Deutsche Zulieferer zieht es ins Ausland
Wie eine neue Studie behauptet, sei in Deutschland jeder fünfte Arbeitsplatz in der Automobilzuliefererindustrie durch die Verlagerung in Niedriglohnländer akut bedroht. Dies habe sich aus den noch nicht veröffentlichten Ergebnissen einer Studie der international operierenden Unternehmensberatung Alix Partners ergeben, schreibt die Automobilwoche. Die Turnaround-Spezialisten haben über einen Zeitraum von drei Jahren weltweit die Leistungsfähigkeit von 140 großen Autozulieferern untersucht, darunter 25 in Deutschland. „Praktisch in jedem deutschen Unternehmen sind Produktionsverlagerungen ein Thema“, berichtet Alix-Geschäftsführer Roman Zeller. „Da hat sich ein richtiger Sogeffekt aufgebaut.“
Eine aktuelle Automobilwoche-Umfrage unter den 20 größten deutschen Zulieferern habe ein ähnlich dramatisches Bild geliefert, heißt es dort weiter: Immerhin sechs Unternehmen kündigen an, ihr Engagement in Osteuropa in den nächsten zwei Jahren durch den Aufbau neuer Betriebsstätten weiter verstärken zu wollen. So plane Visteon den Bau eines Elektronikwerks oder einen Standort für Software-Entwicklung, Entscheidungen dazu liegen aber noch nicht vor und werden noch eine wenig auf sich warten lassen. Auch ZF Friedrichshafen plane den Ausbau bestehender Werke. „Arbeitsintensive Fertigungs- und Montagetätigkeiten werden in den nächsten Jahren zum Teil nach Osteuropa gehen“, hieße es aus dem Unternehmen, schreibt die Automobilwoche weiter. Wälzlagerspezialist INA-Schaeffler habe den Bau eines neuen Werks in Rumänien angekündigt. Die Freudenberg KG wolle bestehende Standorte in Osteuropa weiter ausbauen und im Gegenzug die Zahl der Mitarbeiter in Deutschland reduzieren. Auch Webasto wolle stärker in Osteuropa investieren, ThyssenKrupp Automotive und Mahle bevorzugten asiatische Standorte.
Nach Analysen des Gelsenkirchener Center of Automotive Research (CAR) haben heute 40 Prozent der deutschen Autozulieferer Produktionsstätten in Osteuropa. Rund 100.000 Arbeitsplätze, schätzen die CAR-Experten, seien dadurch in Deutschland bereits verloren gegangen. „Kein Zulieferer geht gern, aber die gesunkenen Margen und der steigende Wettbewerb etwa mit Billiganbietern aus China lässt kaum eine Wahl“, so Vinzenz Schwegmann, der Verfasser der Alix-Studie. Zudem ließen sich die hohen Lohnstückkosten in Deutschland nicht wegdiskutieren. IG-Metall-Vorstand Siegfried Roth sehe die Entwicklung mit gemischten Gefühlen: „Betriebsräte werden immer öfter mit konkreten Verlagerungsabsichten konfrontiert – vorwiegend im Produktionsbereich.“ Auf der anderen Seite gebe es aber Fälle, wo der Aufbau einer Auslandsproduktion zu Beschäftigungszuwachs im Inland geführt habe. Roth: „Man muss da genau hinschauen.“
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