China kann jährlich 190 Millionen Aluminiumräder herstellen

Weiterhin erhebt die EU einen Antidumpingzoll von 22,3 Prozent auf Aluminiumräder, die aus China eingeführt werden. Die NEUE REIFENZEITUNG sprach mit dem Geschäftsführer der Alloy-Wheel -Division der Alcar Holding GmbH Diplom-Ingenieur Gutav Sponer über das Thema.

NRZ: Die EU erhebt Antidumpingzoll auf Aluminiumräder aus der VR China in Höhe von 22,3 Prozent. Warum ist dies gerechtfertigt?

Gustav Sponer: Die Arbeitsgruppe der Kommission für Trade Defence (Teil der Kommission für Handel unter Kommissarin Frau Cecilia Malmström) hat in einer sehr detailliert geregelten und langwierigen Arbeit über einen Zeitraum von neun Monaten, die Verkaufspreise von Alurädern aus China mit denen eines sogenannten „Analoglandes“ verglichen. Ein „Analog land“, beschreibt ein Land, in welchem ähnliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen herrschen, wie in China (Löhne, Energie), das aber von der WTO als ein Land mit Market- Economy-Status eingestuft wurde. Also ein Land, das im Großen und Ganzen eine liberale Marktwirtschaft verfolgt, im Gegensatz zu einer zentral gelenkten Volkswirtschaft.

Ein „Analogland“ wird aus dem Grund gewählt, weil China keinen Market-Economy-Status hat und man nicht davon ausgehen kann, dass in China vergleichbare Marktpreise herrschen. Importe nach China sind in der Praxis so teuer, dass sie in der Regel nicht stattfinden. Bei den Erhebungen der EU-Kommission wurde festgestellt, dass China zu sehr niedrigen Preisen exportiert. Warum das so ist? China hat in der Vergangenheit bewusst einen geschlossenen Markt für Aluminium herbeigeführt. Gleiches gilt auch für Stahl, seltene Erze, Kupfer, Magnesit, Alumina und weitere Rohstoffe. Rohaluminium etwa kann nur mit einer Quote (Exportlizenz) verkauft werden. Diese beträgt in etwa 17 Prozent. Wird es aber im Land verarbeitet und in der Folge als halbfertiges beziehungsweise fertiges Produkte verkauft wie beispielsweise Felgen, erhalten die Exporteure zusätzlich noch einen sogenannten Exportrabatt von in etwa 15 Prozent.

Diese beiden Stützungsmaßnahmen zwischen lokalen Primäraluminiumpreisen und Verkaufsförderung betragen etwa 30 Prozent. Diese Ausfuhrbestimmungen werden von der chinesischen Regierung bewusst eingesetzt, um die Entwicklung der Industrie zu fördern. Zusätzlich hat es den Vorteil, dass in der Volksrepublik zahlreiche Aluminiumhersteller expandieren, aufgrund der vorher erwähnten stark überteuerten Importzölle. Somit müssen die chinesischen Hersteller keinen Importdruck ausländischer Hersteller fürchten. China wurde dadurch innerhalb von nur einem Jahrzehnt zum größten Aluminiumhersteller der Welt.

In Zahlen (2015) bedeutet das eine Rohaluminiumerzeugung von neun Millionen Tonnen und einer installierten Kapazität von etwa 190 Millionen Aluminiumrädern.

Zum Vergleich: Der gesamte Aluminiumräderbedarf (OE und Aftermarket) in Europa wird mit etwa 80 Millionen beziffert. Etwa 50 Prozent der gesamten Weltmarktmenge an Rohaluminium wird in China hergestellt und das mit subventioniertem Strom (Eigentum der Provinzregierungen) aus Kohlekraftwerken. Der Rohmaterialkostenanteil an einem Aluminiumrad beträgt grob 50 Prozent. Somit ist es unmöglich, diesen künstlichen Wettbewerbsvorteil chinesischer Hersteller durch höhere Effizienz in unseren Breiten aus zu gleichen.

 NRZ: Was hat der Zoll jetzt für Auswirkungen auf die europäischen bzw. auf die deutschen Hersteller?

Gustav Sponer: Der Antidumping- zoll wurde vor fünf Jahren aus einem Kostenvergleich der EU-Kommission berechnet, um eine neutralere Wettbewerbssituation zu schaffen. Für die deutschen Hersteller hat sich der Wettbewerb mit Herstellern aus Polen und Tschechien nicht geändert, denn 50 Prozent der Aluräder aus der EU kommen nicht aus Deutschland. Bei den europäischen Herstellern herrscht ein starker Wettbewerb und extremer Preisdruck. Der Unterschied ist, dass alle Hersteller innerhalb der EU, zu gleichen Konditionen wie der Rest der Welt (mit Ausnahme Chinas) das Aluminium beziehen. Der Preis richtet sich nach der London Metal Exchange (LME) und wird mit einer zusätzlichen Prämie versehen, welche vom Aluminiumproduzenten oder dem Zwischenhändler für Legierungen, Fracht und Lagerung verrechnet wird. Der Lohndruck aufgrund des starken Lohngefälles zwischen Deutschland und beispielsweise Polen bleibt nichtsdestotrotz bestehen.

NRZ: Laufen die Automobilhersteller jetzt „Amok“, weil sie nicht mehr an die günstigen Felgen kommen?

Gustav Sponer: Nein! Die Autohersteller in Europa leben bereits seit fünf Jahren mit dieser Situation. Dennoch wurden 2015 etwa drei Millionen Aluräder aus China bezogen. Einer der Gründe dafür ist, das für alle aus der EU exportierten Fahrzeuge der Dumpingzoll wieder rückerstattet wird. Die Automobilindustrie profitierte von einer starken Lieferantenbasis, ohne welche die Entwicklung hochwertiger Aluminiumräder mit Sonderlackierungen, wie wir sie seit fünf Jahren auf sehr vielen Neuwagen sehen, überhaupt nicht möglich gewesen wäre. Diese wurden und werden in Europa entwickelt. Ohne starke Lieferanten wäre so eine Entwicklung gar nicht möglich.

Wäre ein Aluminiumrad in den Herstellungskosten so entscheidend, dann würde die Autoindustrie bei den OE-Fahrzeugen nicht immer aufwendigere Felgen verbauen, sondern stattdessen weiterhin 16-Zoll-Standardfelgen mit Silberlackierung. Das Gegenteil ist der Fall. Ein Vergleich der Verkaufspreise im Reifenhandel zeigt auch, dass zwischen dem Preis im Reifenhandel und dem im Automobilzubehörgeschäft noch immer eklatante Preisunterschiede herrschen. cs

 

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