Cooper und Pirelli: Ende einer Allianz (Update)

In offiziellen Stellungnahmen wird von notwendigen Änderungen und Verbesserungen gesprochen, man vermeidet es aber, den jetzigen Schritt, der zum 1. Juli 2002 in Kraft treten wird, eine Trennung zu nennen. Vielmehr behaupten Cooper-Sprecher, die nun drei Jahre alte Allianz habe sich sehr bewährt, aber nun seien ein paar Änderungen zur Förderung der Wettbewerbsstärke beider Unternehmen erforderlich. Künftig würden beide Unternehmen unterschiedlichere Markenstrategien verfolgen und die Verantwortung für ihre jeweiligen Marken wieder selbst übernehmen. Cooper produziert aber auch in Zukunft einige ausgesuchte Reifen für Pirelli und die beiden Reifenhersteller geben sich weiterhin auch vielfache logistische Unterstützungen im Vertrieb und teilen zum Beispiel Lagerraum, wo immer es sich anbietet und stellen einen möglichst schnellen Lieferservice sicher. Insgesamt, so das Versprechen beider Hersteller, würden die Veränderungen in voller Übereinstimmung und in voller Kooperation durchgeführt, so dass sich Änderungen bei den Kunden auf ein Minimum reduzieren. Beide Unternehmen betrachten sich auch in Zukunft als Partner in technischen und damit verbundenen Aktivitäten. In einer abgestimmten Presseerklärung sagen D. Richard Stephens, President von Cooper Tires und Francesco Gori, weltweit verantwortlicher Chef für das Pirelli-Reifengeschäft: “Unsere Unternehmen kennen und schätzen sich in enger Zusammenarbeit nun seit drei Jahren und wir kümmern uns jetzt um eine neue und etwas anders gelagerte Kooperation, was vor allem den Kunden beider Unternehmen helfen wird.” Nach Rücksprache mit dem Pirelli-Management in Mailand zeigt sich, dass Pirelli mit den bisherigen Ergebnissen der Allianz nicht zufrieden sein konnte, denn man wollte einen unterhalb von 200 Millionen US$ liegenden Umsatz auf dem größten Einzelmarkt der Welt innerhalb einer akzeptablen Frist verdoppeln. Von diesem Ziel blieb man aber auch drei Jahre nach dem Start weit entfernt. Es habe, so heißt es heute in Mailand, zwar Umsatzwachstum gegeben, dieses sei aber nicht zufriedenstellend gewesen. Dabei war die der Allianz zugrunde liegende Idee nachvollziehbar und erfolgversprechend. In den USA haben die drei großen Reifenhersteller Goodyear, Michelin und Bridgestone, angetrieben durch erfolgreiches Vorpreschen der Franzosen, Mehr-Marken-Strategien entwickelt, um damit die Potenziale bei ihren Vermarktungspartnern optimal ausschöpfen zu können. Alle Marketingaktivitäten sind aber darauf ausgerichtet, der jeweiligen “Führungsmarke” -im vorliegenden Beispiel also Michelin, Goodyear und Bridgestone- voranzuhelfen, weil damit nicht allein die höchsten Preise, sondern auch die besten Margen erwirtschaftet werden. Der besonders in den USA sehr erfolgreiche Reifenhersteller Cooper hält mit seiner Marke Cooper in etwa 5 Prozent Marktanteil im USA-Ersatzmarkt für Pkw-Reifen, weitere rund 15 Prozent mit so bezeichneten House-Brands wie Mastercraft sowie diversen weiteren Private Brands. Die Führungsmarke Cooper wird dabei auf einer Höhe mit BFGoodrich und Firestone gesehen; das sind die jeweils “zweiten Marken” von Michelin und Bridgestone, so dass man sich sowohl bei Cooper als auch vor allem bei Pirelli viel davon versprach, Pirelli nun als Führungsmarke (“erste Marke”) in eine Markenstrategie einzubauen, bestehend aus den Marken Pirelli, Cooper und Mastercraft. Damit war dann, jedenfalls theoretisch, den Cooper-Händlern auch die Gelegenheit gegeben, sich um solche Verbraucher erfolgreich bemühen zu können, die imagestarken Marken den Vorzug geben und auch bereit sind, dafür etwas mehr zu bezahlen. Zwischen Theorie und Wirklichkeit zeigt sich aber oft eine Kluft. Die Vermarktung von Pirelli-Reifen erfolgte durch die Cooper-Organisation, die möglicherweise die sich daraus ergebenden zusätzlichen Chancen nicht mal gesehen hat oder die eben die alte Verbundenheit zur Marke Cooper ebenso wenig in den Hintergrund stellen konnte wie die Cooper-Bastion aus unabhängigen Reifenhändlern, die diesem US-Unternehmen seit Jahrzehnten schon verbunden sind. Man kann auch unterstellen, dass diese Händler nicht so markenbewusst sind, um die Notwendigkeit zu erkennen, sich um Marken wirklich mühen zu müssen. Das Risiko, eine Marke wie Pirelli, auch in der täglichen Vermarktung einer “fremden Organisation” zu überlassen, hat sich für Pirelli nicht ausgezahlt. Die Marke Pirelli und die Unternehmenskultur dieses Reifenherstellers sind untrennbar miteinander verbunden. Insofern ist die Beendigung der Allianz durch Pirelli und die Entscheidung, die Marke Pirelli nun wieder ganz allein und in eigener Verantwortung auch in den USA zu verkaufen, konsequent. Den Italienern wird dabei auch sehr helfen, dass ihre Beziehungen zu amerikanischen Automobilherstellern heute weitaus besser sind als noch vor drei Jahren und sie über kurz oder lang ihren Anteil am Erstausrüstungsgeschäft dort haben werden. Die derzeit im Bau befindliche MIRS-Fabrik in Atlanta zeigt das deutlich. klaus.haddenbrock@reifenpresse.de

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