, die die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Automobilindustrie beeinträchtigt“, sagte ein VW-Sprecher der Nachrichtenagentur Reuters. Die Versicherungswirtschaft erwartet dagegen sinkende Prämien. „Wir gehen davon aus, dass durch den Wettbewerb die Preise sinken werden“, so ein Sprecher des Gesamtverbandes der deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Opel kritiserte den Vorstoß der Kommission als Schwächung der Autoindustrie. Die fraglichen Teile würden bei einer Abschaffung des Designschutzes von den großen Teileherstellern aus Asien kopiert und exportiert. Damit stünden in der hiesigen Fahrzeugindustrie bis zu 50.000 Arbeitsplätze auf dem Spiel. Außerdem bestünden bei den kopierten Teilen Sicherheits- und Qualitätsrisiken.
In Deutschland setzt der Handel laut Branchenangaben mit sichtbaren, designgeschützten Karosserieteilen 2,5 Milliarden Euro jährlich um. Europaweit hat der Markt einen Umfang von rund zehn Milliarden Euro im Jahr. Bislang gibt es keine einheitlich Rechtslage in Europa. Während in Deutschland oder Frankreich die Hersteller unter Berufung auf den Geschmacksmusterschutz ein Produktmonopol für Ersatzteile halten, gibt es etwa in Spanien, Italien oder Großbritannien für Ersatzteile keine markenrechtlichen Privilegien.
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