NDI Deutschland lässt wechselhafte Jahre hinter sich
In den vergangenen zweieinhalb Jahren war die NDI Deutschland GmbH wesentlich mit internen Umstrukturierungen beschäftigt. Zu Beginn der neuen Saison melden die beiden Geschäftsführer des Reifengroßhändlers Michael Witt und Dirk Böhme nun aber Vollzug und erläutern im Gespräch mit der NEUE REIFENZEITUNG, auf welches Wachstumskonzept das Unternehmen künftig verstärkt setzen will. Im Wesentlichen geht es dabei um die Erweiterung des Produktsortiments und den Aufbau eines sogenannten „Leistungspartner-Programms“.
Nachdem das Unternehmen im Juli 2007 von Henstedt-Ulzburg nördlich von Hamburg nach Neumünster (ebenfalls Schleswig-Holstein) umgezogen war, beschäftigte sich NDI Deutschland eine Zeit lang mehr mit sich selbst als mit dem Reifenhandel, könnte man meinen. Im April 2008 wurden Michael Witt und Dirk Böhme beide in die Geschäftsführung berufen. Während Böhme zusammen mit dem damals alleinigen Geschäftsführer Michael Jörgensen den Großhandel weiterführte, führte Böhme zusammen mit Witt den Anfang 2007 übernommenen Runderneuerungsbetrieb und einen Reifenhandelsbetrieb in Rostock. Als die dänische Muttergesellschaft Jörgensen dann im August 2008 von all seinen Aufgaben entbunden hatte, übernahm das Duo Witt/Böhme auch den Großhandel NDI Deutschland. Seit Anfang dieses Jahres befindet sich die Runderneuerung (bis zu 4.000 Lkw-Reifen pro Jahr; zuletzt drei Mitarbeiter) in Rostock in der Liquidation; und von der früher geplanten Eröffnung einer weiteren Einzelhandelsniederlassung in Neumünster nehmen die beiden neuen Geschäftsführer heute Abstand.
Turbulente und aufregende Zeiten liegen hinter Michael Witt und Dirk Böhme, wie beide im Gespräch mit dieser Zeitschrift erläutern. Dabei habe NDI Deutschland die vergangenen Monate aber nicht vergeudet, sondern es sei trotz großer und zum Teil von außen stammender Veränderungen gelungen, die Neuausrichtung des Unternehmens auf den Weg zu bringen, wie der für Logistik und Vertrieb zuständige Geschäftsführer Michael Witt findet. Witt – seit über drei Jahrzehnten im Reifenhandel tätig und seit nunmehr fünf Jahren in Diensten der NDI stehend – unterstreicht dabei insbesondere die Weiterentwicklung des Produktsortiments.
In den vergangenen beiden Wintersaisons habe NDI die Eigenmarke „Nordexx“ im deutschen Markt eingeführt. Trotz ihres nordisch klingenden Namens sei das verfügbare Pkw-Reifenprofil auf mitteleuropäische Wetterverhältnisse abgestimmt. Wie Witt erläutert, solle der erfolgreichen Markteinführung eines Pkw-Winterreifens (ab 2010 in 16 Größen) nun die Einführung dreier Sommerprofile (43 Größen) und eines LLkw-Profils (elf Größen) folgen. Die Eigenmarke Nordexx – sie wird durch NDI übrigens auch in Skandinavien vermarktet – wird dabei in zwei Fabriken in China im Auftrag der dänischen Unternehmenszentrale gefertigt.
Nachdem die traditionelle NDI-Eigenmarke „Eurostone“ in den vergangenen fünf Jahren nur noch als Winterreifen erhältlich war, wird sie ab diesem Jahr komplett aus dem Sortiment genommen und durch Pkw-Reifen der Continental-Marke „General“ ersetzt. Eine Einigung mit dem deutschen Hersteller sei erst Ende vergangenen Jahres erzielt worden, erzählt Witt. Man freue sich aber jetzt schon auf den Vermarktungsstart der Marke, die eben – im Gegensatz zu Eurostone – „ein sehr, sehr umfangreiches Sortiment“ mit drei Pkw-Sommerprofilen in insgesamt 87 Größen, einem LLkw-Profil in acht Größen und einem Pkw-Winterprofil in aktuell 15 Größen biete. Übrigens: General-Offroadreifen wird es über NDI nicht geben, sondern ausschließlich Pkw-Reifen zwischen 13 und 19 Zoll. Neben NDI gibt es in Deutschland noch einige wenige weitere General-Vermarkter. Die Marke aus dem Hause Continental wird dabei in Europa gefertigt und werde rund zehn bis 20 Prozent über den Nordexx-Reifen angeboten. Weiterhin bietet NDI Deutschland natürlich „alle Premiumfabrikate“ und zeigt als „Nexen-Vermarkter der ersten Stunde“ bei dieser koreanischen Marke ebenfalls besondere Stärken.
Neben dem Pkw-Reifen- und dem Felgengeschäft kümmert sich NDI Deutschland seit Kurzem viel intensiver auch um Lkw- und Landwirtschaftsreifen. Erst kürzlich habe man etwa den Direktversand solcher Produkte aus dem Zentrallager im 200 Kilometer entfernten dänischen Brørup nach Deutschland hinein begonnen; auch gebe es mittlerweile Schnittstellen, die den Lagerbestand des Zentrallagers auch über den Webshop von NDI in Deutschland abrufbar machen. Das Zentrallager in Dänemark wurde dabei erst im August vergangenen Jahres um 19.000 m² erweitert, wodurch eine zunehmende Spezialisierung der Läger möglich wird.
Aber auch Rasenmäher- und Schubkarrenreifen wie auch EM-Reifen, Schläuche, Kompletträder und neuerdings auch in Dänemark gefertigte landwirtschaftliche Räder (sind seit der Vorstellung auf der Agritechnica auf dem deutschen Markt stets kurzfristig verfügbar) bereichern zunehmend das NDI-Sortiment und stellen den Großhändler breiter auf. Zu guter Letzt können über die in Dänemark ansässige NDI-Tochter „Flex1One“ auch Läger mit Regalsystemen etc. ausgestattet werden und über die weitere NDI-Tochter „Ahcon Denmark“ sogar hochwertiger Werkstattbedarf (Montagestraßen, Befüllstationen etc.) über NDI in Deutschland bezogen werden. Vor diesem Hintergrund erscheint das ebenfalls stark wachsende Geschäft mit Arbeitsbekleidung als Abrundung des NDI-Sortiments, auch wenn „Reifen unser Kerngeschäft bleiben“, so Geschäftsführer Dirk Böhme.
Ebenfalls von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Neuausrichtung war die beginnende Direktbelieferung der Kunden in Norddeutschland. Im Oktober 2008 nahm NDI Deutschland die ersten beiden eigenen Peugeot Boxer für den Regionalversand der Ware in Betrieb; mittlerweile sind dies bereits sechs solcher Transporter. Beide Geschäftsführer loben die „große Kundennähe“ als besonderen Vorteil. Die festangestellten Fahrer seien „Reifenberater mit hohem Kenntnisstand“ und Repräsentanten des Unternehmens zugleich. „Das honorieren unsere Kunden“, so Witt, gerade weil „wir da einen etwas anderen Weg als der Wettbewerb“ gehen. Außerdem haben sich die Lieferzeiten in den betreuten Regionen in Norddeutschland gegenüber den früher genutzten Paketdiensten verbessert. „Wir konnten in dem Jahr zahlreiche Kunden zurückgewinnen“, so Witt weiter.
Im Geschäftsjahr 2008-2009 (NDIs Geschäftsjahr läuft immer bis zum 30. Juni eines Jahres) konnte sich NDI folglich über eine 23-prozentige Umsatzsteigerung freuen, so Dirk Böhme, der mit fünfjähriger Erfahrung in der Wirtschaftsprüfung in der NDI-Geschäftsführung unter anderem für die Zahlen zuständig ist. Beflügelt worden seien die Geschäfte noch zusätzlich durch das Vakuum, das die Ende 2008 geschlossene Gundlach-Niederlassung in Hamburg hinterlassen hatte. Außerdem habe man sich nicht nur in der vergangenen Winterreifensaison, sondern auch im Jahr zuvor marktkonform bevorratet, was die Absätze steigerte. Im laufenden Geschäftsjahr rechnet man bei NDI in Deutschland mit weiter steigenden Umsätzen.
Nicht zuletzt um die Bedürfnisse der Kunden im Reifenhandel besser abschätzen zu können, betreibt NDI Deutschland seit gut zwei Jahren eine eigene Niederlassung in Rostock unter dem Namen „Carstop1“. Man arbeite aktuell zwar nicht an der Eröffnung weiterer Filialen, plane indes aber bereits sehr „konkret, vorsichtig und konzentriert“ (Witt) den Aufbau eines sogenannten „Leistungspartner-Programms“. Ohne dass es dafür bereits einen konkreten Zeitplan oder quantitative Zielvorstellung gäbe, ist man sich in Neumünster doch bereits über die grundsätzliche Ausrichtung einer solchen Kooperation, die „auf kleine Unternehmen abzielt, die nicht alles alleine leisten können“, einig. Details dazu wolle man während der Reifen-Messe in Essen im Juni präsentieren. „Wir wollen, dass die Leistung überzeugt“, erläutert Michael Witt, der damit eine besonders kooperative Herangehensweise bei der Markteinführung ankündigt. Man wolle gemeinsam mit den Partnern „unser Konzept aufbauen und weiterentwickeln; es ist ein gemeinsamer Wunsch zu wachsen“.
NDI ist dabei nicht unerfahren bei der Etablierung eines wie auch immer gearteten Franchise- bzw. Partnerschaftssystems, betreibt das dänische Unternehmen doch in Norwegen (200 Partner) und in Schweden (100 Partner) umfangreiche Kooperationssysteme. In Dänemark betreibt NDI darüber hinaus ein eigenes Filialnetz mit über 50 Point of Sales.
Heute sind bei der NDI Deutschland GmbH 19 Mitarbeiter tätig, es sollen aber noch im Laufe dieses Jahres wenigstens drei weitere Mitarbeiter in Neumünster eingestellt werden; fünf weitere sind in der Carstop1-Niederlassung in Rostock beschäftigt. Der neue Standort in Neumünster bietet ein 5.000 m² großes Lager; außerdem existiert ein Außenlager aus 33 Seecontainern. arno.borchers@reifenpresse.de
Schreiben Sie einen Kommentar
An Diskussionen teilnehmenHinterlassen Sie uns einen Kommentar!