Kommentar: Hätte sie bloß mehr mit sich gerungen

Ich habe einige Tage mit mir gerungen, ob ich der Kollegin, die an diesem Montag beim Tagesspiegel in Berlin online über „schmutzige Reifen“ von Shandong Linglong aus Serbien berichtet hatte, eine redaktionelle Plattform geben möchte. Möchte ich eigentlich nicht. Ich möchte den Beitrag aber auch nicht unwidersprochen lassen, scheinen mir dessen Inhalte doch weit jenseits dessen zu liegen, was sich noch mit meinem Verständnis von journalistischer Sorgfaltspflicht deckt.

Gut, die durchaus bekannte Journalistin Deana Mrkaja, die auch als Dozentin an der Akademie für Publizistik und als Zukunftsforscherin aktiv und in den sozialen Medien zu Hause ist, wiederholt in ihrem Beitrag vom Montag noch einmal länglich die bekannten Vorhaltungen gegenüber dem Reifenhersteller. Dieser soll beim Fabrikbau in Serbien Menschenrechte verletzt und den Umweltschutz missachtet haben – juristisch weiterhin unbelegte Vorhaltungen, denen der Hersteller aber offiziell auch nie widersprochen hat. Darüber haben auch wir von der NEUE REIFENZEITUNG damals berichtet.

Nach ihrem Rückblick führt die Autorin im Tagesspiegel für die Zeit nach der Fertigstellung der Fabrik, die unsere Redaktion erst vor Kurzem selbst besucht hatte, an, es gebe dort weiterhin „unmenschliche Arbeitsbedingungen“, und ob auf die „Einhaltung von Umweltstandards“ geachtet werde? – auch dafür führt Mrkaja keinen einzigen Beleg an, außer eben Hörensagen.

Dafür passt es ihr, neben Linglong gleich noch dessen Großkunden Volkswagen wie auch dessen Sponsoringpartner VfL Wolfsburg mit ins Visier zu nehmen, als ob diese etwaige Rechtsbrüche quasi beauftragt hätten und damit mitschuldig wären für das, was die Journalistin dem Reifenhersteller aus China vorwirft. Auch hier allerdings: kein Anzeichen von Belegen. Alle genannten Unternehmen wie auch selbst das Bundeswirtschaftsministerium ließen die entsprechenden Anfragen von Deana Mrkaja unbeantwortet.

Hätte die Autorin bloß auch mehr mit sich gerungen, dann hätten die offensichtlich unbelastbaren und unbelegten Vorhaltungen nicht den Weg in die Öffentlichkeit gefunden. So bleibt der Beigeschmack einer Kampagne.

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