Bei Dunlop soll sich trotz Reorganisation nicht viel ändern
Das Wichtigste zuerst: Auch unter der neuen Führung mit einem neuen Vertriebskonzept soll sich bei Dunlop nichts ändern, eigentlich. Als Goodyear Dunlop Tires Germany im Januar anküdigte, „ein markenübergreifendes strategisches Vertriebsmanagement für den Vertrieb von Pkw-Reifen“ in Deutschland einzuführen und dabei auf „eine verstärkte Koordination strategischer vertrieblicher Prozesse“ (so der Wortlaut der Ankündigung), kamen alsbald Fragen nach dem Verhältnis der beiden Premiummarken im Konzern auf und danach, was wohl mit Dunlop – der exponierten zweiten Marke – werden würde. Auf solche Fragen findet Frank Pickshaus, nun als Sales Director für den Vertrieb von Pkw-Reifen der Marke Dunlop in Deutschland zuständig, eine deutliche Antwort: „Es wird so gut wie keine Veränderungen geben.“
Wenn Frank Pickshaus „so gut wie“ sagt, macht er deutlich, dass es natürlich schon durch das derzeit einzuführende neue Vertriebsmanagement im deutschen Goodyear-Dunlop-Konzern Veränderungen geben wird, ohne die man ja auch alles beim Alten hätte belassen können. So will der Konzern künftig also mehr auf ein Modell des „koordinierten Vertriebs“ setzen, während bisher vier verschiedene Vertriebsgesellschaften in Deutschland (Goodyear, Dunlop, Fulda und M-Plus) auch untereinander durchaus im Wettbewerb standen. Verantwortung für die „markenübergreifende Koordination“ des Vertriebs von Pkw-Reifen im Konzern – künftig durch drei Markengesellschaften: Goodyear, Dunlop und Fulda/M-Plus – hat Frank Titz als neuer Director Consumer Tires übernommen; Titz war bisher noch Geschäftsführer der Goodyear-Vertriebsorganisation mit Sitz in Köln. Darüber hinaus zählt zu Titz’ neuem Aufgabenbereich auch der Mehrmarken-Geschäftsbereich Autohaus, der bisher der ehemaligen Dunlop-Geschäftsführung unter Jean-Jacques Wiroth, dem Pickshaus-Vorgänger, zugeordnet war.
Dies sind bereits die ersten beiden organisatorischen Veränderungen, die Goodyear Dunlop aktuell umsetzt: Die Einführung einer den einzelnen Marken übergeordneten, also markenübergreifenden, Vertriebskoordination unter Frank Titz sowie die Quasi-Fusion von Fulda und M-Plus.
Aber auch in der Vertriebsorganisation Pkw-Reifen der Marke Dunlop finden entsprechende organisatorische Neuausrichtungen statt, sagt Sales Director Frank Pickshaus gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG. Das „Autohaus“ (unter der Leitung von Harry Dahl), wie gehört, fällt aus dem direkten Zuständigkeitsbereich der Hanauer heraus. Dafür wird Pickshaus, der seit 1997 bei Dunlop arbeitet, sich künftig auch um die Vermarktung von Motorradreifen kümmern. Frank Löb mit einem sechsköpfigen Außendienst bleibt verantwortlicher Vertriebsleiter für dieses Produktsegment. Ebenfalls neu im Aufgabengebiet der Dunlop-Vertriebsorganisation ist Motorsport (Leiter Motorsport bleibt Michael Bellmann).
Wird sich aber für die Kunden draußen im Markt etwas verändern? Frank Pickshaus antwortet darauf mit einem deutlichen Nein; die Beständigkeit habe Bestand, so der Vertriebsverantwortliche der neuen Dunlop-Markenorganisation. Was etwa die Vertriebsmannschaft oder etwa das Back-Office in Hanau betrifft, so soll sich aktuell nichts ändern. Dies treffe sowohl auf die Mitarbeiter als auch auf deren Zuständigkeiten zu. Die Marke sei in „den vergangenen Jahren sehr erfolgreich“ gewesen, was man auch am Markt ablesen könne. Folglich habe man nichts Wesentliches verändern wollen. Der Goodyear-Dunlop-Konzern will mit der im Januar angekündigten und derzeit in der Umsetzung befindlichen Reorganisation des Pkw-Reifenvertriebes in Deutschland zwar „Synergien“ schaffen. Dies betreffe aber ausdrücklich zunächst die beiden bisher separat geleiteten und arbeitenden Vertriebsgesellschaften Fulda und M-Plus, die der Konzern unter der Leitung von Dieter Schölling zusammenführt. Etwaige Befürchtungen von Mitarbeitern, die „Synergien“ hören und „Jobverlust“ verstehen, seien also in der neuen Dunlop-Vertriebsorganisation fehl am Platze.
Die Reifenmarke Dunlop hat viele Stärken. Zu allererst ist Dunlop aber „die sportivste Marke, die wir im Unternehmen haben, mit einem hohen UHP-Anteil“, sagt Frank Pickshaus, der bei Dunlop zum 1. Mai 2007 das große Erbe des in Ruhestand gegangenen Heinz Burkhard Schmitz antrat. Vor dem Hintergrund der aktuellen „Reorganisation“ drängt sich der Verdacht auf, der Goodyear-Dunlop-Konzern könnte künftig die eigenen Stärken der verschiedenen Marken bei der Segmentierung der jeweiligen Portfolios weiter ausbauen und eventuell den Vollsortimenterstatus der Marke Dunlop einschränken oder gar abschaffen. „Das geht auch gar nicht“, stellt Pickshaus klar. Dunlop verfüge über eine Marktposition in Deutschland, die dank intensiver Bemühungen um den Reifenfachhandel entstanden sei. Die Handelsstrukturen und die Marktpräsenz erlaube es nicht, sich ausnahmslos auf das Segment zu konzentrieren, wo Dunloper und Marktbeobachter die größten Stärken der Marke sehen. Die Positionierung der Marke mit Produkten, zu denen eben auch „Plattformgrößen in S und T“ zählen, werde auch in Zukunft den Status der Marke Dunlop als Vollsortimenter sichern. Es werde also künfig keine klar geschnittenen Abgrenzungen zwischen den beiden Premiummarken des Konzerns geben.
Dennoch ist es alles andere als überraschend, dass der Sales Director die künftige Entwicklung des Produktsortimentes schon im High-Performance- und Ultra-High-Performance-Bereich sieht. Man wolle „die Stärken weiter verstärken“. Ein Blick in Dunlops Produktkatalog und auf die Marketingaktivitäten des Herstellers gibt dabei mit Produkten wie den SP Sport Maxx TT, den SP Sport Maxx GT und den ‚normalen’ SP Sport Maxx oder etwa den SP Sport FastResponse sowie der Einbindung in den Motorsport mit der DTM offenbar klar die Richtung vor. Insbesondere was SUV-Reifen betrifft, geht Pickshaus künftig von einer noch besseren Marktabdeckung aus und will dort Schwerpunkte legen. Auch der Anteil an High-Performance-Winterreifen soll weiter ausgebaut werden.
Gleichwohl erwartet auch der Vertriebsverantwortliche – unabhängig von der aktuellen Nachfragesituation – künftig keine übermäßig hohen Wachstumsraten mehr im UHP-Segment. „Der Markt wird längst nicht mehr so stark wachsen“, meint Pickshaus, schließlich kämen auch die Fahrzeughersteller mit ihren Modellen an eine natürliche Obergrenze, was die Dimensionen betrifft. Nach einem Audi Q7 werden eben nicht ein „Q9“ sondern ein Q5 eingeführt. Compact-SUVs erfreuten sich zwar reger Nachfrage, nur erwarteten Marktbeobachter keine Wachstumsraten mehr wie sie noch vor Jahren quasi garantiert waren. Dass das UHP-Segment, was Preise und Margen betrifft, zunehmend verfällt, das sieht Pickshaus nicht so. Mittlerweile liefert zwar jeder chinesische Hersteller UHP- und SUV-Reifen, nur lässt sich zumeist nur wenig von den Versprechungen der Hersteller in den Produkteigenschaften wiederfinden, so der allgemeine Eindruck. Unabhängige Reifentests zeigen dies immer wieder. Pickshaus: „Das UHP-Segment wird in erster Linie ein Segment der Premiumhersteller bleiben.“ Folglich also auch ein Segment, um das sich Dunlop weiter intensiv kümmern wird.
Ob Dunlop im laufenden Geschäftsjahr glücklich mit der Marktsituation ist, erfordert keine tiefergehenden Diskussionen. Dunlop, wie alle anderen Hersteller auch, wird durch den Nachfrageeinbruch hart getroffen. Gerade was das Erstausrüstungsgeschäft betrifft, kann der europäische Markt heute niemanden glücklich stimmen, auch wenn Deutschland dank der Umweltprämie als einziges größeres Land in Europa derzeit positive Nachrichten bei den Neuzulassungen schafft. Es muss allerdings betont werden, dass dieses Zwischenhoch vorwiegend den Absatz kleinere Fahrzeugmodelle – und deren Ausrüster – beflügelt. Das Erstausrüstungsgeschäft ist allerdings nicht das Geschäft von Frank Pickshaus (obwohl er übrigens früher fünf Jahre für die Erstausrüstung im europäischen Goodyear-Dunlop-Konzern tätig war); die OE-Kunden des deutschen Goodyear-Dunlop-Konzerns werden durch eine eigene Gesellschaft betreut. Aber eine Premiummarke wie Dunlop, die eigener Aussage zufolge auch mit dem sogenannten „OE-Pull-Effekt“ fest rechnet, kann die aktuelle Situation auf dem europäischen Automobilmarkt nicht unbeteiligt lassen.
Für das laufende Geschäftsjahr eine zutreffenden Prognose abzugeben, bietet zwar nur ähnlich hohe ‚Gewinnchancen’ wie Roulette. Dennoch könne man grundlegende Trends bei den Absatzzahlen wohl annehmen. So werde das Geschäft mit Sommerreifen in 2009 gegenüber dem Vorjahr „stabil bleiben oder ein kleines Minus“ einfahren, so Frank Pickshaus. Das könnte den Absatz von rund 23,5 Millionen Pkw-Sommerreifen im Sell-out bedeuten. Bei Winterreifen, so hofft der Dunlop-Vertriebsverantwortliche, könnten in 2009 vielleicht wieder die Zahlen des Jahres 2007 erreicht werden (22,1 Millionen Reifen laut BRV). Dies würde gegenüber dem vergangenen Jahr (21,35 Millionen Reifen) immerhin wieder ein Wachstum von 3,5 Prozent mit sich bringen.
Dass die Zahlen für die Reifenindustrie (Sell-in) im vergangenen Jahr wesentlich dramatischer ausfielen, als die Zahlen des BRV zum Reifenersatzgeschäft in Deutschland dies vermuten lassen, hat sich mittlerweile im Markt herumgesprochen. Allein bei Pkw-Winterreifen brach der Absatz der Industrie in Deuschland in 2008 laut ERMC-Zahlen um wenigstens 27 Prozent ein. Nun, so Frank Pickshaus, seien die Läger im Reifenhandel aber gut geleert, die Industrie sollte also wieder mehr zu tun bekommen in ihren derzeit unterausgelasteten Fabriken. Allerdings sei der Reifenfachhandel mit dem Sommerreifengeschäft bereits drei bis vier Wochen zu spät, was dem langen und kalten Winter geschuldet ist.
Aber eins ist felsenfest sicher: Auch der nächste Sommer kommt bestimmt, genauso wie der Aufschwung nach der Rezession.
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