BKT: Sind wie Rennpferde
Die NEUE REIFENZEITUNG hatte im Rahmen der Präsentation des neuen Off-Highway-/OTR-Reifenwerkes von BKT (das Unternehmen nutzt den Begriff Off-Highway für Landwirtschaftsreifen und das Kürzel OTR für sämtliche anderen Einsatzbereiche abseits der Straße wie Bau und Erdbewegung, Industrie, MPT etc.) im indischen Bhuj die Möglichkeit, ein Interview mit Rajiv Poddar, Managing Director von Balkrishna Industries Ltd., zu führen. Rajiv Poddar tritt in die Fußstapfen seines Großvaters Mahabirprasad Poddar – der die Firma, die sich zu einer Unternehmensgruppe entwickeln sollte, im Jahre 1954 gegründet hat – und seines Vaters Arvind Poddar – ebenfalls BKT-Geschäftsführer und darüber hinaus Chairman. Er hat in London studiert und ist auf seine künftigen Aufgaben bei Balkrishna Industries Ltd. professionell vorbereitet worden.
NEUE REIFENZEITUNG: Die Aktien der Unternehmensgruppe Balkrishna Industries Ltd. werden an der Börse Mumbai (der Bombay Stock Exchange unter der ISIN INE787D01026) gehandelt. Unschwer erkennbar, dass Ihre Familie das Unternehmen dominiert.
Rajiv Poddar: Nimmt man alles zusammen, dann werden knapp 59 Prozent der Anteile von der Familie Poddar kontrolliert.
NEUE REIFENZEITUNG: Unlängst hat die Trelleborg-Gruppe CGS und damit Ihren Mitbewerber Mitas gekauft. Nicht wenige Marktteilnehmer des Off-Highway-Segmentes glauben, dass dies der Auftakt einer Konsolidierungswelle sein könnte. Welche Rolle könnte BKT in solch einem Prozess spielen?
Rajiv Poddar: Zunächst einmal zur Klarstellung: BKT steht nicht zum Verkauf. Wenn ein anderes Unternehmen aus dem Off-Highway-Bereich auf dem Markt ist, dann werden wir uns das sehr genau anschauen und überlegen, ob wir uns darum bemühen sollten.
NEUE REIFENZEITUNG: An dieser Stelle würde ich gerne nachhaken. Gerade in Ihrem Heimatmarkt Indien gibt es eine ganze Reihe von OTR-, aber auch Off-Highway-Reifenherstellern. International ist das Segment eine Nische, in Indien ein Markt. Die kleineren Anbieter können doch gewiss nicht alle überleben. Steht da nicht eine Marktbereinigung an?
Rajiv Poddar: Ja, es gibt zu viele in Indien und die werden auch nicht alle bestehen können. Aber im Kreis dieser kleineren Hersteller sehe ich niemanden, der technologisch in etwa auf unserem Niveau und damit eine Bereicherung für BKT wäre. Ein Hersteller von vielleicht zehn oder 20 Tonnen Reifen am Tag kann uns in unserer Entwicklung nicht voranbringen. NEUE REIFENZEITUNG: Ihr Unternehmen ist fokussiert auf OTR- und Off-Highway-Reifen, also solche für die Landwirtschaft, Baumaschinen, den Bergbau, den Hafeneinsatz und typischen Industriereifen inklusive Vollgummireifen. Einige indische Reifenhersteller haben gerade in jüngster Zeit einerseits den Zwei- und Dreiradmarkt und andererseits den für radiale Lkw-Reifen für sich entdeckt und glauben da an profitable Geschäfte in der Zukunft. Könnten Sie sich für BKT kurz- oder mittelfristig eine ähnliche Diversifikation vorstellen?
Rajiv Poddar: Ganz klar nein. Im Zwei- und Dreiradsegment hat BKT seine Wurzeln, von da kommen wir, dahin gehen wir aber nicht zurück. Wir bei BKT sind wie Rennpferde, haben uns Scheuklappen aufgesetzt und sind völlig auf das Off-Highway-Segment fixiert.
NEUE REIFENZEITUNG: Premiumhersteller in diesem Segment – genannt seien Bridgestone, Michelin und Trelleborg – produzieren Landwirtschaftsreifen in anderen Fabriken als zum Beispiel EM-Reifen, schon aufgrund unterschiedlicher Konstruktionen wie Karkassen für beide Teilsegmente. In der neuen Fabrik von Bhuj wird all das unter einem Dach gefertigt, warum?
Rajiv Poddar: Weil wir innerhalb unserer Fabrik ausreichend differenzieren. Bei beispielsweise Infrastruktureinrichtungen wie unserem Kraftwerk oder den Wohnungen für zahlreiche unserer Arbeiter spielt es keine Rolle, welche Art Reifen hergestellt werden. Wo es eine Rolle spielt, erfolgt eine strikte Trennung.
NEUE REIFENZEITUNG: Sie haben das Werk in einer Region errichtet, in der es vor knapp anderthalb Jahrzehnten ein schweres Erdbeben gegeben hat mit Tausenden von Toten. Ist das nicht eine echte Risikoregion?
Rajiv Poddar: Bei der Konstruktion der Gebäude haben wir eine Erdbebenstärke von 9 auf der Richterskala berücksichtigt, sind uns also sicher, genügend Vorsorge auch für ein schweres Erdbeben getroffen zu haben.
NEUE REIFENZEITUNG: In riesigen Märkten wie Indien oder China ist die Radialisierung zum Beispiel bei Landwirtschaftsreifen noch nahe Null. Wenn sich diese Märkte entwickeln hin zu moderneren Reifen, wird BKT darauf vorbereitet sein?
Rajiv Poddar: Unseren globalen Marktanteil taxieren wir bei Off-Highway-Reifen auf sechs Prozent. Wenn ich nur auf Stückzahlen für Radialreifen blicke, dann zeigt sich, dass wir bereits der größte Off-Highway-Landwirtschaftsradialreifenhersteller der Welt sind. Und in unserem neuen Werk Bhuj, das ohnehin schon das größte Off-Highway-Reifenwerk im Wettbewerb ist, sehr ich noch erhebliche Expansionsmöglichkeiten. Wir sind sehr gut vorbereitet auf deutliches Wachstum in diesem Segment.
NEUE REIFENZEITUNG: Inzwischen hat BKT die ersten Exemplare des Earthmax in 49 Zoll ausgeliefert und ist der Einstieg in das lukrative Segment der „Giant Tires“ gelungen. Wie geht es weiter, wann werden wir 57 und 63 Zoll sehen?
Rajiv Poddar: Da gehen wir Schritt für Schritt voran, als nächstes haben wir 51 Zoll projektiert. Die ganz großen Reifen, für die es einerseits nur wenige Hersteller weltweit gibt und bei denen der Bedarf andererseits limitiert ist, sehe ich vor 2017 noch nicht im BKT-Programm, danach aber irgendwann gewiss.
NEUE REIFENZEITUNG: „Monster Jam“ spielt im Marketing von BKT ja eine größere Rolle. Glauben Sie, dass dieses Spektakel auch etwas für den deutschen Markt wäre?
Rajiv Poddar: Eher nicht. Wir haben diese Marketingmaßnahme vor allem für den nordamerikanischen Markt ausgelegt. In Deutschland vertrauen wir beim Marketing sehr stark auf gemeinsame Projekte mit unserem großen Distributeur Bohnenkamp, der seinen nationalen Markt ja bestens kennt.
NEUE REIFENZEITUNG: Herr Poddar, vielen Dank für die Informationen und viel Erfolg mit dem neuen Reifenwerk Bhuj. detlef.vogt@reifenpresse.de
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