Apollo-Vredestein-Händlerunterstützungsprogramm gestartet
Jetzt ist es amtlich: Apollo Vredestein betreibt ein eigenes Händlerunterstützungsprogramm für europäische Retailpartner. Mitte Oktober konnten Vertreter des Herstellers – allen voran Apollo-Tyres-Europa- und Americas-Präsident und CEO von Apollo Vredestein Mathias Heimann – und Ferenc Krausz vom langjährigen ungarischen Handelspartner Római Gumi Centrum in Budapest den ersten Partnerbetrieb offiziell einweihen. Drei weitere Betriebe in Belgien, Italien und den Niederlanden wurden ebenfalls zwischenzeitig eröffnet. In den kommenden Monaten sollen weitere Eröffnungen in Österreich, Deutschland, Spanien und der Schweiz folgen, um bis zum Jahr 2020 dann bereits die ehrgeizige Marke von 800 Partnern zu erreichen; kurzfristig – also bis zum Ende des laufenden Geschäftsjahres (Ende März) sollen es 50 Partnerbetriebe sein, wie Heimann gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG in einem Interview betonte.
Dieser Beitrag ist in der November-Ausgabe der NEUE REIFENZEITUNG erschienen, die Sie hier auch als E-Paper lesen können.
Bei dem Händlerunterstützungsprogramm gehe es darum, „in einem sich schnell ändernden Marktumfeld ein verlässliches Partnernetzwerk“ zu etablieren; dies sei mittlerweile essenziell für den unternehmerischen Erfolg, und zwar aufseiten der Händlerschaft wie auch aufseiten der Industrie. Apollo Vredestein betrieb bisher in Europa kein eigenes Partnerkonzept und reagiert mit dem jetzt umgesetzten und seit Langem geplanten Schritt auch auf das im Reifenhandel zunehmende Anlehnungsbedürfnis an die Industrie, wie die NEUE REIFENZEITUNG anlässlich der Eröffnung in Ungarn erfuhr.
Bei der Eröffnung eines Partnerbetriebes liege es in der Entscheidung des Händlers, ob er sich als Vredestein- oder als Apollo-Partner präsentieren will, was sich insbesondere im Markenauftritt und natürlich im Branding am Betrieb unterscheidet. Im Vordergrund solle unterdessen weiterhin der Name des Reifenhändlers stehen, auf dessen unternehmerische Expertise und Unabhängigkeit man setzt, um das Programm gemeinsam, also „kooperativ“, wie Heimann gegenüber dieser Zeitschrift betont, zum Erfolg zu führen.
Wie Mathias Heimann erläuterte, hebe sich das Händlerunterstützungsprogramm von herkömmlichen Franchisemodellen durchaus ab, man könne insofern zu „echten Geschäftspartnern der Händler“ werden, die an dem Programm teilnehmen. Das Programm unterstütze sie, respektiere und greife den Unternehmergeist der Geschäftspartner von Apollo Vredestein auf und schaffe langlebige, dynamische und kooperative transparente Geschäftsbeziehungen, von denen beide Seiten profitieren, heißt es weiter. Ganz allgemein betonten Vertreter des Herstellers in Budapest anlässlich der Einweihung des ersten Partnerbetriebes, dass man mit dem Begriff Franchise vorsichtig umgehen müsse, da er – gerade auch in Deutschland – von vielen unabhängigen Reifenhändlern eher mit Beugung denn mit Partnerschaft assoziiert werde. Gerade in diesem Zusammenhang unterstreicht Heimann gegenüber der NEUE REIFENZEITUNG, ein kooperatives Miteinander auf Augenhöhe erziele deutlich bessere Ergebnisse und stabilere Beziehungen als ein Zusammenarbeiten, das auf strikte Vorgaben und Planerfüllung setze.
Für das Händlerunterstützungsprogramm gibt es zwar einen griffigen und eigentlich auch marketingwirksamen Namen, diesen wollen die Verantwortlichen bei Apollo Vredestein aber ausschließlich intern nutzen; öffentlich rede man stets nur vom „Händlerunterstützungsprogramm“, vermutlich auch, um gar nicht erst einen hohen Integrationsgrad zu suggerieren, wie es der intern gebrauchte (und dieser Redaktion bekannte) Name unweigerlich täte.
Darüber hinaus spiegelt sich darin aber auch die europäische Handelsstruktur wider, der das Programm schließlich genügen muss. Diese ist eben per se überaus heterogen. Nicht nur das. Dadurch, dass sich die Handelslandschaft europaweit sehr schnell verändert und gewisse Herausforderungen (Beispiel: die Bedeutung des Vertriebskanals Internet und der Präsenz der Händler) auch für stationäre Händler immer größer werden, wird das Bedürfnis nach einem „verlässlichen Partnernetzwerk“ mit flexiblen und individuell anpassbaren Lösungen umso größer. Hier wolle man sich „mit einem Premiumservice vom Wettbewerb“ unterscheiden, so Heimann in Budapest.
Trotz – oder gerade wegen – aller Heterogenität und Individualität, denen das Apollo-Vredestein-Händlerunterstützungsprogramm genügen muss, legen die Verantwortlichen um Mathias Heimann großen Wert auf Konsistenz im Markenauftritt „über alle Shopformate und Regionen hinweg“. Zentral dabei ist das innere Design des Betriebes, namentlich das des Verkaufsraums, aber auch der Werkstatt. Hier kommt eine jeweils Vredestein- oder Apollo-typische designerische Handschrift im Baukastenformat zum Tragen, in der sich die jeweilige Kommunkationsplattform beider Marken – also Apollo und Fußball sowie Vredestein und Musik – wiederfinden und ausdrücken soll.
Zu den konkreten Vorteilen, die die Teilnehmer des Händlerunterstützungsprogramms erhalten können, ist etwa auch die Teilnahme an Workshops und Schulungen zu verschiedenen Themen. Dazu gehören natürlich Informationen zu Produkten und Technologien, aber auch klassische Verkäuferschulungen. Ebenfalls bietet Apollo Vredestein den Programmteilnehmern besondere Konditionen für die Nutzung von Werkstattersatzfahrzeugen in speziellem Apollo- oder Vredestein-Design an. Außerdem hilft die jeweilige Landesorganisation den Partnern dabei, die Präsenz im Vertriebskanal Internet zu verbessern. Entsprechende Marketingunterstützungsmaßnahmen setzen etwa beim Suchmaschinenranking an, und zwar getreu dem Motto: Nur wer gefunden wird, kann auch Reifen verkaufen. Dazu gehört natürlich auch das Geomapping.
Dass es für die Teilnehmer am Händlerunterstützungsprogramm auch gewisse monetäre Anreize gibt, ist eine Selbstverständlichkeit. Aber, so betont Heimann weiter, solche Anreize sollten nicht im Mittelpunkt der Partnerschaft stehen. Dem Apollo-Vredestein-CEO und dem Unternehmen insgesamt ist Preisstabilität seit jeher ein zentrales Anliegen, weswegen man mit entsprechenden Anreizen auf die vom Handelspartner abgenommenen Mengen vorsichtig sein müsse; zu großer Mengendruck führe immer auch zu Preisdruck, daran sei niemandem in der Wertschöpfungskette gelegen, betont Heimann weiter.
Darüber hinaus bestätigt der Apollo-Vredestein-Europachef natürlich die Notwendigkeit, den hiesigen Reifenmarkt für die Inbetriebnahme der neuen Pkw- und Lkw-Reifenfabrik – neben dem Stammwerk im niederländischen Enschede die zweite des Herstellers in Europa – vorzubereiten. Die Fabrik in Ungarn soll 2017 in Betrieb gehen und im Endausbau 2020 eine Kapazität von jährlich 5,5 Millionen Pkw- und LLkw- sowie 675.000 Lkw-Reifen erreichen.
Gerade weil Apollo Vredestein in Europa betont versucht, den Vertrieb über Plattformen und preisgetriebene Großhändler zu minimieren bzw. ganz zu unterbinden, muss das Vertriebsmodell des indisch-niederländischen Herstellers nun zunehmend auf Retail setzen. Während Mathias Heimann im Interview mit der NEUE REIFENZEITUNG zwar betont, die Einführung des neuen Händlerunterstützungsprogramms falle eher zufällig in dieselbe Zeit, in der auch die neue Fabrik für Europa errichtet wird, wird es dem Hersteller sehr wohl dabei helfen, auch ‚Menge zu machen’. Trotzdem: In Enschede am Firmensitz des Unternehmens, wo die Idee für das Händlerunterstützungsprogramm schon vor Jahren geboren wurde, hat man darüber hinaus anerkannt, dass immer mehr unabhängige Reifenhändler in ganz Europa die Nähe zur Industrie und/oder zu sie unterstützenden Handelsverbünden suchen. Zahlreiche Hersteller sind diesbezüglich in Europa bereits bestens etabliert und bauen ihre Netzwerke und Verbindungen zum Handel zum Teil mit großem finanziellen Aufwand auf und aus.
Nun ist auch Apollo Vredestein dabei; der Hersteller unterstützt die Händlerschaft mit einem speziellen „Programm unter Partnern“ und hofft im Gegenzug darauf, seine Präsenz im unter Druck geratenen Reifenhandel festigen zu können. Inwieweit dieses Novum im Vertriebs- und Geschäftsmodell weitere Veränderungen für das Unternehmen nach sich zieht, etwa was die Marke Vredestein als solche und deren Markenkern betrifft, wird die Zukunft zeigen. Auf der IAA Pkw im September hatte der Hersteller bereits „einen Neuanfang für Vredestein in seiner Marketingstrategie“ kommuniziert, die zukünftig stärker auf Onlinemedien bzw. Social Media setzen und dabei über Musik als Plattform kommunizieren will. „Mit dieser [in Frankfurt auf der IAA vorgestellten] Kampagne positioniert sich Vredestein als Marke neu. Wir konzentrieren uns auf ein jüngeres Publikum, das Autos und den Nervenkitzel beim Fahren liebt.“ arno.borchers@reifenpresse.de
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