Marangoni schafft neues Corporate Center in Rovereto
Seit gut einem Jahr betreibt die Marangoni-Gruppe ihr Runderneuerungsgeschäft aus einer zentralen Holdinggesellschaft heraus. Seit Kurzem richtet der italienische Runderneuerungskonzern darüber hinaus ein Corporate Center am Standort in Rovereto ein, was auch die Schließung der Zentrale in Verona bedeuten wird. Marangoni reagiert damit auf strukturelle Veränderungen des Marktes, die immer schneller vonstatten gehen und die effizienterer Reaktionen bedürfen. Im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG erläutert Massimo De Alessandri, CEO der Marangoni-Gruppe, wo das Unternehmen mit seiner Fusion steht, welche Beweggründe es antreiben und welche Zukunft die anderen nicht direkt zum Runderneuerungsgeschäft gehörenden Unternehmensteile im Konzern haben.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wurden die Gesellschaften Marangoni Pneumatici – Herstellung runderneuerter Lkw-Reifen – und Marangoni Tread – Herstellung von Runderneuerungsmaterialien – fusioniert oder wurden sie in die Holdinggesellschaft integriert?
Massimo De Alessandri:
Marangoni Pneumatici und Marangoni Tread gingen in Marangoni Spa auf. Daher ist Marangoni Spa heute direkt in die Leitung unseres europäischen Runderneuerungs-, Lkw-Reifen- und Industriereifengeschäftes involviert und kontrolliert alle verbleibenden europäischen und internationalen Unternehmen.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wie sind die Tochtergesellschaften in Deutschland, Brasilien, den USA, in Sri Lanka von der Fusion in Italien betroffen?
Massimo De Alessandri:
Verwaltung und Kontrollaktivitäten sowie weitere Prozesse wurden rationalisiert, vereinfacht und zusammengefasst. Die operative Führung der verschiedenen Divisionen wie etwa Retreading Business oder Industrial Tyres ist davon unbehelligt, sie geschieht weiterhin vor Ort.
NEUE REIFENZEITUNG:
Ellerbrock war eine Tochtergesellschaft von Marangoni Tread und nicht der Holdinggesellschaft?
Massimo De Alessandri:
Ja. In der Vergangenheit gehörte Ellerbrock zu Marangoni Tread, seit der Fusion aber zu Marangoni Spa.
NEUE REIFENZEITUNG:
Was war der wichtigste Grund für die Fusion der drei Gesellschaften und ihrer Geschäftsaktivitäten?
Massimo De Alessandri:
Die Vereinfachung der Unternehmensstruktur, die Zusammenführung mehrerer Prozesse, die zuvor an verschiedenen Orten ausgeführt wurden, die Verringerung der Kosten von Funktionen und Aktivitäten, die aufgrund unserer ehemaligen Stuktur doppelt vorgehalten worden waren. Und die Entwicklung von Synergien dank der Möglichkeit, Interaktionen zwischen den verschiedenen Menschen jetzt öfter und offener zu gestalten.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wie wichtig war dabei der Kostengrund? Wie wurden die Kosten verringert?
Massimo De Alessandri:
Die Verringerung der Kosten war wichtig von Anfang an und gewann durch die Auswirkungen der großen Rezession und ihrer Folgen an Bedeutung. Alle Funktionen und Aktivitäten wurden dabei genau untersucht und zum Teil – auf verschiedenen Niveaus – restrukturiert. Dieser Prozess dauert immer noch an, wird doch die Schaffung eines einheitlichen Corporate Centers die weiteren Vorhaben erleichtern.
NEUE REIFENZEITUNG:
Inwieweit ist die Fusion der Gesellschaften eine Antwort auf Marktentwicklungen?
Massimo De Alessandri:
Die Runderneuerung von Reifen wird überall auf der Welt immer wichtiger. Es gibt eine zunehmende Präsenz bestehender und neuer Marktteilnehmer. Und neue Herausforderungen entstehen durch die Zunahme der Rohstoffpreise und neue ökologische Erfordernisse. Die Möglichkeit, unsere europäischen und globalen Aktivitäten aus einem einzigen Corporate Center heraus zu koordinieren und zu entwickeln, das direkt an vorderster Front unserer Tätigkeiten dabei ist, seien sie nun in Lateinamerika, Nordamerika oder Nordeuropa, wird der Gruppe helfen, künftig mit zunehmender Flexibilität und Agilität auf Veränderungen und Herausforderungen zu reagieren.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wird Ihre Internationalisierung von der Fusion betroffen sein?
Massimo De Alessandri:
Ja, denn sie wird sogar noch weiter beschleunigt. Parallel zur Vereinfachung unserer zentralen Strukturen verstärken wir unsere Präsenz auf verschiedenen Märkten, um dadurch bestimmte Ressourcen und Fähigkeiten dort verfügbar zu haben, wo sie gebraucht werden, was nicht notwendigerweise in Rovereto sein muss.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wie wurden die Aktivitäten ihrer fusionierten Gesellschaften zusammengeführt? Können Sie Beispiele nennen, wo es Änderungen im Tagesgeschäft gegeben hat?
Massimo De Alessandri:
Was das Tagesgeschäft betrifft, so gibt es heute eben nur noch eine Gesellschaft, die sich um die Verwaltung und die Führung der verschiedenen Aktivitäten der drei ehemaligen Gesellschaften kümmert. Und wenn Sie jetzt jemanden aus unserer Gruppe treffen müssen, dann können Sie beinahe jeden in Rovereto finden.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wie wird sich die Fusion auf die Produktqualität auf den verschiedenen Ebenen auswirken?
Massimo De Alessandri:
Jeder Vorgang, der die Wertschöpfungskette innerhalb und außerhalb unseres Unternehmens vereinfacht und verkürzt, muss Vorteile für den Kunden ergeben. Die Zusammenführung von Ressourcen und Kompetenzen, die zuvor an verschiedenen Orten angesiedelt waren und zum Teil nach verschiedenen Agenden arbeiteten, hilft uns jetzt dabei, die Entwicklung neuer Lösungen zu verkürzen, die hilfreich für unser direktes und indirektes Runderneuerungsgeschäft sein können.
NEUE REIFENZEITUNG:
Und wie wird sich durch die Fusion das Produktsortiment verändern?
Massimo De Alessandri:
Dadurch, dass wir nun die Möglichkeit haben, all unsere Produkte von einem gemeinsamen, wenn nicht sogar einzigartigen Standpunkt aus zu betrachten, werden Einsichten und Ziele geschaffen, die man vorher schwer in Betracht ziehen bzw. erreichen konnte.
NEUE REIFENZEITUNG:
Gibt es Veränderungen bei den Zuständigkeiten im Management?
Massimo De Alessandri:
Die zentrale und operative Leitung unseres Runderneuerungsgeschäftes in Europa hat sich nicht verändert. Herr Zadra [Gian Piero Zadra ist Geschäftsführer von Marangoni Tread Latino America in Brasilien; NRZ] wird sich um einige neue internationale Projekte und Entwicklungen kümmern. Er wird aber unser Geschäft in Südamerika weiterhin verantworten.
NEUE REIFENZEITUNG:
Marangoni als Runderneuerer steht im Wettbewerb zu seinen Materialkunden; nach der Fusion ist dies sogar noch offenkundiger. Wie garantieren Sie, dass die Kunden, die Material von Ihnen kaufen, genauso behandelt werden, wie Sie ihr eigenes Runderneuerungsgeschäft behandeln?
Massimo De Alessandri:
Unternehmensinterner Wettbewerb ist etwas, mit dem die meisten Unternehmen der Automotive- und Reifenbranche unter verschiedenen Gesichtspunkten zu tun haben, ob dies nun Marken, Produkte oder den eigenen im Gegensatz zum Fremdvertrieb etc. betrifft. In unserem Fall müssen wir anerkennen, dass es einige Umstände gibt, die wirkliche Konflikte rar machen, wenn sie überhaupt bestehen. Mit der Ausnahme des italienischen Marktes, wo die Zersplitterung des Runderneuerungs- und des Handelsgeschäftes sowie die Unterschiede in den lokalen Bedürfnissen einen dualen Ansatz rechtfertigen, gibt es nur sehr wenig Fälle, wo ein interner Wettbewerb kritisch wäre. Und in den meisten dieser Fälle verhindern die Erfahrung und Fähigkeiten unseres Managements vor Ort negative Synergien, während es sogar positive Synergien verfolgt. Die beste Garantie, die wir unseren Runderneuerern geben können, ist: Dadurch, dass wir auch in ihrem Geschäft tätig sind, verstehen wir die täglichen Probleme und Anforderungen des Geschäftes und können diese mit Lösungsansätzen besser überwinden helfen.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wird es in Zukuft weitere Fusionen in der Marangoni-Gruppe geben?
Massimo De Alessandri:
Fusionen und Abspaltungen sowie organisatorische Änderungen im Allgemeinen werden Instrumente darstellen, die in den kommenden Jahren mehr und mehr genutzt werden müssen, insbesondere, wenn man sich die Geschwindigkeit der Veränderungen unserer Umwelt- und Wettbewerbsfaktoren ansieht.
NEUE REIFENZEITUNG:
Marangoni betont stets, es sei ein Vorteil, auch in anderen Geschäftsfeldern aktiv zu sein, zum Beispiel in der Herstellung von Pkw-Reifen, von Maschinen oder im Reifenhandel. Aber wie genau ergeben sich daraus Vorteile für das Runderneuerungsgeschäft?
Massimo De Alessandri:
Die Präsenz – wenn auch nur in begrenztem Umfang – auf den verschiedenen Stufen der Wertschöpfungskette Reifen stellt seit mehr als 20 Jahren eine überaus wichtige Quelle für Innovationen dar, was die Entwicklung unserer Produkte und Prozesstechnologien betrifft; sehen Sie nur den Erfolg unseres Ring-Tread-Systems. Was unser Pkw-Reifengeschäft und den Reifenhandel in Italien betrifft, so erzielen beide Geschäfte ihre Synergien auf Ebene der Unternehmensgruppe, und zwar hauptsächlich in Bezug auf die Führung unserer italienischen und europäischen Marktpräsenz wie auch auf die Beziehung mit den anderen Teilen unseres Gesamtgeschäftes.
NEUE REIFENZEITUNG:
Würde es nicht Sinn machen, wenn Marangoni sich auf das konzentrieren würde, wofür das Unternehmen als einer der weltweiten Marktführer angesehen wird, also auf die Runderneuerung?
Massimo De Alessandri:
Die weltweite Entwicklung, die sich derzeit abspielt, konzentriert sich hauptsächlich auf die Runderneuerung und das Maschinengeschäft, zumal wir hier bei beiden Aktivitäten attraktive Marktzusammenhänge vorfinden und außerdem eine starke Wettbewerbsposition innehaben. Der Anteil am Gesamtumsatz sowie die Profitabilität, die in diesen beiden Geschäftsfeldern erzielt wird, ist seit einigen Jahren zunehmend.
NEUE REIFENZEITUNG:
Wird Marangoni das Pkw-Neureifengeschäft weiterhin behalten oder es ausgliedern?
Massimo De Alessandri:
Die Größe unseres Neureifengeschäftes stellt sicherlich eine Herausforderung dar. Aber es stellt auch einen wichtigen Faktor dafür dar, unsere Fabrik sehr effizient zu gestalten und unsere Produkte, Technologien und Beziehungen mit dem europäischen Ersatzmarkt und einigen wichtigen Marktteilnehmern weiter zu verbessern. Veränderungen, die den rechtlichen Rahmen und das ökologische Szenario betreffen, werden neue Möglichkeiten für qualifizierte und dynamische europäische Pkw-Reifenhersteller aufzeigen. Und wir wären natürlich erfreut darüber, die Position von Marangoni Tyre durch die Einrichtung zusätzlicher und starker Partnerschaften auszubauen. ab
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!